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April 2018


Die hohe Kunst des reinen Klanges

Die „Konzertmittwoche im Erzhammer“ fand mit der „Musik für Streicher-zu Dritt
oder zu Viert“ ihren Abschluss vor der Sommerpause und wohl auch: ihren
verdienten Höhepunkt. Es erklang glanzvolle Kammermusik von diesseits und
jenseits des Erzgebirgskamms: Antonin Dvorák und Peter Gast (Heinrich Köselitz),
dargeboten von jungen, engagierten Musikern aus renommierten sächsischen
Klangkörpern.

19quartett (Andere)


Der Friedrich-Saal des Haus des Gastes „Erzhammer“ ist prädestiniert für die filigrane
Kammermusik, was in früheren Jahrzehnten durch die „Stunde der Musik“ mit nationalen
und internationalen Solisten bewiesen ward und was heute mit Initiativen aus sächsischen
Klangkörpern fortgesetzt wird. Dass heute, noch dazu mitten in der Woche, der
Besucheransturm etwas zu wünschen übrig lässt, hat viele Gründe, - nicht jedoch den von
weniger Qualität als in vergangenen Zeiten. Unter der feinsinnigen Leitung von
Kapellmeister Dieter Klug von der Erzgebirgischen Philharmonie Aue und der Leiterin des
Hauses Dr. Gabriele Lorenz wurden Perlen der Kammermusik gehoben, von
Komponisten, die Weltkarriere machten und solchen, die hier verortet waren und blieben.

Den vorläufigen Höhepunkt der Reihe war das Konzert am Mittwochabend, dem 25.April.
Der Weltberühmte dabei war Antonin Dvorák (1841-1904)aus Böhmen, der z.Zt. seines
hier aufgeführten Terzetts, op.74 für zwei Violinen und Viola und den „Miniaturen
(Drobnosti) op.75a, von internationalen Aufträgen überschüttet wurde und trotzdem Zeit
fand für Hausmusik zu komponieren. Was für furiose Klänge, welch Melodienreichtum,
gepaart mit Tiefgründigkeit, Melancholie und Ausgelassenheit in den tänzerischen
Passagen. Die Musiker Dirk Bores (1.Violine)- Erzgebirgesphilharmonie Aue, Sophie
Keiter
(2. Violine) -R.-Schumann-Philharmonie Chemnitz und Katharina Overbeck
(Viola), Konzertmeisterin Mittelsächsische Philharmonie Freiberg, haben eine
gemeinsame Sprache gefunden, aufeinander gehört und dem reinen Klang der wenigen
Instrumente nachgespürt. Die Freude und Verpflichtung, selten gehörte Werke zu
interpretieren, war ihnen anzumerken und hat sich auf das Publikum übertragen. Eigentlich
ist jeder der Musiker als Solist wahrnehmbar geworden. Unnötig zu betonen, dass Dvorák
neben seinen großen Orchesterwerken wie „Mein Vaterland“ auch ein Meister der
reduzierten Form, die er wie hier in wenigen Tagen komponierte, war.

Nach der Pause nun das Streichquartett fis-moll für 2 Violinen, Viola und Cello (Tilman Trüdinger - Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz und Mitglied u.a. im Saxonia Piano Trio) des 20 jährigen Peter Gast (Heinrich Köselitz) (1854-1918).

Dieter Klug, der kenntnisreich das Programm moderierte, stellte den vielseitig studierten
Annaberger Komponisten vor und würdigte den eher durch dessen hingebungsvolle
Lebensarbeit an der Seite Friedrich Nietzsches bekannt gewordenen Philosophen
hinsichtlich seines kompositorischen Schaffens. Eine „Ästhetik der Heiterkeit“ hätte er
geschaffen, die sich auch in seiner Oper „Der Löwe von Venedig“ (2013 am Annaberger
Theater aufgeführt) gezeigt hat. Dazu gibt es eine große Zahl herrlicher Kunstlieder, die
Klug mit Sängern des Theaters im Erzhammer aufgeführt hatte, deren viele aber noch der
Entdeckung harren. Einen großen Anteil an der Wiederentdeckung diese Komponisten
habe Gotthard B. Schicker mit vielen Vorträgen und Publikationen gehabt, v.a. mit seinem
2017 erschienen
Buch „Köselitz“, in der der Komponist ausführlich gewürdigt wird.

Die Musik, die das Publikum zu hören bekam, war eine zupackende Spätromantik mit für
diese Zeit durchaus neuartigen Klängen. Erstaunlich die kompositorische Reife des
Zwanzigjährigen: Durchgestaltete Motivik, Variationsreichtum, neue Sicht auf das
tradierte Menuett, Achtung vor der Klassik ohne zu kopieren und das Finden eines eigene
Ausdrucks. Geradezu magische Frische war zu hören, aufschwungreiche
Dynamik und zarte Empfindung. Begeisterung im Publikum. Wer hat schon einen solchen
Meister in seinen Mauern hervorgebracht?! Die Musiker hatten als Zugabe ein verrücktes,
amüsantes Stück aus Schostakowitschs „Golden-Age-Suite“ dabei und wurden begeistert
gefeiert.


streichquartett (Andere)
Dirk Bores, Sophie Keiter (Violine), Katharina Overbeck (Viola) und Tilman Trüdinger (Cello).

Eveline Figura