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August 2019


Von großen und kleinen Museen

Gleich sind sie nicht, aber gleichwertig im Anspruch an Qualität und Verantwortung. Die kleinen sind nahe am Publikum, das oft nicht ausreichend kommt, die großen manchmal überlaufen vom Kunsttourismus. Ein Rundgang zum Bildhauer Fritz Böhme in der Galerie im Pfarrhaus Jöhstadt, zu
Maria Magdalena im Schloss Voigtsberg und zur Sammlung Gunzenhauser in Chemnitz.

Fritz Böhme in der Galerie im Pfarrhaus Jöhstadt

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Seit dem 11.8.2019 und noch bis zum 6.Oktober p.a. sind einige größere und viele seiner kleinen Menschenbilder in Holz, Stein und Steinzeug zu sehen. Der, wie oft viel zu früh, Verstorbene hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, das Großplastiken in Chemnitz, viele Stücke im Umraum und im Atelier in Großolbersdorf, OT Hohndorf, und nun ein Vierteljahr in Jöhstadt beherbergt. Ein reger Freundes-und Kollegekreis um Maler Roland Buschmann und die Annaberger Szene, der es z.Zt an Kenntnis reichen Ausstellungsmachern mangelt.

Dazu eine begeisterungsfähige Pfarrerin, Frau Mehner, alle wählten verantwortungsbewusst aus, was ins Bewusstsein Kunstinteressierter gehört und sensible macht, was wichtig ist und bleiben muss in einer rasenden unübersichtlich werdenden Welt. Die Skulpturen Böhmes sind zeitlos gültige Meisterwerke. Sie bilden Menschen ab, deren sparsame Gestik verständlich ist, deren Figuren nicht idealisieren, füllige Frauen, die gelebt haben, die derb und humorvolle Drastik haben, Paare,- noch immer zusammen sind nach Jahrzehnten und Figuren, die einfühlsam an Geschichte leiden (Die Hockenden). Einen Lebens-Zyklen hat er geschaffen aus 30 Plastiken bestehend.

Anrührende, verständliche, gültige und heutige Studien und einfach, wie alles was bleibt. Die Zeitungskritik (FP)  hat ihn einst mit Michelangelo verglichen, - welche Anmaßung, über die er sicher seine Sarkasmen hatte. Das Gleichnis gilt aber für die ernsthafte Hinwendung an wahrhaftiges und kraftvolles Schaffen. Die Schlichtheit der Darstellung Böhmes zwang sogar Laudator Reinhold Lindner zur maßvollen Würdigung, die Beigeisterung nicht ausschloss: die Einheit von Gestik und Gefühl, die Stille und Tiefe des Werkes und seine „Verständigung mit der Menschheit“, die Besorgnis, Beistand, Trost und Warnung ausdrücke, denn „alles steht heut auf dem Spiel“.

Kritik der Ausstellung: die Kunstfreunde haben nicht nur in diesem Sinne ausgewählt, sondern auch die sehr kleinen Räume genutzt, einen Raum der Stille eingerichtet, die Fensternischen als Rahmen verwandt. Viele Künstlerkollegen kamen, viele auch in die Jahre gekommen in Freud und Leid und mit dem Ausdruck: „Anwesend!“ So auch die Witwe des Künstlers, Hannelore Böhme, - Muse, Lebensmensch und Nachlasshüterin. Eine kleine Galerie – ein großer Künstler!
Kontakt:e-mail: hannelore.boehme@gmx.de

Maria Magdalena im Schloss Voigtsberg

Die Galerie Schloss Voigtsberg ist eingebettet in eine eindrucksvolle Burg- und Schlossanlage beim vogtländischem Oelsnitz und beherbergt das sehenswerte Teppichmuseum (Oelsnitz war wegen der Teppichindustrie einst eine reiche Stadt, was man dem Zentrum heute wegen geschlossener Gastronomie und verrammelter zweitürmiger Kirche nicht mehr anmerkt) und eine wundervoll üppig gestaltetes „Illusorium“. Das ist eine Märchenausstellung mit den Illustrationen der Bücher der Zwickauer Grafikerin Regine Grube-Heinecke. Bücher, die jeder schon gesehen hat, vom „Gestiefelten Kater“ bis zum herrlichen Kartenspiel „Don Quichote“, -ein Lebenswerk und herrlich in seiner Vielfalt und Opulenz. Die Schau würde unserem Erzhammer Annaberg zum fabulix Märchenfestival 2021 gut anstehen.

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Das Hauptaugenmerk galt aber der zweiten Hauptfrau um Jesus, Maria Magdalena unter dem Titel „Glaube und Mythos“, bis 27.10.2019 zu bewundern. In drei kleineren Sälen ist Erstaunliches zusammengetragen, was an verbrieftem und unterdrücktem Glauben über eine offensichtlich erstaunliche Frau an der Seite Jesu zu wissen und orakeln ist. Die Kirchen machen keinen Schritt kaum einen Schritt aus dem Schweigen und so muss man sich nicht wundern, wenn Film und Fantasie, Bücher und Gothic, Feminismus ein Bild oder Wunschbild betreiben.

All das hat das Team um die rührige Museumsleitung selbst berücksichtigt, zusammengetragen und ins Verhältnis gesetzt.Die sparsamen Texte sind aufklärend, die originalen Kunstwerke mindestens über fast 500 Jahre Geschichts greifend. Darunter der berühmte Stich von Dürer Maria Magdalena trifft den auferstandenen Jesus als Gärtner und erkennt ihn nicht. Sie soll ja seine erste ! Jüngerin gewesen sein und seine Liebste, Frau, Mutter von gemeinsamen Kindern. Holzbildwerke aus verschieden Zeiten dazwischen, die Frau im Mittelpunkt bis hin zur Barbie-Verklärung, Popkultur, Musik.

Barock- und Romantik bieten schöne Beispiele und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, die Künstler wollten schon immer der Kirche ein Schnippchen schlagen, wenn sie sie reizvoller und engagierter darstellten als Maria. Und im Erzgebirge dann noch als Heilige der Bergleute dargestellt mit einem Magadalenen-Tag. Lucas Cranach-Werke werden gezeigt. Salbgefäße von der Antike bis heute; diese oft als Attribut der Maria Magdalena präsentiert. Altmeisterlich zeigt sich auch Gegenwartskunst von Werner Tübke, Michael Triegel (der sogenannte „Papstmaler“), Siegfried O. Hüttengrund oder Huchalla,- alles Neue Leipziger Schule. Brennend aktuell und weh dem Künstler, der sich hinter unaktueller Historie oder nichtssagender Abstraktion versteckt. Die Geschichte hat brennende Themen wie man hier sehen und genießen kann. Und auch noch gut dokumentiert im Internet-Auftritt: Museen Schloss Voigtsberg. Großartig!

Sammlung Gunzenhauser, Kunstsammlungen Chemnitz

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Die Chemnitzer haben ihre Sonderausstellung ´Textilien Bauhaus´ im 100. Jubiläumsjahr der berühmtesten Kunstschule des 20. Jahrhunderts- weltweit- schon im Haupthaus wieder geschlossen, weil die Exponate, wie auch die Grafik besonders Licht empfindlich sind. Aber was in Chemnitz vor, während und nach der Bauhaus-Zeit ausgestellt ist, hat unmittelbare Bezüge, auch wenn es nicht unter „Bauhaus“ titelt. Nicht nur die Stadt gibt sich den Beinamen „Stadt der Moderne“, sie ist es auch in der Museenlandschaft. Der Kunstenthusiast Gunzenhauser aus München hat seine Atem beraubende Sammlung nach Chemnitz gegeben, wo sie in einem Gebäude aus den 30er Jahren besten gezeigt wird und in der Fülle überwältigt.

Die Kunst der Moderne bietet Malerei, Grafik, Fotografie. Von der Sezession solche Namen wie Corinth, Jawlensky, Münter, die „Brücke“-Künstler, Dix- mit super- bekannter „Ikone“, seine „Rothaarige“. Die Stile vergleichbar: deutscher Impressionismus, Expressionismus, Purismus, dann Kirchner, Schmidt-Rotluff (Chemnitz). Gustav Wunderwalde, u.a. sowie Felixmüller aus dem Ruhrgebiete kommend: Industrie- und Stadtandschaft mehr schätzend als Alpen. Solche gab es auch! Und sie haben hier Kunstgeschichte geschrieben.

Eine Epoche ist zu sehen, mit guter Führung. Das Museum schlecht anzufahren, weil irritierend ausgeschildert. Also nach Adresse Stollberger Str.2  fahren, große Schilder nicht beachten, der Glaseingang ist es wirklich. Ein dringende Empfehlung für alle, insbesonder junge Leute!, ein nicht überfülltes Museums der Spitzenklasse. Kontakt: http://www.kunstsammlungen-chemnitz.de

Eveline Figura