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So machen´s fast alle...

Mozarts „Così fan tutte“, jene emanzipatorische Verwechslungs- und Verkleidungsoper, hatte am Annaberger Theater erfolgreiche Premiere, obwohl einige Regieeinfälle auf der „Metha-Ebene“ das Publikum etwas ratlos zurückließen.

Dass es sich bei den beiden männlichen Hauptfiguren in Mozarts Spätwerk um Offiziere handelt, ist allgemein bekannt. In der Regie von Birgit Eckenweber wurde allerdings nicht deutlich, welcher Armee diese Kerle eigentlich angehören.
Da ist also Fantasie gefragt gewesen: Sind es nun unsere deutschen Feldgrauen, die hier kakifarben vor einem Afghanistan-Einsatz noch einmal ihr Mütchen per Fremdgehen kühlen, oder handelt es sich gar um griechische, italienische Soldaten, die den Flüchtlingen nach deren Odyssee über das Meer die rettende Hände reichen? Schließlich kommt so ein leibhaftiges Schlauchboot mit in Zeitlupe rudernden und schön dazu singenden Chordamen und Chorherren (Chordirektor: Uwe Hanke) auf der Bühne an. Diese vermutete „Metha-Ebene“ findet dann allerdings im weiteren Verlauf des Abend kaum eine Fortsetzung, schon gar nicht im 2. Akt und dem unschlüssigen Schluß, in dem in diesem frühen Emanzipations-Werk die List der Frauen hätte deutlich erkannbar werden sollen.

In einem zurückhaltenden Bühnenbild, das nur szenisch motiviert von verschiebbaren Kleiderschränken, rokokohafter Schaukel und einem halsbrecherischen Laufsteg garniert wird, können sich die Protagonisten fast durchweg in farbenfrohen, kontrastreichen und mehrfunktionalen Kostümen bewegen (Ausstattung: Marie-Luise Strandt). Hätte für die zauberhaft singende und sich damenhaft bewegende Fiordiligi (Bettina Grothkopf) im ersten Akt auch noch ein adäquates Kostüm zur Verfügung gestanden, wäre diese kritische Einschränkung nicht nötig gewesen. Die Grothkopf dominierte als Dame aus Ferrara den Abend, insbesondere in den Arien mit extremen Höhenlagen strahlte sie stimmlich souverän über die Rampe und wurde dafür mit viel Applaus bedacht. Gefolgt von ihrer Schwester Dorabella (Therese Fauser), die mit angenehmen Stimmvolumen, insbesondere im 2. Akt, die Tücken der Partie gekonnt meisterte, zumal Mozart diesem Mezzosopran mitunter Höhen abverlangt, bei denen so mancher Sopran verzagen dürfte.
Als Kammerzofe Despina gastierte Uta Simone (freischaffend, Dresden/Berlin) mit quirligem Spiel und angenehmer Stimmgebung, eine Opernsoubrette, wie sie sich Mozart für diese Partie gewünscht hat.
Bei den Männern strahlte Frank Unger – wie immer – mit seinem angenehmen Tenor in der Partie des Ferrando. GP-Cosi-172 (Andere)
Das Publikum konnte sich über seinen „Oden der Liebe“ im 1. Akt sichtlich erfreuen. Die schwierige Arie des 2. Aktes wäre mit einer stabilen Atemtechnik und entsprechender Zwerchfellstütze vielleicht noch etwas sicherer zu meistern gewesen. Denn die Töne hat Unger alle, und die allermeisten sehr wohlklingend, strahlend und kräftig, wie er dies am Premierenabend erneut beweisen konnte.
In der Spilastik, beim Parodieren und im Slapstick gaben Frank Unger und Jason-Nandor Tomory nahezu ein „Traumpaar“ ab. Aber auch stimmlich konnte Tomory als Guglielmo (Wilhelm) mit seinem Bariton überzeugen. Im Wechselspiel der Paare war er auch ein einfühlsamer Duett-Partner sowohl für die Damen als auch im Verein mit Ungers Tenor.
Eine Besonderheit wurde dem Publikum am Premierenabend von László Varga geboten, der wegen starker Erkältung den Philosophen Don Alfonso in einer Playback-Variante und in dem blauen Jacket aus dem „Löwen von Venedig“ stimmlos gestaltete, während Oliver Weidinger aus Nürnberg die Partie aus der linken Proszeniums-Loge vom Blatt sang. Und das mit einem sehr angenehmen Bass-Bariton, der sogar das Geschehen auf der Bühne vom Pult aus per Mimik und Tonfärbung gekonnt mitgestaltete.
Ihm, wie allen Sängerinnen und Sängern, war dabei die Erzgebirgische Philharmonie Aue unter der Stabführung ihres GMD Naoshi Takahashi diesmal eine aufmerksame Begleiterin. Wir hörten ein über weite Strecken sehr differenziert aufspielendes Orchester, das die Sängerinnen und Sänger zu Wort kommen lies und partiturgerechte Akzente setzte.
Schade nur, dass die Hörner an mindestens zwei Stellen den ansonsten homogenen Gesamtklang etwas verblasen haben...GP-Cosi-190 (Andere)

Durch die Erkältung des Varga-Don Alfonso hatte Intendant Dr. Ingolf Huhn Gelegenheit, das Premierenpublikum vor dem Vorhang persönlich zu begrüßen und auf die Rettung des Abends per singendem Double hinzuweisen, mit der Bemerkung, dass dies in solchen Fällen an allen großen Häuser die Praxis sei, und Annaberg ja auch ein großes Haus sein möchte...
Dazu bleibt zu bemerken, dass es für solche Fälle an diesem Haus auch schon einmal andere Lösungen gab: „Cosí fan tutte“ wurde im Kreisthater Annaberg 1971 aufgeführt (davor und danach sicherlich noch öfters). Damals gab den Don Alfonso der Bassist Horst Beer (seine Frau, Marie-Luise Beer, sang die Despina). Das Besondere aber daran war, dass diese Partie dreifach besetzt wurde: Neben Beer waren Sepp Gottschling und Hubert Reimann doppelt besetzt. Man konnte also ohne weiteres auf den einen der anderen aus dem eigenen Ensemble zurückgreifen, wenn eine stimmliche Unpässlichkeit jemanden lahm legte. - Aber das waren auch ganz andere Zeiten.
Unsere „Cosí fan tutte“ ist auf alle Fälle sehens- und hörenswert, denn „So machen´s (nicht nur) alle“, sonder sie machen es auch überall und zu allen Zeiten und immer wieder...

red.

Fotos: Dir Rückschloß, Theater Annaberg

Nächste Vorstellungen: 20.1., 19.30 Uhr, 24.1., 19.00 Uhr
26.2./6.3. je 19 Uhr, 10.4., 15 Uhr