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Gesichter wie Landschaften

Die Ausstellung „Bauern, Klöppler, Reisigsammler – Menschen des Erzgebirges“ in der Sammlung Erzgebirgische Landschaftskunst im Schlettauer Schlossturm zeigt Charaktere, Typen und Wunderlinge, die durch ihre harte Arbeit Form erhielten.

Es sind die hier tief verwurzelten Maler und Grafiker, die sich nun mit ihren Menschenbildern im Schlettauer Schloss präsentieren. Die Portraits wurden durch ihre Arbeitswelt und die nicht immer leichten Verhältnisse in einer meist harten Gebirgslandschaft geprägt, deren Sitten und Traditionen sie selbst hervorbrachten. Gerade durch ihr Hiersein und den täglichen Existenzkampf haben sie auch der Landschaft selbst Gestalt und Form gegeben ohne sie zu zerstören oder zu unterjochen. In den Grußworten betonte sowohl Herr Färber, Leiter der Sammlung Erzgebirgische Volkskunst in Oelsnitz, sowie der Erste Beigeordnete des Landrats, Herr Stark, die Rolle der arbeitenden, um ihre Leben ringenden Bewohner, unter denen gerade die Frauen eine entscheidende Rolle einnähmen.
Alexander Stoll betonte in seiner Laudatio am 4. Juli 2015, dass das Erzgebirge nicht nur das am dichtesten besiedelte Mittelgebirge Deutschlands sei, sondern die arbeitenden Menschen von Anfang an unmittelbar im Fokus der Kunst standen, wie der berühmte Bergaltar von Hans Hesse in der Annaberger St. Annenkirche belegt.
Dabei wurden die Frauen mit porträtiert, die die schwere Arbeit der Bergleute teilten und begleiteten, oder Männer sogenannte Frauenarbeit verrichteten, wie bei Max Geyers „Spitzenklöppler im Erzgebirge“ in Zeiten des dramatischen Rückgangs des Bergbaus. Ausstellung Schlettau (Andere)
In Zeiten der Armut gab es Reisigsammler und -sammlerinnen sowie Bauern, die noch in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld arbeiteten, viel mehr Menschen in direkter Berührung zur Natur standen, was heute einem oft virtuellem Verhältnis gewichen sei. Vielen Werken sieht man die Zeit ihrer Formgebung an und auch das Bemühen der Maler und Gestalter, Typisches in den Gesichtern „für die Nachwelt festzuhalten“ wie durch die Jahrzehnte geschehen bei Ernst Hecker, Hugo Paul Türke oder Carl-Heinz Westenburger (Foto).
Dabei tritt auch die einmalige Sonderheit von solchen Menschen wie dem „Waldmenschen“ Emil Günther oder dem Hammerhansl aus Frohnau hervor, die einmal kräftiger Farbe, andermal auch feinem Stift ihre jeweilige Prägung verdanken.
Mit Spaß am Fabulieren zitierte Axel Stoll dann die von Siegfried Sieber zusammengefassten Eigenschaften der Erzgebirger, die oft „fleißig, geduldig, bescheiden, gutmütig, humorvoll, aber auch spottlustig, starrsinnig oder gar mißtrauisch gegenüber Fremden“ sein könnten. Wahrscheinlich sind die Unterschiede beispielsweise zu den Franken früher nicht sehr groß gewesen, aber später durch unterschiedliche Verhältnisse dazu geworden.
Der schöne Ausstellungsraum im Schlossturm in Schlettau zeigt Portrait-Werke von den 30er Jahren des vergangen Jahrhunderts bis ca. 2006 von Max Christoph, Max Geyer, Ernst Hecker, Gerhard Klampäckel, Rudolf Manuwald, Willibald Mayerl, Friedrich Näser, Max Opitz, Kurt Teubner, Hugo Paul Türke, Hans Weiß, Carl-Heinz Westenburger und Axel Wunsch, dessen „Bauer Glöß mit Sense“ und das Portrait seines Enkels die Gegenwart der Portraitmalerei hervorragend repräsentieren, und der mit Ausstellungen in Oberwiesenthal und Annaberg zeitgleich vertreten ist.
Gleichermaßen belegt die Ausstellung, dass vergangene Kunstphasen, auch die in politisch anderen und untergegangenen politischen Systemen, durchaus wahrhaftige und bleibende Werke hinterlassen haben, die bodenständige, erarbeitete Werte schaffender Menschen ins Zentrum der Gesellschaft stellten.
Die Besucher des Schlosses Schlettau können bis 25. Oktober den Porträtierten in die Augen schauen.

Eveline Figura