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Herzog Georg kehrt zurück

Auf der 37. Ratssitzung kam es zu einem Beschluss, der in die Geschichte des Annaberg-Buchholzer Stadtrates als eine epochale Entscheidung eingehen dürfte, wenn er auch bei so manchem Zeitgenossen zunächst auf Kritik stoßen wird.

Im Mittelpunkt der diesmal auf den 1. Juni 2017 verlegten Stadtratssitzung stand der Vortrag von Herrn Richter vom Planungsbüro Schulze + Rank, das sich mit der Planung zur Umgestaltung der Buchholzer Straße in eine attraktive Fußgängerzone befasst. Der Stadtrat sollte einen Beschluß fassen, der es dem Büro ermöglicht, die weiteren Planungen in den vorgeschlagenen Bauabschnitten  unter Beibehaltung des beschlossenen Budgets voran zu bringen.
Annaberg_-_alt_11_-Andere- (Andere)

Vorgesehen ist, dass mit dem ersten Abschnitt im Frühjahr 2018 am Marktzugang begonnen wird, um im Jahre 2020 am jetzigen Weidener Platz mit dem dritten Teil der Umgestaltung fertig zu sein. Wie Herr Richter betonte und dies vom Oberbürgermeister Rolf Schmidt bestätigt wurde, sind zahlreiche Vorschläge aus der Bürgerversammlung in die neuerlichen Planungsüberlegungen eingeflossen. Über einige muss noch diskutiert werden, da eine derartige umfangreiche Baumaßnahme auch Einschränkungen und Kompromisse auf beiden Seiten zur Folge haben werden. Dass nur zwischen April und Oktober gebaut und die Weihnachtszeit damit kaum Einschränkungen erfahren wird, wurde schon mal festgelegt. Auf Grund der frühzeitigen Transparenz bezüglich dieses Großprojektes, kann aber mit viel Verständnis seitens der Anwohner, Händler und der Bevölkerung gerechnet werden, wie die Versammlung vor Wochen im Erzhammer ebenfalls gezeigt hatte. Georg Annaberg (Andere)
Jetzt geht es darum, dass die ästhetische Besonderheit dieser uralten Annaberger Straße (bis 1889 noch Buchholzer Gasse) auch im Zuge der Modernisierung in möglichst großem Umfange beibehalten bleibt, und nicht zu Verwechselungen mit anderen stereotypen Fußgängerzonen in manchen Gegenden unseres Landes führen darf.

Dies dürfte allerdings kaum der Fall sein, hat doch der Stadtrat am Kindertag des Jahres 2017 den weisen Entschluß gefasst, nicht nur der weitern Planung für die Fußgängerzone zuzustimmen – und das einstimmig (!) -, sondern auch für die Wiedererrichtung des Denkmals für unseren Stadtgründer, Herzog Georg der Bärtig, an historischer Stelle gemeinsam die Hand zu heben. Dabei handelt es sich insofern um eine nahezu epochale Entscheidung, weil damit im 500. Jahr der Reformation einem Mann Gerechtigkeit widerfahren dürfte, dem Annaberg seine Existenz überhaupt zu verdanken hat. Die Jahrhunderte lange Unterschätzung, Abwertung und schließliche Beseitigung dieser großartigen Persönlichkeit der Renaissance aus dem Denken nicht nur der Annaberger (nicht nur durch die schrittweise Demontage seines Denkmals), könnte damit ein gewisses Ende und eine Neubesinnung auf unseren Stadtgründer und seine Zeit finden. Georg Burg zu Meissen (Andere)

Wer sich mit der Kirchen- und Territorial-Politik Herzog Georgs näher befasst, wird nicht nur dem Luther-Gegner und Ablehner des Bauernkrieges begegnen, sondern auch einem Reformer, der eine gute Strecke und in etlichen Punkten mit Luther in Übereinstimmung war. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf die bisher kaum ausgewerteten Briefe und Akten unseres Stadtgründers einzugehen, wie sie nunmehr in vier fulminanten Bänden mit über 7.000 Seiten aus der Zeit zwischen 1517 und 1539 vorliegen. Dabei sind die vorreformatorischen Dokumente, in denen Herzog Georg bereits als Kirchen- und Territorialreformer in Erscheinung tritt, noch gar nicht mit erfasst, obwohl es auch dazu mittlerweile wenige wissenschaftliche Forschungen gibt
(Auswertung der Dokumente und Publikation zu Georg dem Bärtigen und sein Wirken für Annaberg ist in Vorbereitung).

Für Annaberg ist dieser verschmähte Fürst, bei aller notwendigen Kritik an dieser Übergangspersönlichkeit zwischen Mittelalter und Renaissance, aber letztendlich doch jener Mann, dem die Stadt seine Existenz zu verdanken hat. Nicht nur die Planung der Stadtanlage, die Organisation des Bergwesens sowie der infrastrukturellen Gegebenheiten gehen auf seine Aktivitäten und denen seiner Mannschaft zurück, auch der touristische Magnet wie unsere St. Annenkirche wäre ohne ihn undenkbar. Georg Dreseden Fürstenzug (Andere)
Dass er noch ein Kloster errichten lies, auf dessen Grund nun bald der verwaltete Mammon eine Heimstadt haben wird, dass wir ihm das größte Volksfest des Erzgebirges – die KÄT – zu verdanken haben, die aus der von ihm initiierten Dreifaltigkeits-Wallfahrt hervorging, sind längst vergessene Nebenerscheinung des bärtigen Fürsten. Ganz zu schweigen vom Ort des Kät-Beginns, dem Alten Friedhof und den Hospitalhäusern davor. So könnten noch unzählige Wohltaten dieses Mannes aufgeführt werden, dem schon längst wieder ein Denkmal gebührt.
Martin Luther, sein späterer Gegner, der nicht nur der leuchtende Reformator, sondern auch Antisemit und Bauernkriegsgegner war, aber aus guten Gründen nie in Annaberg auftauchte, hat an zentraler Stelle seinen Platz gefunden. Adam Ries und Barbara Uthmann, die es so nie gegeben hätte, wäre da nicht Georg der Gründer jener Stadt gewesen, in der sie wirken konnten, beide haben ihre Denkmale an sichtbarer Stelle. Wollte man die zwar nicht vergleichbaren Leistungen z.B. einer Barbara Uthmann gegen die des Herzogs aufwiegen, müsste dieser auf unserem Markt stehen, - die Buchholzer waren da schon immer weiter...

Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass der Beschluss zur Wiederaufstellung des Georgen-Denkmals in Annaberg just auf den Tag fällt, an dem genau vor 120 Jahren die „Harmonische Gesellschaft der Fünfzehner“ das Denkmal für ihn errichten ließen. Jener ältesten Vereinigung von Annaberger Kaufleuten und Intellektuellen, die sich 1780 um Bürgermeister Jakob Eisenstuck mit „wohltätigen Absichten“ zusammenfanden und bei ihren Treffen oftmals „einen böhmischen Fasan verspeisten“. Aber die Geschichte der „Fünfzehner“ soll an anderer Stelle genauer beleuchtet werden.
Georg Jahrestag (Andere)


Am Buchholzer Tor im Rondell der Zick-Zack-Promenade stand jedenfalls Georg der Bärtige (gefertigt von dem Dresdner Bildhauer F. Völker nach dem Rösch-Vorbild im Dom zu Meißen) auf einem Sockel aus rotem Postelwitzer Sandstein geziert mit bronzenen Buchstaben, die den Gründer unserer Stadt würdigten. Georg Zick Zack (Andere)

Um 1955 pröckelte der Sandstein-Georg immer mehr, so dass er eines Tage quasi in die Knie ging und schließlich vom Sockel fiel. Eine Zeitlang tobten wir als Kinder noch auf seinem Torso herum, bevor er einen vorläufigen Liegeplatz am Ruschl-Hang gegenüber den Eingängen zur ehemaligen Pestalozzi-Schule (heute Landkreisgymnasium) erhielt. Da die Reste des Fürsten aber auch hier vor den Verunstaltungen durch die geschichstvergessenden Schüler nicht sicher war, wurde er zum Bauhof abtransportiert, - dort verliert sich dann seine Spur im Sande...
Annabergs Bürgermeister Erich Fritsch hatte zu DDR-Zeiten Anfang der 70er Jahre die Absicht, die Figur wieder errichten zu lassen, wie er auf eine kritische Anfrage hin den Autor damals informierte. Es waren weniger ideologische Bedenken, wie er versicherte, und wie dies mitunter heute noch kolportiert wird, die eine Wiedererrichtung verhinderten, sondern finanzielle Probleme, wie er mitteilte. Sogar ein Bildhauer war damals – ohne ihn namentlich zu erwähnen – bereits vorgesehen, der den Georg in Granit hauen sollte. Heraus kamen bekanntlich später lediglich die beiden Klöppelmädchen am rechten Rand des Rondells, die seit der Weiden-Platz-Weihe von dort auch verschwunden sind.

Nach nunmehr fast 65 Jahren wäre es also an der Zeit, den Alten wieder an seinem ehemaligen Platz zum Leben zu erwecken. Jenen Manne, dem unsere Stadt mit samt seinen beschlussfreudigen Räten, einem nunmehr finanzpotenteren OB und einer spendenfreudigen Bürgerschaft (siehe Uthmann-Denkmal) so unendlich viel zu verdanken hat.

red.