LESERPOST
ÜBER UNS
IMPRESSUM
WERBEN

Gegründet 1807

www.annaberger.info

Wiedergegründet 2011

    POLITIK   WIRTSCHAFT   KULTUR   LOKALES   HISTORISCHES   STADTFÜHRER    WEIHNACHTEN    GASTRO

 

THEATER ABC

 

 


 

 
Arnold-Frank-Kaufhaus wird wiederbelebt

Auf der 33. Ratssitzung wurde nicht nur ein neuer Seniorenbeirat einstimmig gewählt, sondern auch der nicht einstimmige Beschluss getroffen, das einst größte Kaufhaus des Erzgebirges endlich wieder mit Leben zu erfüllen.

Diesmal musste der Oberbürgermeister Rolf Schmidt fast drei Mal mit der Amtsglocke um Ruhe für den Beginn der Ratssitzung läutend bitten, bevor sich jene fast immer zu spät kommenden Ratsherren und Ratsdamen auf ihre Plätze bemühten, andere die selbstverordneten Begrüßungszeremonien mit ansteckungsgefährlichem Händeschütteln und Bussi beendet hatten oder sich noch nach 19 Uhr mit Getränken versorgen mussten. Das war zu Beginn der Amtszeit von OB Schmidt etwas anders, da konnte noch von Pünktlichkeit der Ratssitzungen nach dem ersten Glockenschlag berichtet werden...
Um 19.08 Uhr war es dann aber soweit und die ersten Tagesordnungspunkte sind rasch abgehakt worden, zumal auch vom öffentlichen Mikrofon kein Gebrauch gemacht wurde. Der erste Höhepunkt bestand in dem inhaltsreichen Vortrag des bisherigen Vorsitzenden des Seniorenbeirates, Erwin Hahn, der nicht nur auf die zahlreichen Aktivitäten verweisen konnte, sondern auch auf über 600 durchweg ehrenamtlich geleistete Stunden seiner Mitstreiter. Für diese „Arbeit mit Herzblut“ bedankte sich OB Schmidt sehr persönlich bei allen Mitgliedern des Seniorenbeirates, der an diesem Abend komplett neu gewählt wurde. Folgende Mitglieder sind vom Stadtrat mit Ernennungsurkunden einstimmig bestätigt worden: Jürgen Förster, Steffen Schmidt, Frank Latta, Gabi Zocher, Hans Günter Schubert und Hannelore Steinhorst. Arnold Frank Kaufhaus (Andere)

Nicht 100% einstimmig ging es bei der Beschlussfassung für die neue Entgeltordung für das Erzgebirgsmuseum und den Frohnauer Hammer zu, die von Kulturmanagerin Dr. Gabriele Lorenz und dem Leiter der Städtischen Museen, Wolfgang Blaschke, plausibel begründet wurde. Schließlich gehen die letzten Preiserhöhungen auf 1996 bzw. 2004 zurück, während sich in diesen Jahren auf nahezu allen anderen Gebieten des Lebens die Preise und Löhne fast ausschließlich nach oben entwickelt haben. Die moderate Preiserhöhung wird demnächst von einer umfangreichen Museumskonzeption auch inhaltlich gerechtfertigt werden, obwohl – oder gerade weil – unsere Museen in Annaberg-Buchholz einen Besucherzuwachs zu verzeichnen haben, der dem Deutschland weiten rückläufigen Trend wohltuend widerspricht. Die überwiegende Mehrzahl der Räte hat – bis auf zwei Enthaltungen – dem Beschluss zugestimmt.

Freudig überrascht dürfte die Annaberger Bevölkerung von der Tatsache sein, dass die Absicht besteht, das ehemalige jüdische Doppel-Kaufhaus in der Buchholzer Straße 32/Johannisgasse 1– das einst als das größte seiner Art im Erzgebirge galt – als Mehrzweckhaus wiederzubeleben, wie Frau König referierte. Die Baufirma der Gebrüder Unger wollen für einen Gesamtbetrag aus Mischfinanzierung (Fördermittel, Eigenmittel, Kredite) von rund sieben Millionen Euro Kaufeinrichtungen im Erdgeschoss und darüber 14 Wohneinheiten bauen und den Komplex umfassend sanieren.
Von der Fraktion DIE LINKE kam der Antrag auf Prüfung, ob die Bau-Kosten pro Quadratmeter reduziert werden könnten, dem aber andere Räte und der OB mit nachvollziehbaren Argumenten widersprachen. Der Antrag wurde zur Abstimmung in die Runde gegeben und dort mehrheitlich abgelehnt.
Schließlich handelte es sich hierbei um eine wichtig Entscheidung, die dazu beitragen könnte, das über viele Jahre marode Erscheinungsbild an dieser zentralen Ecke verschwinden zu lassen und zudem noch ein historisches Ensemble – das von Freud und sehr viel Leid in dieser Stadt erzählen kann – wiederzubeleben.
Diese beiden Objekte, die miteinander räumlich im Inneren verbunden sind, gehörten einst zu den größten und modernsten Kaufhäusern des Erzgebirges und weit darüber hinaus, vergleichbar etwa mit den Häusern Tietz, Schocken oder Wertheim. Das Kaufhaus des jüdischen Unternehmers Arnold Frank bot in den 20er Jahren des vorigen Jahrtausends bis 1930 auf drei Etagen – übrigens mit der damaligen Attraktion eines Fahrstuhles verbunden - Gardinen, Teppiche, Haushaltswaren, Stoffe aller Art, Herren-, Damen und Kinderkonfektion, Pelzwaren...
Am 15. Oktober 1930 machte der Warenhausbesitzer Arnold Frank (wurde im März 1933 in
„Schutzhaft“ genommen) in einer großen Anzeige im „Annaberger Wochenblatt“ darauf aufmerksam, dass „Wir das Haus schnellstens räumen müssen, weil die Geschäftsräume anderweitig vermietet sind“. Mit enormen Preisherabsetzungen wurde ein Total-Ausverkauf zwecks erzwungener Geschäftsauflösung eingeleitet. Ab 1933 wurde es von der “arischen” Firma Krell & Co übernommen.
Ab 1935 zog die Firma Strick-Walther in die unteren Räume des Hauses ein, wobei die Zugänge zwischen den beiden Häusern geschlossen wurden. Im 1. Obergeschoss waren die Atelier-Räume von Foto-Edelmann untergebracht.
Zwischen 1939 und 1945 hatte die Familie Palatini im Erdgeschoss eine Italienische Eisdiele in Betrieb, danach wurden die Räume von der KONSUM-Genossenschaft als Möbelverkaufsstelle genutzt. Später hat diese Genossenschaft dort den Herrenausstatter „Kavalier“ betrieben. Ende der 70er Jahre wurden die unteren Räume beider Häuser wieder durchgängig gestaltet, so dass die HO mit ihrem Bekleitungsgeschäft „Exquisit“ und einem Schuhgeschäft bis zur politischen Wende genügend Platz hatte. Nach 1989 wechselten die Firmen mit unzähligen Geschäftsversuchen, die aber alle nach kurzer Zeit scheiterten. Im Jahre 2009 kam es dann zur Zwangsvollstreckung dieses denkmalgeschützten Gebäudes für 218.400 Euro, wie am 11. Juli in der Presse veröffentlicht wurde.
Jetzt endlich hat sich ein Investor gefunden, dem – neben bescheidenen finanziellen Unterstützungen seitens der Stadt – viel Vertrauen für sein nützliches Vorhaben entgegengebracht wird. Deshalb stimmten der Wiederbelebung dieses historisch belasteten Ortes unter nunmehr hoffentlich günstigen Vorzeichen fast der gesamte Stadtrat zu – nur die Fraktion DIE LINKE verweigerte sich aus kaum nachvollziehbaren Gründen diesem Beschluss mit all ihren Stimmen...

red.