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Demokratie lebt!

Mit diesem freudigen Ausruf beendete OB Schmidt die Bürgerfragestunde in der 32. Ratssitzung, zu der sich diesmal – nach vielen Monaten erstmals wieder – drei BürgerInnen zu Wort gemeldet hatten. Zu einer demokratischen Abstimmung nach kontroverser Diskussion kam es dann auch, als es um den Tierschutz ging.

Hatten in den vergangenen Monaten, vielleicht sogar Jahren, die zu Beginn einer jeden Ratssitzung eingerichtete Fragestunde so gut wie niemand wahrgenommen, meldeten sich am 26.1. sogar drei Fragende, von denen eine Bürgerin eher einen Kurzvortrag zum Erhalt des Zirkus mit seinen auch wilden Tieren in unserer Stadt hielt, statt eine kurze Frage zu formulieren. Dem schloss sich ein ruheloser Tierpfleger vom Fuße des Pöhlbergs mit seinen Sorgen um die dortigen Gerüchte einer weiteren Reduzierung des Bestandes an. Beiden Ansichten konnte der OB mit der Mitteilung begegnen, einmal dass der Beschluss zum Tierschutz in einem demokratischen Abstimmungsverfahren erfolgen wird, und zum anderen, dass eine Reduzierung des Tierbestandes im Gehege am Pöhlberg nicht vorgesehen ist. Stadtrat 1 (Andere)
Die Kritiken am Winterdienst von einem Herrn Schubert, der vorgab, dass ihn hier sowieso alle kennen würden, konterte der OB mit einer Fülle von überzeugenden Informationen zu den beeindruckenden Tätigkeiten unseres sehr engagierten Winterdienstes in den vergangenen schneereichen Tagen.
Ob zu der notwendigen Prioritätensetzung bei der Schneeberäumung die Wege an der Buchholzer Brücke gehören, dürfte bezweifelt werden, sie sind aber in den Räumungsplan für diese Woche mit aufgenommen worden.
In seinem sachlichen Lob für die Männer der Straßenreinigung, Müllabfuhr und des Bauhofes wurde er vom Bürgermeister Thomas Proksch unterstützt. Niemand zeigte Verständnis für die z. T. unsachlichen Angriffe und besserwisserischen Behauptungen wie sie u.a. im Internet ihren zweifelhaften Kummer nicht selten kulturlosen Ausdruck verleihen.

Wie wohltuend dagegen unserer erholsamer und gut dastehender Erzgebirgswald, der in einem Zwischenrevisionsbericht durch den Verantwortlichen vom Sachsenforst Pirna, Herrn Nitzsche, überwiegend in seiner Entwicklung belobt wurde. Die Fichte sei – nicht nur wegen des Klimawandels – einer der wichtigsten Bäume in unseren Wäldern, obwohl auch die Tanne in Zukunft wieder stärker das Erscheinungsbild prägen wird.

Im Mittelpunkt des Rats-Abends stand aber die Beschlussfassung über ein Auftrittsverbot von Zirkussen auf städtischem Grund (nicht auf privatem!), die mit wilden Tieren ihr Geld verdienen wollen. Obwohl OB Rolf Schmidt die mit vielen teilbare Auffassung vertrat, dass derartige Vergnügungen nicht mehr zeitgemäß seien und eine solche Entscheidung längst überfällig, gab es dennoch eine Diskussion, in der mitunter gegensätzliche Meinungen vertreten wurden und sogar eine Art Polit-Diskussion an den ovalen Tisch holten. Der Beschluss-Antrag sei der eines vormundschaftlichen Staates, man solle es der Zeit überlassen und keine Verbote aussprechen, war aus der CDU-Fraktion zu hören, - hoffentlich darum wissend, dass es ein CDU-Ministerpräsident war, der diese Initiative ins Gespräch brachte, dem sich nunmehr mehre Kommunen angeschlossen haben, - wenn auch nur als Symbol, wie der OB betonte.
Einer meinte sogar, man solle sich doch eher der „artgerechten Haltung“ der Buchholzer Kinder annehmen, statt der Tiere. Das war natürlich eine willkommene Provokation für den OB, der nicht nur hinsichtlich der dortigen Kinderbetreuung, sondern auf seine insgesamt aktiven Hinwendung auf den bisher etwas stiefmütterlich behandelten Ortsteil mit zahlreichen positiven Beispielen verweisen konnte.
Dass zu wenig fachliche Beratung und Informationen vorlägen, bemängelte einer, der aber auch gleich noch die Frage dazu aufwarf, wie denn innerhalb des Tierschutzes dann das Schächten von Tieren zu bewerten sei? Als würden die Annaberger täglich mit diesem Ritus konfrontiert sein, etwa ähnlich wie mit der Tradition des Stierkampfes in Spanien oder das Gänseleber-Stopfen in Ungarn und Frankreich... Ein populistisches Strohfeuer wäre dieser Beschluss, der einem scheibschenweisen Berufsverbot gleich käme, rumorte es aus der Fraktion, die fast geschlossen gegen den Beschluss stimmte (neun Gegenstimmen). Die Mehrheit (14 Befürworter) stimmte mit sachlichen Argumenten für einen modernen Tierschutz, der den Zirkus keineswegs verbieten will, sondern ihn in einer zeitgemäßen Form – wie etwa in Belgien, Frankreich oder Monte Carlo – ermöglicht, um ihn als wichtiges Kulturgut auch für die hiesige Bürgerschaft zu erhalten. Übrigens enthielten sich vier Volksvertreter ihrer Stimmen, ohne die anderen über die Gründe ihrer Unentschlossenheit ins Bild zu setzen. Lebendig Demokratie eben.
Ganz am Anfang dieser erkenntnisreichen und teilweise unterhaltsamen Diskussion murmelte ein gestandenes Ratsmitglied kaum hörbar in die leicht schmunzelnde Runde, er brauche keinen Zirkus, er sei ja im Stadtrat...

red.