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Annaberg treibt´s auf die Spitze

AW Kloeppelkongress 2
Der 30. Klöppelspitzenkongress war nicht nur von Vorteil für eine kurzzeitige innerstädtische Konjunktur, sondern auch, um den nationalen und internationalen Tourismus auf Annaberg-Buchholz und das Erzgebirge aufmerksam zu machen

Soviel Besucher auf einmal hatte Annaberg-Buchholz sonst wahrscheinlich nur an den Adventssonntagen oder zur Bergparade in ihren Mauern: Von den über 10.000 erwarteten Klöppel-Gästen flanierten am Wochenende allerdings nur reichlich 4.000 durch die alte Bergstadt, bummelten durch die Geschäfte und Museen, überfüllten die Cafés und Gaststätten, belegten sämtliche Gästebetten der Stadt und im Umfeld oder waren mit Sonderbussen von der Talstraße über den Markt bis hinauf zum Pöhlberg unterwegs – manche sogar in Begleitung von Männern. Grund dafür war der 30. Deutsche Klöppelspitzenkongress mit internationaler Beteiligung.DSCN2041

Zur Eröffnung am vergangenen Freitag im Kulturzentrum Erzhammer konnte die Vorsitzendes des Deutschen Klöppelverbandes, der 1983 in Nordhalben gegründet wurde, Frau Sabine Pichl, Abordnungen von Klöppelvereinen aus ganz Deutschland sowie u.a. aus Österreich, Tschechien, Belgien, Ungarn, Frankreich, der Schweiz sowie aus Übersee, neben vielen Gästen und zahlreichen Händlern begrüßen. Das Jugendblasorchester aus Thum umrahmte gekonnt die Veranstaltung.

In einer sehr emotionalen Willkommensrede konnte man der Oberbürgermeisterin der Hauptstadt des Erzgebirges, Frau Barbara Klepsch (Foto), die Freude darüber anspüren, dass sie es geschafft hat, diesen Jubiläums-Kongress in die Stadt der Klöppel-Übermutter Barbara Uthmann zu holen. Sie dankte auch insbesondere Frau Dr. Gabriele Lorenz, die als Leiterin des Kulturzentrums Erzhammer mit großem Engagement, vielen Ideen, in einer produktiven Atmosphäre und freundschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Deutschen Klöppelverband dieses umfangreiche und logistisch komplizierte Unterfangen mit auf die Beine gestellt hat. Schließlich ist ein solcher Kongress mit einer derart großen Teilnehmerzahl nicht nur gut für die städtische Konjunktur, sondern auch für die nationale und internationale touristische Ausstrahlung der alten Bergstadt mit ihrer Spitzen-, Bänder-, Borden- und Klöppeltradition, die hier bis in das 16. Jahrhundert zurück reicht.
AW-Kloeppelkongress-5---Foto-1987

Das Grabdenkmal der Brabara Uthmann auf dem ehem. Alten Friedhof. Das Foto stammt aus dem Jahre 1988. Heute ist dieser Reliefstein einer der Schandflecken der Stadt, der kurz vor dem Klöppelkongress notdürftig gesäubert wurde. Für eine Restaurierung hat die Stadt noch kein Geld.
Das Kreuz und die Blumenrabatten davor sind leider auch schon Geschichte...

Wie man auch immer zu diesem handwerklichen Kulturgut stehen mag, in den zahlreichen Ausstellungen im Erzhammer, im Rathaus, im Erzgebirgsmuseum oder in der Manufaktur der Träume können die raffinierte Technik des Klöppelns, das handwerkliche Geschick sowie die Formenvielfalt zum Staunen verleiten, selbst dann noch, wenn künstlerische Versuche manchmal in kitschige Ergebnisse münden. Aber solche Beobachtungen konnte man bereits bei den zahlreichen Schnitzerausstellungen in den vergangenen Monaten auch anstellen. Vergleicht man allerdings den künstlerischen Wert der beiden traditionsreichen Handwerke in ihren Ergebnissen hier in Annaberg, so kommt man möglicherweise zu dem Schluss, dass die schnitzenden Herren den klöppelnden Damen dort unterlegen sind, wo moderne Formen, Fantasiereichtum und ästhetische Vielfalt gefragt sind. AW Kloeppelkongress Duchesse-Spitze


Interessant ist dabei auch, wie alte Muster, Formen und Techniken in modernen Spitzen eine gewisse Renaissance erleben und so auch zu tragbaren, verwendbaren Accessoires z.B. in der Mode für junge Leute Eingang finden. Das ist auch bei der so genannten „Duchesse-Spitze“ (Foto) der Fall, die dem Kongress in diesem Jahr das Thema gegeben hat: Diese Klöppelspitze wird zu Ehren der Duchesse de Brabant (1836 – 1902), der späteren Königin Marie Henriette von Belgien, so genannt. Die Duchesse-Spitze war nie eine dominante Spitze in der Mode, jedoch war sie weit verbreitet. Die einzeln gearbeiteten Klöppelmotive, meist Blumen und Zweige, wurden zu großen Stücken zusammengesetzt. Die Damenwelt schmückte sich mit dekorativen Stolen, Kragen und anderen Einzelstücken. Auf dem Kongress wurden die verschiedenen Duchesse-Spitzen nicht nur vorgestellt, sondern viele Klöppelbriefe, sowohl neue Entwürfe, als auch Rekonstruktionen ausgesuchter Motive aus alten Duchesse-Spitzen, erlauben es, die Spitzen nachzuarbeiten und einer neuen Verwendung zuzuführen. Nun hoffen wir, dass man diese und andere Spitze auch bald – neben den zahlreichen Männeln, Pyramiden und sonstigem Holzwerk – in einem Klöppel-Spitzen-Geschäft in der Altstadt kaufen kann.
 

Wenn sich nun unsere Stadtmütter und -väter, angeregt vom Erfolg des 30. Klöppelspitzenkongresses, Gedanken auch über weitere massenbindende Veranstaltungen machen werden, kann damit das Image dieser Stadt, die noch so viel mehr zu bieten hat, seinen Radius über das Schnitzen und Klöppel hinaus spürbar erweitern und vielleicht auch bald auf anderen Gebieten auf die Spitze zu treiben...

red.