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Unser Hammerhansl
Der Annaberger Holzbildhauermeister Dietmar Lang erinnert sich an seinen Freund und Weggefährten Johannes Schönherr – den Hammerhansl und Ehrenbürger von Annaberg (1997) – der am 21. Dezember diesen Jahres 90 Jahre alt geworden wäre
Tirolerhut mit vielen Abzeichen, kariertes Hemd und Lederschürze - das war dein „Markenzeichen“. Wer Glück hatte, konnte dann noch ein weiteres wichtiges Attribut bei dir sehen: Deine „Ziehharmonika“, wie du selbst das Akkordeon nanntest, welchem du zu deinen meist originellen Liedern die nötige Begleitmusik entlocktest.
Unzähligen Gästen und Freunden hast Du damit viel Freude bereitet. Das meistgesungene war natürlich das Hammerlied, gefolgt von „Glück Auf, der Steiger kommt“ und dem „Vogelbeerbaum“. Aber auch mit fast grotesker, ausdrucksstarker Mimik konntest Du die Leute zum Schmunzeln und Lachen bringen und Textsichere auch zum Mitsingen, wenn die Ballade von der „Siebenlehner Feuerwehr“ oder die herzzerreißende Schnulze vom „Mann, der in die Heimat zu seiner lieben Mutter reisen wollte“ erklang.
Biographische Daten
Johannes Schönherr, genannt der Hammerhansl
Geboren 21. Dezember 1921
Lichtenstein, Am Reiterhälsel.
Vater Bergschmied, Mutter Heimarbeiterin, vier Geschwister.
Wollte Musiker und Schauspieler werden, aber es war nicht genug Geld für ein Studium vorhanden.
Gelernter Weber.
Seit 1939 zum Militär eingezogen, erst Bunkerbau in Ostfriesland, dann im 2. Weltkrieg Reitermelder in Italien. Am Bein schwer verwundet.
Arbeit als Bohrmeister am Wismut-Bohrturm in Frohnau.
Lernt seine spätere Frau Anneliese kennen.
Erste Führungen aushilfsweise im Frohnauer-Hammer.
Seit 1. April 1956 im Frohnauer Hammer als Museumsführer, Museumsassistent.
35 Jahre ununterbrochen voll tätig, später noch aushilfsweise.
Ehrenbürger von Annaberg-Buchholz am 11.November 1997
Sächsischer Verdienstorden durch Kurt Biedenkopf am 12.09.2000 verliehen.
Gestorben am 27. April 2007 in Annaberg-Buchholz
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Egal, ob zum Hammerfest, bei den Frohnauer Sportlern, Schnitzern und Klöpplerinnen oder den Gästen aus dem In- und Ausland. Prominente Größen aus Kultur, Sport und den Medien erfreuten sich an Deinen Auftritten und Deiner offenen, direkten und auch etwas verschmitzen Art. Politische Prominenz aller coleuer aus Ost und West, auch schon während der Zeit des geteilten Deutschlands, gehörten zu den begeisterten Zuhörern des kleinen und doch großen Mannes, der es verstand, charismatisch und mit absolut spürbarer Begeisterung eine Perle unserer Heimat, den alten Frohnauer Hammer, den Gästen näher zu bringen.
Die Zahl der Menschen, welche Du durch unser Hammer-Museum geführt hast, ist in Deinen über 35 Jahren Dienst, der nie durch Krankheit unterbrochen wurde, mit mehreren Millionen anzusetzen. Dabei hast Du viel erlebt, und gern hörten wir die Geschichten und „Schnorken“, die Du, mit Enthusiasmus und einem gewissen Augenzwinkern, erzählen konntest.
Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen sind Dir mit Recht zuteil geworden, wozu auch die Ehrenbürgerschaft von Annaberg-Buchholz 1997 gehört. Dabei hast Du nie vergessen, zu erwähnen, dass Deine liebe Frau Anneliese dabei einen bedeutenden Anteil hatte, immer hinter Dir und zu Dir stand.
Auch sie war eine sehr engagierte Mitarbeiterin im Technischen Museum „Frohnauer Hammer“. Gemeinsam feiertet ihr die Goldene Hochzeit.
Auch nachdem Du in den Ruhestand gegangen bist, hat man Dich immer wieder bei Bedarf als Hammerführer geholt. Kurz nachdem du das beachtliche Alter von 85 Jahren erreichtest und viele Gratulanten kamen, mussten wir von Dir für immer Abschied nehmen.
„Legt mich su in mei Grab, dass iech mit der Gusch nach men Hammer liech, flescht dann tüchtig und geht danach nunner ze en fröhlichen Trauerkaffe in de alte Hammergaststätt“. So pflegtest Du gelegentlich in fröhlicher Runde zu sagen, wenn das Gespräch zu Sprache auf diesem Thema kam.
So war es dann auch, und von den fast zweihundert Gästen bei deiner Beerdigung waren viele dabei, voran die Mitglieder des auch von Dir im Jahr 1990 neu wiedergegründeten Hammerbundes Frohnau, welche noch in der traditionsreichen Hammergaststätte im Gedenken an dich zu deinen aufgezeichneten Liedern sangen.
Meine Frau Anne und ich erinnern uns gern und denken an die vielen schönen Stunden unserer langjährigen Freundschaft zurück. Zum ersten mal erlebte ich Dich, als ich noch Schüler war, beim obligatorischen Besuch im „Frohnauer Hammer“. Das gehörte natürlich zum Fach Heimatkunde, und ich war besonders davon beeindruckt, wie Du mit einem lässigen Schwung deines rechten Armes den Stempel unter dem sich schnell bewegenden Hammerstiel schobst und den wuchtig zuschlagenden Hammer stopptest.
Auch die mit einem Schlüssel und sieben Verriegelungen bewegende Öffnung der „Alten Kriegskasse“ fand ich mächtig interessant.
Damals konnte ich noch nicht wissen, dass wir am 15. April 1972 Kollegen wurden. Ich begann als Holzbildhauer in der Volkskunstgalerie zu arbeiten, und bald waren wir Freunde. Mit meiner Frau Anne und später auch Tochter Solveig wohnten wir bis 1978 in Deinem Haus, bevor wir 1978 in die alte „Bärthelschmiede“ neben dem „Frohnauer Hammer“ zogen. An viele unvergessene Geschichten aus der langjährigen Freundschaft denken wir oft.
Sogar kleine Traditionen entstanden. So besuchtet Ihr uns oft am 2. Advent in unserem Haus, um beim „Adventsingen“ mit dabei zu sein. Und wenn Du, lieber Hans, kurz vor deinem Geburtstag, dem 21. Dezember, deine alte mehrstöckige Weihnachtspyramide, ein Erbstück vom Schwiegervater, akkurat aufbautest und den Christbaum schmücktest, schauten wir selbstverständlich in die kleinen Wohnstube mit herein.
Manchmal wolltest Du fast verzweifeln weil „sich das Ding eefach net drehe wollt“. Die Geburtstagsfeier war stets gemütlich, und es erstaunte uns immer wieder, wie viele Leute in Eurer kleinen Stube Platz fanden. Silvester wurde dann nach Einbruch der Dunkelheit von uns der obligatorische „Blitzknaller“ vor Eurem Fenster in Parterre gezündet, bevor wir noch zu einem kleinen „Hutzenohmd“ zum Jahresausklang gemütlich mit Euch zusammensaßen. Da hattest Du auch schon alles in der Schmiede vorbereitet, und gegen „Ohmd um elfe“ warst Du wieder im alten Hammer, um bei Fackelschein und mit allen Silvestergästen und etlichen Frohnauern mit zwölf Hammerschlägen das neue Jahr zu begrüßen.
Wenn wir heute zu Deinem 90. Geburtstag Dir und deiner Anneliese einen Besuch auf dem verschneiten Friedhof machen, eine Rose bringen, eine winzige Schmiedearbeit von deinem Freund, dem Berliner Kunstschmied Achim Kühn dazulegen und eine Kerze anzünden, tun wir dies in bester Erinnerung an Euch und großer Dankbarkeit für das unbezahlbare Geschenk eurer Freundschaft. Unser Gruß ist der Gleiche wie der, den Du so oft allen Besuchern DEINER Hammerführung entgegenbrachtest, nämlich ein herzliches „Glück Auf“.
Text und Fotos: Dietmar Lang, Dez. 2011
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