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Köselitz-Ausstellung erfolgreich eröffnet
Im Beisein der Oberbürgermeisterin von Annaberg-Buchholz, Barbara Klepsch, konnte die Leiterin des Kulturzentrums Erzhammer, Dr. Gabriele Lorenz, am vergangenen Freitag die bisher umfangreichste Ausstellung mit Werken des Annaberger Malers und Grafikers Rudolf Köselitz (1861-1948) im vollbesetzten Großen Saal eröffnet. Dazu erklangen Lieder von Peter Gast, die von László Varga souverän gesungen und vom 1. Kapellmeister der Erzgebirgs-Philharmonie, Dieter Klug, meisterlich begleitet wurden. Die einmalige Schau, die auch vom “Verein für Kultur und Freizeit des Erzhammers” (Vorsitzende: Anne Wolff) gefördert und unterstürzt wurde, ist noch bis zum 21.08.2012 zu besuchen.
Bilder von der Ausstellungseröffnung hier Video der Eröffnungsrede und der Laudatio hier
OB Barbara Klepsch, Stadtrat Frank Dahms, Prof. Gotthard B. Schicker, Dr. Gabriele Lorenz, Leiterin Kulturzentrum Erzhammer (v.r.n.l.) in der Köselitz-Ausstellung (Foto: Thomas Jacobi)
Laudatio
anlässlich der Eröffnung der Ausstellung: Rudolf Köselitz – Der vergessene Romantiker, Maler und Grafiker (1861-1948) am 21.07.2012 um 11 Uhr im Kulturzentrum Erzhammer in Annaberg-Buchholz
Von Prof. Gotthard B. Schicker
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Leihgeberinnen und Leihgeber, verehrte Gäste aus Fern und Nah,
eine Laudatio mit einer Statistik zu beginnen, zeugt gemeinhin von einer gewissen rhetorischen Unfähigkeit des Redners. Ich stell mich dieser Kritik und belaste Ihre geschätzte Aufmerksamkeit mit sechs Zahlen, die im engen Zusammenhang mit dem Untertitel dieser Ausstellung stehen: Zwischen 1875 und 1948 – also in 73 Jahren - waren Werke von Rudolf Köselitz in 64 Ausstellungen in sieben Ländern und ca. 30 Städten zu sehen. Zwischen 1948 und 2011 – also in 63 Jahren - wurden Werke von Rudolf Köselitz in sechs Ausstellungen lediglich in Annaberg und Schwarzenberg gezeigt.
Nur in diesem Vergleich ist es gerechtfertigt, vom „Vergessenen Romantiker“ zu sprechen. Denn die Verantwortlichen in Annaberger, ob sie Fink, Bursian, Niklaus, Unger, Rochhaus oder Heide-Lore Staub hießen, hatten unseren Erzgebirgs-Maler nie ganz vergessen. Sie versuchten da und dort, mit größeren und kleineren Ausstellungen, allein oder mit seinem Bruder Peter Gast zusammen, unter nicht immer rosigen Bedingungen, die Erinnerung an unseren Erzgebirgsmaler Rudolf Köselitz wach zu halten. Deshalb sollte der Titel relativiert werden in fast, oder beinahe, oder mitunter, oder „der manchmal vergessener Romantiker“. Nur im vergangenen Jahr vergaß dann offenbar die Annaberger Künstler-Gilde den 150. Geburtstag ihres Altmeisters total. Der Erzhammer organisierte aber dann doch noch eine Hommage im Oktober, um diesen sehr runden Geburtstag nicht gänzlich sang- und klanglos verstreichen zu lassen. Von dort kam dann auch die Anregung, im folgenden Jahr eine nachträgliche, große Geburtstagsausstellung auf die Beine zu stellen. Und da ist sie nun: nachträglich, größer als wir erhofft hatten und einem solch runden Geburtstag durchaus würdig.
Genau 174 Exponate werden Sie in wenigen Minuten schauen, bestaunen oder auch bewundern können. Denn dazu ist die gemalte Romantik des Rudolf Köselitz bestens geeignet: Diesen Maler muss man nicht erklären, er versteht sich nahezu von selbst. Ihn braucht man nicht mit ver-clauselierten Interpretationsversuchen – gar noch von außerhalb - verständlich reden. Er spricht unsere Sprache, wir verstehen ihn fast alle meist auf Anhieb. Er spricht uns an mit seinem heiteren Wesen, seinem gezeichneten, mitunter durchaus auch hintergründigem Humor, seiner Ausdrucksstärke in der Linienführung, seinem bewunderungswürdigen Kontrastspiel mit Licht und Schatten, seinen charaktervollen Porträts und immer wieder mit den fein ziselierten Landschaften unserer Erzgbeirgs-Heimat.
Diese Ausstellung wäre ohne die engagierte Leitung des Erzhammers, insbesondere durch Frau Dr. Lorenz, all die Helfer vor Ort (insbesondere von Lutz Gautel), die fach- und sachkundige Vorarbeit von Jörg Seifert vom Kunstkeller sowie ohne die zahlreichen Leihgeberinnen und Leihgeber nie und nimmer zustande gekommen.
Deshalb geht mein Dank zuerst an die
Städtischen Museen zu Annaberg-Buchholz
Dort haben wir nahezu den Gesamtbestand aus Erzgebirgsmuseum und Frohnauer Hammer „geplündert“, um erstmalig alles zu zeigen, was in den Annaberger Museen an Köselitz-Schätzen verborgen ist: Darunter die Hammer-Bilder, einschließlich dem bekannten, das 1901 in der Großen Berliner Kunstausstellung von der Kunstkritik gleichwertig mit dem „Eisenwalzwerk“ des Adolf von Menzel behandelt wurde (die beiden Bilder hingen dort nebeneinander), die Tusch- und Federzeichnungen, die Alt-Annaberger Typen, den Hammerherren Martin in mehreren Varianten...
Dank auch der Stiftung Klassik Weimar (Peter-Gast-Archiv)
Von dort erhielten wir einmal das Aquarell „Lumpazivagabundus“, das sich in einem Brief an die Schwägerin von Rudolf Köselitz befand, sowie vier ungewöhnliche Graphiken, die alle im Jahre 1915 entstanden sind und nahezu surrealistische Tendenzen in der Malweise und kaisertreue in den Motiven aufweisen. Damit bekommen wir einen Köselitz zu Gesicht, wie wir ihn noch nicht kannten.
Dank ebenso an die Köselitz-Nachfahren (verantw. Bernd Wittmann, Zwickau)
Ihre 37 zur Verfügung gestellten Kleingraphiken und Aquarelle, aus der Frühzeit seines Schaffens, widerspiegeln die Eindrücke, die der Schüler und Student auf seinen beiden Italienreisen sammelte: auf der ihn einmal sein Vater Hermann nach Neapel, Capri, Florenz und Rom begleitete, während er bei der zweiten Reise Ischia und seinen Bruder in Venedig besuchte, der dort mit der Komposition seiner Oper „Die heimliche Ehe“ befasst war, die dann später als „Löwe von Venedig“ in Danzig ihre Uraufführung hatte – und endlich, nach fast 70 Jahren, wo sie in Chemnitz gezeigt wurde, im kommenden Jahr auf dem Spielplan des Eduard von Winterstein Theaters in seiner Heimatstadt Annaberg stehen wird.
Dem Privatarchiv des Kunstsammlers und Kulturmenschen Günter Hermann haben wir kostbare Leihgaben zu verdanken: u.a. die wundervolle Graphik „Der Astronom“ und das romantische Aquarell „Junge und Mädchen im Gras“ aus dem Jahre 1920, also aus einer Zeit, als Rudolf Köselitz zum Vorstand des Münchener Aquarellisten-Verbandes gehörte. Bekanntlich war es Köselitz, der sich vehement für die Wiederbelebung der Aquarell-Technik in Deutschland einsetzte. Aber von Herrn Günter Hermann stammen auch seltene Buchexemplare sowie 40 Lichtdrucke, in denen die Zeichnungen z.B. zu den „Fränkischen Dorfgeschichten“ wiederzufinden sind.
Christian Müller aus Königswalde überrascht uns mit den sieben Original-Werken von Rudolf Köselitz, die dieser zum Heiligohmdlied der Amalie von Elterlein schuf. Auch dieses Werk kann heute erstmals ausgestellt werden.
Dieter Körnig aus Annaberg-Buchholz steuerte ein Aquarell aus dem Jahre 1942 bei, einer Zeit, in der es Rudolf Köselitz gesundheitlich und materiell besonders schlecht ging und er kaum noch malte. Wir dürften es hier also mit einem seiner letzten Werke zu tun haben: Der Blick aus dem Annaberger Künstlerviertel, der Farbegasse – noch mit dem historischen Brunnen davor. Eine Rarität! Und so wäre noch vielen anderen zu danken, die ihre Schätze unbürokratisch und gerne zur Verfügung stellten, wie Herr Unger, Herr Pollmer oder Herr Freier.
Ein besonderer Danke geht aber auch an Frau Sabine Sachs, die mit Kindern der 3. und 4. Klasse des „Adam Ries Bildungszentrums“ Annaberg eine Bildbetrachtung vom „Pferdegöpel an der Krönung in Frohnau“ (dem Titelwerk dieser Ausstellung) organisierte und in deren Nachklang lustige Zeichnungen von Bergleuten (damals und heute) sowie skurrilen Berggeistern entstanden. Auch diese Leihgaben haben wir unserer Ausstellung beigefügt, um damit auch zu dokumentieren, dass die Beschäftigung mit Köselitz weiter geht, weiter gehen muss.
Es beschleicht einen dann doch etwas Wehmut, wenn man weiß, dass all diese Kostbarkeiten, die Sie gleich auf sich wirken lassen können, in vier Wochen wieder für Jahre oder gar Jahrzehnte in den Depots oder Archiven verschwinden werden. Wie wichtig wäre es, wenn man, wenigsten Teile von ihnen, in einer ständigen Ausstellung zeigen könnte. Wie gut wäre es, wenn Rudolf Köselitz endlich ein verdientes Zuhause bekäme, eine Heimat auf Dauer, ein Dach über´m Kopf – kurz: Die Kulturhauptstadt Annaberg-Buchholz bräuchte dringend eine städtische Kunstgalerie, die vielleicht sogar den Namen von Rudolf Köselitz tragen könnte. Alle engagierten Bemühungen seitens des Kunstkellers, des Erzhammers, der Anna-Galerie oder der im Ratsherren-Café können eine von der Stadt verantwortete Kunstgalerie (wie es sie übrigens schon einmal gab!) nicht ersetzen. Der Bedarf nach einer solchen Behausung – nicht nur für Köselitz, sondern auch für all die anderen Künstler in Annaberg und Umgebung – ist vorhanden, die Räume ganz bestimmt auch, ein Konzept dafür steht bereits, und die minimalen finanziellen Mittel dafür dürften zu beschaffen sein. Ich plädiere in diesem Zusammenhang also für einen produktiven, städtischen Kulturegoismus. Der meint, dass wir unsere Künstler, unsere Persönlichkeiten, die über Annaberg hinaus wirken, viel stärker auch bei uns behalten, behausen und pflegen sollten, was ihre Vereinnahmung durch andere nicht ausschließt, die auch nicht verhindert werden kann und gebremst werden soll. Ein solcher Kulturegoismus, wie er sich nicht allein nur auf Adam Ries und Barbara Uthmann, oder auf Schnitzeln und Klöppeln konzentrieren darf, sondern auch noch auf viel mehr Persönlichkeiten Annabergs, trägt zur Image-Verbesserung der Stadt, zu ihrer allgemeinen kulturellen Atmosphäre und zur Identifikation mit der Heimat, insbesondere auch unter der jungen Generation, enorm bei.
Rudolf Köselitz taugt in ganz besonderer Weise für diese Identitätsfindung und -bewahrung. Hat er doch mit vielen seiner Werke unserer Heimat, seinem Annaberg, langlebige Denkmale gesetzt, die es noch weiter zu erschließen gilt, denn die Köselitz-Forschung steht erst ganz am Anfang, aber sie ist mit dieser Ausstellung einen guten Schritt voran gekommen, auch dank der Erschließung des gesamten Peter-Gast-Archivs in Weimar.
Mit dieser Ausstellung verbinden wir die Hoffnung, dass sich viele Besucher von der Schönheit, dem Humor und der Meisterschaft unseres doch schon ein bisschen vergessenen Romantikers Rudolf Köselitz überzeugen werden, sich vielleicht noch intensiver mit dem Werk der beiden Brüder befassen, denn auch das Schaffen von Peter Gast ist noch immer in seiner Heimatstadt unterbelichtet, auf dass man bei einer nächsten Ausstellung, Hommage oder Soiree das Wort „vergessen“, vor den Namen der Köselitze dann getrost vergessen kann...
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Weiter Fotos
Video der Laudatio
Zur Köselitz-Ausstellung:
Vom 21. Juli bis zum 21. August 2012 werden im kleinen Saal des Kulturzentrums Erzhammer in Annaberg-Buchholz in der Reihe „Annaberger Persönlichkeiten“ zahlreiche Werke des 1861 in Annaberg geborenen Malers und Grafikers Rudolf Köselitz gezeigt. Der „vergessene deutsche Romantiker“ wird damit ganz neu ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.
Im Jahre 1901 hingen Gemälde von Rudolf Köselitz in der Berliner Nationalgalerie unmittelbar neben dem berühmten „Eisenwalzwerk" von Adolf Menzel. Die Kunstkritik setzte damals das Werk beider Künstler inhaltlich und handwerklich in eine gleichrangige anerkennende Beziehung. Das Verdienst des Malers Rudolf Köselitz besteht auch darin, dass er wesentlich daran beteiligt war, der Aquarell-Technik in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Werke des „vergessenen Romantikers“ sind heute hauptsächlich im deutschsprachigen Raum verstreut. Sie befinden sich in Galerien, Museen und im Privatbesitz. Aber auch das Erzgebirgsmuseum sowie der Frohnauer Hammer in Annaberg-Buchholz sind im Besitz sehenswerter Köselitz-Werke. Für die bisher größte Ausstellung sind darüber hinaus zahlreiche Exponate als Leihgaben zur Verfügung gestellt worden, die erstmals in der Heimatstadt von Rudolf Köselitz gezeigt werden können.
Rudolf Köselitz kennt man als den jüngeren Bruder von Peter Gast (Heinrich Köselitz), dem Komponisten sowie Freund und Mitarbeiter des Philosophen Friedrich Nietzsche. Beide Söhne des einstmaligen Vizebürgermeisters und Ehrenbürgers der Stadt Annaberg, Hermann Köselitz, erhielten frühzeitig häusliche Unterweisungen in den Schönen Künsten. In vielen seiner Werke gelang es Rudolf Köselitz trefflich, die Erzgebirgswelt sowie typische Charakterzüge ihrer Bewohner mit den Mitteln der Bildenden Kunst wirklichkeitsnah wiederzugeben.
Aus Anlass seines 150. Geburtstages ließ der Annaberger Kulturwissenschaftler und Historiker Prof. Gotthard B. Schicker im September vergangenen Jahres das Leben und Werk des Künstlers lebendig werden. Bekannt sind z. B. seine „Erzgebirgischen Weihnachtsstimmungsbilder", die Ausschmückungen des berühmten Heiligabendliedes der Amalie von Elterlein oder die Illustrationen zu den Büchern der Heimatschriftstellerin Anna Wechsler.
Rudolph Köselitz studierte an der Leipziger und Münchner Kunstakademie, lebte in Dresden und unternahm zahlreiche Studienreisen u. a. auch nach Venedig, wo er seinem Bruder Peter Gast begegnete, der dort die Oper „Der Löwe von Venedig“ komponierte. Im kommenden Jahr plant das Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz die Erstaufführung der Komischen Oper in der Heimatstadt des Komponisten.
Unter der sachkundigen künstlerischen Begleitung seiner Lehrer und Freunde Seitz, Piloty, Strähuber und dem ungarischen Maler Benczur entstand ein umfangreiches Werk an Porträts, Aquarellen, Grafiken und Illustrationen. Darunter u.a. über 250 Zeichnungen zu Heinrich Schaumbergers „Oberfränkische Dorfnovellen“. Seine starken inneren Beziehungen zu seiner erzgebirgischen Heimat werden am deutlichsten in solchen Meisterwerken wie dem Ölbild von 1898 „Altes Hammerwerk im Erzgebirge“ oder dem Pastell „Pferdegöpel der Fundgrube Krönung“. Großartige Werke schuf er auch in seiner Wahlheimat Altfreimann bei München, wo er von 1910 bis zu seinem Tod im Jahr 1948 sein Atelier aufschlug.
Kontakte: Haus des Gastes Erzhammer, Buchholzer Straße 2, 09456 Annaberg-Buchholz Dr. Gabriele Lorenz, Tel. 03733 425-256 E-Mail: gabriele.lorenz@annaberg-buchholz.de oder Prof. Gotthard B. Schicker, E-Mail: gotthard.schicker@gmail.com oder redaktion@annaberger.info Tel.: 0049-172772-8114
red.
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