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Musikfest Erzgebirge
Mit Haydn durchs ganze Jahr

Die St. Georgen-Kirche in Schwarzenberg war der musikalisch geprägte Raum für die Aufführung von Haydns „Die Jahrezeiten“ mit hervorragenden Sängern, dem RIAS Kammerchor und der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann
Abschlusskonzert Rademann Sa_chsische Staatskapelle RIAS Kammerchor St. Georgenkirche Schwarzenberg - Foto (c) Mathias Marx


Würdiger konnte man sich das strahlende Abschlusskonzert des Musikfestes Erzgebirge am Sonntagabend, dem 21. September 2014 kaum vorstellen: St. Georgen ist eine der großen phantastisch gelegenen Bergkirchen des Erzgebirges, die als Kulturraum für dieses Musikfest die im Volk tief verankerte Arbeitswelt der Bergleute mit religiös geprägter Sinngebung und reicher Musiktradition verbindet. Die prachtvolle Renaissance-Ausstattung der Kirche hat viele spielerischen Stuck- und Figurenelement, die den Glauben für die normalen Menschen versteh- und fühlbar macht.
Joseph Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“, ist, mit dem kongenialen Text des großen Mozartförderers Gottfried van Swieten, das wohl volkstümlichste Werk der Wiener Klassik. Es ist das Meisterwerk der Klänge, das die menschliche Arbeit durch die Jahreszeiten begleitet, die Schönheit der Natur und das Geschaffene würdigt, aber auch die Unbill, Ängste und Schrecken thematisiert, denen der Mensch bis heute ausgesetzt bleibt. Dass dort viele Gedanken der Aufklärung, so die Würdigung der Natur - auch der im Menschen - einflossen, gleichzeitig das Werk aber auch ein Hymnus auf „den Schöpfer aller Welten“ und die Hoffnung auf ein Glück im Jenseits verheißt, passt zur Zeit wie auch zum Bedürfnis nach Trost und Schutz. Haydns Oratorium liegt der Zauber der Märchen inne: Schönheit, Frohsinn, Liebe, genauso die aber auch harte Realität in Gestalt tobender Unwetter, unerbittlicher Winter oder die Gefährdungen junger Mädchen durch reiche Feudalherren. Das alles in bildhafter Sprache und einfühlsamen Tonbildern.
Dirigent des Abends war der Intendant des Musikfestes Erzgebirge, Prof. Hans-Christoph Rademann, ein ausgewiesener Kenner historischer Aufführungspraxis. Er ist Leiter des Dresdener Kammerchores, seit 2007 auch des RIAS Kammerchores und seit kurzem Nachfolger von Prof. Helmut Rilling an der Spitze der Stuttgarter Bachakademie. Seine Wurzeln, auch die musikalischen, liegen hier in Schwarzenberg, wo sein Vater bis heute der geachtete Alt-Kantor in St. Gorgen ist und sein Bruder als namhafter Holzbildhauer wirkt. 20140921_225443
Das Orchester des Abends, die Sächsische Staatskapelle Dresden, wirkt seit 1548 unter den führenden Komponisten unseres Landes und ist als Opernorchester der Semperoper Dresden wie kein anderer Klangkörper ausgewiesen, diese dramatische Musik zu interpretieren. Das tat sie dann auch unter dem fachkundigen, sensiblen und zupackenden Händen des Dirigenten in bewegender Weise. Rademann lässt freie Hand dort, wo Spitzenmusiker ohnedies wissen, wie was zu spielen ist. Er fordert da, wo es auf Kontraste, Differenzierung ankommt oder wo Forcierung gestaltbar bleiben muss. Er ist ein Dirigent, der ganz der Sache dient, die Sänger feinfühlig führt und im Gesamtklang des Werkes hörbar bleiben lässt. Auch bei Virtuosen gelingt der Hörnerklang nicht immer ganz sauber, was hier aber eher den Klang von Natürlichkeit verstärkte. Bei den Jagdszenen und Fortissimo-Stellen der Naturgewalten gelang phantastisch Präsenz. Bei Haydn lebt die Natur mit fast naturalistischen Stimmen aus dem Orchester, was durch die Staatskapelle Dresden mit künstlerischer Akribie gestaltet wurde.
Der Star des Abends war der RIAS Kammerchor, der einer jener Klangkörper ist, der früh an historischen Klängen feilte. So hörte das begeisterte Publikum in reifer Weise sowohl die vielen lyrischen Situationen, Leichtigkeit der Frauenchöre, wirklich Mädchenhaftes. Vielfältige Kontraste bis zu beeindruckender Stimmdynamik boten alle Gruppen. Der Sopran klang wunderbar leicht auch im Kraftvollen, der Alt als weibliches Zentrum stand gleichberechtigt neben den hohen Stimmen. Die Kraft der Männerstimmen waren ausdifferenziert und genussvoll insbesondere in den Fugen zu vernehmen. (Einstudierung: Ralf Otto)
Die Solisten des Abends waren die Sopranistin Christina Landshamer (Hanne), der Tenor Werner Güra (Lukas) und Bassbariton Daniel Schmutzhard (Simon), alle national und international mit renommierten Dirigenten und Klangkörpern unterwegs und großartig im Zusammenklang. Christina Landshamer moduliert ihren lyrischen Sopran bis in jede Kadenz mit achtsamer Feinfühlichkeit und zarter, sicherer Höhe, sozusagen als Idealbesetzung für die Hanne. Werner Güra sang den Jüngling Lukas mit kräftiger, unforcierter hoher Lage, schöner Tiefe und routinierter Artikulation. Daniel Schmutzhard ist ein Bassbariton mit kräftiger, metallischer Höhe, der in den Pianopassagen manchmal etwas verflacht klang, aber dann wieder mit angenehmer Tiefe überzeugte.
Es war ein Abend anhaltender Hochstimmung, der an Konzentration von Mitwirkenden und Publikum bis in die letzte Emporennische nichts zu wünschen übrig ließ. Überhaupt waren die Veranstaltungen des Musikfestes, ob mit großen Ensembles oder die eher kammermusikalischen intimen Programme mit Sorgfalt und Sinn für das Ungewöhnliche, ja Seltene ausgewählt und mit ausnahmslos hervorragenden Virtuosen dargeboten worden.
Die Orte taten ihr Übriges zu nachhaltigen Konzerterlebnissen für Einheimische und die zahlreichen ausländischen Gäste.
Ein Kompliment gehört den achtsamen Textgestaltern des großen informativen Programmheftes.
Am Abend der „Jahreszeiten“ insbesondere dem frech-gescheiten fiktiven Streitgespräch zwischen Haydn und van Swieten (Text: Roman Hinke)
Angenehmen Eindruck hinterließ auch die rührige Pausenumsorgung bei allen Veranstaltungen mit Festbier, kleinen und frischen Speisen zu sehr menschlichen Preisen .
Das Festival hatte in seinen 13 ausverkauften Veranstaltungen an zwölf Spielorten über 7.500 Besucher zu Gast. Damit ist das Musikfest Erzgebirge beim Publikum angenommen und das Erzgebirge damit alle zwei Jahre aufgenommen in den Kreis der beachtenswerten deutschen und internationalen Musikfestival-Adressen.
Das nächste Musikfest Erzgebirge wird dann vom 9. bis 18. September im Jahre 2016 stattfinden.

Eveline Figura

Fotos: Festivalbüro (1), AW (1)