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Tradition in Ruhe genießen
In der Gaststätte „Finkenburg“ werden für den einen Kindheitserinnerungen lebendig, für andere handelt es sich um eine Entdeckung der geschmackvollen Einsamkeit. Ein Besuch der alten Schenke an der Salzstraße zwischen Schlettau und Elterlein lohnt sich aber sowohl für den einen wie für den anderen.
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Zwischen Schlettau und Elterlein im Wald versteckt trifft man noch immer die Ausflugsgaststätte „Finkenburg“ an. Noch immer deshalb, weil nahezu alle Schulkinder der Generation des vorigen Jahrhunderts hierher ihren Klassenausflug unternommen haben, um nach langer Wanderung an den alten Holzbänken vor der Schenke die versprochene Faßbrause zu schlürfen und dazu eine Bockwurst zu verspachteln. Und noch immer auch deshalb, weil es sich bei der „Finkenburg“ um eine der wenigen Gaststätten in unserer Gegend handelt, die ohne Unterbrechung in der vierten Generation alle politischen Wenden überlebt hat. Von Wirts-Familie Silke und Volker Münch wird Tradition hier nicht nur versprochen, sondern auch gelebt und geliefert. Sowohl die Einrichtung, die alten Stühle und Tische, die Holzverkleidungen, die Lampen und der große runde Stammtisch künden von einer Zeit, die hier in angenehmer Weise - gar nicht verstaubt, nur mit erzgebirgischer Patina belegt - stehen geblieben scheint. Welches Restaurant verfügt noch zusätzlich über einen Saal mit Weitblick auf die Wiesen und Wälder ringsum? Hier steht ein solcher für etliche Personen zur Verfügung. Zahlreiche Vereine, Verbindungen und Parteien haben es im Laufe der Jahrhunderte in diesem hölzernen, verglasten Anbau gut gehen lassen. Der „Verband der Erzgebirgischen Bildschnitzer“ hat sich am 22. Mai 1922 hier gegründet. Zur Wiedergründung - ohne „Bild“ im Namen - am 30. Juni 1990 hat er dann allerdings den Annaberger Erzhammer den Vorzug gegeben. Die alte Salzstraße führt am Wirtshaus vorbei. Da liegt es auf der Hand, dass hier schon vor grauen Zeiten ein Ausschank, ein Ausspann oder auch nur eine Jagdhütte für die Mönche vom Grünhainer Kloster – insbesondere für dessen Abt Funke – errichtet wurde. So könnte es also sein, dass das gemütliche Gasthaus eigentlich auf „Funkenburg“ hören müsste, wie es im Gedicht eines Stammgastes angedeutet wird:
Hier steht vor dir die Finkenburg, von Sagen sehr umwoben. Abt Funke vom Kloster Grünenhain, der trieb hier Jagd und Jagdlatein, ließ Kloster lieber Kloster sein. Und selbst das Messelesen stellt er ein, und um zu jagen Tag und Nacht, hat eine Hütte er gebracht... Vom Kloster blieb er nunmehr fern, kein Glaube mehr an unseren Herrn, für ihn war es ein Hochgenuß, wenn fiel das Wild mit einem Schuß...
Aber auch Finken gehörten damals zur sogenannten kleinen Jagd. Unsere Vorfahren aßen bekanntlich auch gar zu gerne Vögel, und wenn die größeren schon gefangen waren, dann begnügt man sich eben in der „Finkenburg“ auch mal mit Spatzen. Einem solchen Finkenpärchen soll der Abt einst sterbend das Leben vor einem Falken gerettet und zu seinen (Namens)-Erben eingesetzt haben. Seitdem heißt also die „Funkenburg“ der Sage nach „Finkenburg“.
Dass hier einst ein großes Jagdrevier gewesen war, davon kündet auch die heutige Küche mit ihren Wildspeisen, deren geprüftes Fleisch aus der Region kommt. Auch all die anderen Gerichte auf der übersichtlichen Speisekarte sind Klassiker aus unserer engeren Heimat mit leichten Zugeständnissen an die Allerweltsgeschmäcker der nicht in die Welt gekommenen Erzgebirger. Und die Bockwurst von damals gibt es auch noch. Wie bitte? Also, es gibt hier noch immer Bockwurst, so wie damals, vielleicht auch noch mit roter Faßbrause... Das alles kann man in herrlicher Natur genießen, wenn das Wetter es zulässt. Aber in der Heimat ist es ja bei jedem Wetter schön, um über die Wiesen zu streifen, von denen sich einst zahlreiche Bienenvölker des Großvaters des jetzigen Wirtspaares ihren Nektar holten, auf das alte Haus in der wundervollen Einsamkeit zuzuwandern, oder im Winter die Schneeschuhe davor abzustellen und sich in den heimeligen Stuben bei einem Kräuterschnaps zu wärmen.
Eine geschmackvolle Oase der Ruhe und des Genusses in mehrfacher Hinsicht ist diese “Finkenburg” mit seiner ländlichen Umgebung, die für manch eine(n) Kindheitserlebnisse hervorzaubert, für andere aber eine zauberhafte Entdeckung sein dürfte...
red.
Traditionsgaststätte „Finkenburg“ zwischen Schlettau und 09481 Elterlein (Schlettauer Straße, Vorsicht: sehr schmal), Tel.: 037349-7407 (kein Mail, kein Internet), Öffnungszeiten: Außer Mo. und Di. täglich von 11 Uhr bis zum Abendbrot (auf Anfrage auch länger). Bus- und PKW-Stellplätze sind vorhanden.
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