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Über-Chronik

Mit seinem Buch „Der Tod am Tor“ hat der Maler, Grafiker, Heimatforscher und Schriftsteller Helmut Brückner ein umfassendes historische Mosaik über die Lebens- und Schaffensbedingungen im Erzgebirge im 17. Jahrhundert – insbesondere in Annaberg und Umgebung – vorgelegt, das eine Fundgrube für Historiker und für an der Geschichte dieses Landstriches Interessierte von nachhaltiger Bedeutung sein dürfte.Helmut Brückner

Bei der gut besuchten Lesung in der Annaberger Stadtbibliothek am 23.4.2015 hat der Autor von „Der Tod am Tor“ gleich zu Beginn betont, dass es sich bei seiner neuesten Publikation keineswegs um einen historischen Roman oder um Fabulierungen mit der Erzgebirgs-Geschichte handelt. Vielmehr war es ihm wichtig, nachprüfbare Fakten zu liefern und diese mit verbindenden Texten zu einem Mosaik zusammenzufügen.
Nach einer ersten Durchsicht des 535 Seiten umfassenden Werkes, kann diese Absicht schon mal als gelungen bestätigt werden. Aus einem Mosaik von Akten, Briefen, Chroniken, alten Drucken und vergrabenen Dokumenten hat der Maler und Grafiker ein Gesamtbild der historischen Zustände und die dazu geführten Umstände gezeichnet, das zwar Annaberg intensiv umkreist, aber von da aus auch immer wieder die europäische Dimension aufzeigt, in der diese Stadt und unsere Region durch Kriege, Völkerwanderungen und politisches Ränkespiel einbezogen war. Dass er dabei die Annaberger Trinitatis- oder Hospitalkirche sowie den alten Friedhof als Ausgangspunkt und Ausstrahlungsort für viele historische Begebenheiten nutzt, ist ein gekonnter dramaturgischer Schachzug, der dem Buch in vielen seiner Kapiteln zu gute kommt.
Der Wert dieses Buches ist zwar zunächst daran zu bemessen, dass aus einem gut recherchierten umfangreichen Quellenmaterial eine Chronik über reichlich 100 Jahre entstanden ist, die nahezu alle verstreuten Aussagen der unterschiedlichsten Chronisten bündelt, einordnet und durch schriftstellerische Übergänge seitens des Autors zu einer neuen Qualität erwachsen lässt.
Einen zusätzlichen Wert erhält das Buch aus den nahezu 50 Seiten Quellenmaterial im Anhang. Von akribischer wissenschaftlicher Arbeit zeugen das Literaturverzeichnis, der Abbildungsnachweis, die Worterklärungen und insbesondere die umfangreichen Namensregister zu historischen Persönlichkeiten, aber auch zu Exilanten, Bürgern, Soldaten, - wobei sich Helmut Brückner insbesondere auf Namen aus Annaberg und Umgebung konzentriert. Von daher ist der Begriff einer historischen Fundgrube fast noch untertrieben. Bisher ist keine Chronik oder historische Beschreibung für den genannten Zeitraum bekannt, die einen derartigen Mehrwert für die aktuelle Heimatforschung und damit auch für zukünftige Generationen darstellt.
Nahezu drei Jahre dauerte die Recherche zu diesem Buch, wie Brückner in seiner Annaberger Lesung informierte. Auch der Satz und das Layout sind seine Arbeit, und der Vertrieb liegt ebenfalls in den geschickten Händen des Eigenverlegers. Gedruckt wurde es in Zwickau. Dort hätte man vielleicht etwas mehr darauf achten können, dass die Typografie dem Inhalt gerechter wird: Kein Flatter-, sondern Blocksatz, Seitenrand-Layout, fette Zwischentitel, Wechsel von Ein- und Zweispaltigkeit mit integrierten Fotos... erhöhen die Lesbarkeit. Die braun getönten Bilder sind passend ausgewählt und einige davon selten oder so gut wie nie veröffentlicht. Auch hier trägt der Seltenheitswert dieser beigefügten Dokumente zum Mehrwert des gesamten Buches bei. Freilich hätte man gern die eine oder andere thematische Grafik aus der Werkstatt des Künstlers Brückner im Buch, möglicherweise als Zwischen-Kapitel-Grafiken, wiedergefunden. - Vielleicht dann in der nächsten Auflage...
Mit seinem Buch „Der Tod am Tor“ - der Titel bezieht sich übrigens auf ein Ereignis in der Nähe der Trinitatiskirche, das den Autor berührt und zu dieser Über-Chronik seiner Heimat inspiriert hat – ist Helmut Brückner ein inhaltlich großer und faktenreicher, umfänglicher Wurf gelungen, der für jeden Heimatforscher einen Gewinn darstellt und für viele an unserer Heimat Interessierten ein ganz besonderes Lesebuch sein dürfte.

Helmut Brückner: „Der Tod am Tor – Ein barockes Jahrhundertmosaik aus dem oberen Erzgebirge“,
Förster & Borries GmbH & Co. KG, Zwickau 2014, ISBN 978-3-00-047278-7,
zu beziehen über den Buchhandel oder über den Autor: Annaberger Straße 17, 09456 Mildenau