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Tolles Museum mit falschem Namen
Das „K3“ in Oberwiesenthal wurde mit viel Publikumsinteresse vor Weihnachten eröffnet. Die Touristen kommen nur sehr zaghaft. Wahrscheinlich, weil keiner weiß, was unter dem Namen - der eher wie eine Kriminalabteilung klingt - zu erwarten ist.
Die Kosten für die Generalsanierung und den großzügigen Umbau des Oberwiesenthaler Heimatmuseums sowie der immanenten Stadtbücherei waren für eine kleine Gemeinde beträchtlich und sicher nur mit besonderen Fördermitteln zu stemmen. Oberwiesenthal ist indes ein Ort der Superlative für Deutschland und vor allem für den Welt-Wintersport. Es handelt sich immerhin um die höchstgelegene Stadt Deutschlands mit dem höchsten Berg Mitteldeutschlands, dem Fichtelberg, und dadurch auch um das sportlichen Zentrum des Erzgebirges.
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Es ist eine der schneereichsten Breiten, wie man gerade dieser Tage wieder erleben kann, und ein Ort, der schnell für Ostdeutsche und Bayern erreichbar ist. Man kann sich an den Steilhängen und Langlaufloipen, Schanzen und Kinderskischulen erfreuen, nicht zuletzt auch wegen der Wohlfeilheit von Liften, Restaurants, Kaffeestuben, Apréski und schmackhaften Bratwürsten. Die Geschichte des deutschen Wintersports wäre arm ohne diese Region und ihre Sportler, zu denen Olympiasieger wie Jens Weißflog, Eric Frenzel, Uli Wehling u.v.a gehören. Genau das und vieles mehr sind Gründe genug, ein anständiges Museum zu haben und es den zahlreichen Gästen von Oberwiesenthal und Umgebung schmackhaft zu machen. Der Stadtrat hatte den Namen „Wiesenthaler K3“ beschlossen, was einmal soviel heißen soll „Karlsbader Str. 3“ und dass der Bau genau drei Hauptteile umfasst: Gästeinformation, Museum und Bibliothek. Doch bis hierher erhält der potentielle Besucher immer noch keine inhaltlichen Verweise auf die sehr interessanten Ausstellungsbereiche: 1. Stadtgeschichte und Landschaftsraum, 2. Heimatkultur mit Dichterstube für Anton-Günther 3. Die Geschichte des Skigebietes und des Wintersports mit seinen weltbekannten Sportassen. Das erfährt man erst, wenn man das ehrwürdige Haus aus dem 18. Jahrhundert betritt, an dem der hintere Neuanbau bereits von außen auf Erweiterung und breite kulturelle Nutzung hindeutet. Zunächst riecht hier noch alles recht neu und die Farben sind frisch. Eine großzügige Kassenhalle mit freundlichen Mitarbeitern. Infomaterial leitet weiter zum ehemaligen alten Vorraum, dessen Stuck an überschwängliche Gründerzeit erinnert und dem trotzdem noch ein wenig die alte Patina fehlt. Darin im Kontrast stehen moderne Kleinskulpturen in Glasvitrinen, die zu einer Schau über den in Oberwiesenthal geborenen vielseitigen Künstler William Wauer (Selbstbildnis, 1866-1962) erinnern und der seine besten Kunstwerke von der Bauhausschule inspirieren lies. Gemälde, Grafik, Plastik und viele Dokumente, auch über sein Filmschaffen im Berlin der zwanziger Jahre sowie private Dokumente und Auszeichnungen unterstreichen seine überregionale Bedeutung. Die Bibliothek hat daneben einen schön gestalteten Raum mit wiederentdeckter alter Balkendecke erhalten und dazu viel genutzte moderne Räume für die Kinderbibliothek. Ein alter Holzhandlauf führt die Besucher dann in den ersten Stock. Dort kann man die historische Entstehung der (ursprünglich) vier Ortsteile von Wiesenthal, deren geographische Profile und ihre Geschichte, erleben. In einem Zimmer sind stimmungsvoll Windgeräusche zu hören, und man erfährt Unbekanntes über Schneearten und das harte Leben in früheren Zeiten. Ein besonders ansehnlich gestalteter Raum (die Innengestaltung des Museums oblag der Firma H9 aus Berlin) gehört dem Heimatdichter Anton Günther aus Gottesgab (Bozi Dar), kurz hinter der Grenze in Tschechien. In lindgrün wurden Zitate und Sprüche von ihm unterlegt. Dokumente, Liedpostkarten, Literatur, seine Zither und sein Tiroler Tra-la-la-Hut sind zu besichtigen. Daneben halten Volkunstexponate die lokale Stimmung aufrecht: Leuchter, Pyramiden, Weihnachtsfiguren greifen die in einem unteren Raum gezeigten Weihnachtberge-Stimmung wieder auf. Ein paar Posamenten sind Belege für den schlecht bezahlten Broterwerb in der Vergangenheit, insbesondere gegenüber Frauen. Ein Haufen bunter Skier verweisen auf die größte Abteilung “Gipfelstürmer“, die reichlich Exponate der erfolgreichen Ski-Geschichte des Ortes belegen: Der Sprunganzug vom Olympiasieg Weißflogs von 1994, Medaillen, Fotos, Namen und ein Diplom über die Teilnahme des Bauhaus-Künstlers William Wauer an Olympischen Sommerspielen 1928 in Amsterdam, bei denen bis 1948 noch Kunst einen Platz haben durfte. Ein kleiner Kinosaal ergänzt die Räume. Sicherlich kommen künftig noch weitere Exponate von Einwohnern und Gästen dazu. Ein alter Hörnerschlitten und Fassdauben, die als erste Schneeschuhe genutzt wurden, sind aus der Pionierzeit des Kampfes der Erzgebirger mit den Schneemassen überliefert und hier zu besichtigen. Einheimische und Urlauber haben dieses interessante Museum verdient, das von Frau Diana Turtenwald konzipiert wurde und derzeit von Frau Eva Blaschke geleitet wird. Das Haus selbst sollte aber nun endlich eine Bezeichnung erhalten, die auf die gut präsentierten Exponate sinnfällig verweist und die Neugierde der Besucher anstachelt! Hoffen wir, dass den Oberwiesenthalern und ihrem Stadtrat dazu noch was gescheites einfällt, damit die Besucher nicht an diesem sehenswerten Kleinod vorbeigehen auf dem Weg von den Pisten in die nächste Kneipe... - und die Herren und Damen Volksvertreter sich weiterhin über den zaghaften Besuch durch das Volk wundern.
Eveline Figura
Museum „Wiesenthaler K3“, Karlsbader Str. 3, Kurort Oberwiesenthal Öffnungszeiten: täglich 10-16 Uhr, Tel.: 037348 1550-50
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