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Mammut-Sitzung

Die 12. Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag dürfte mit zu den längeren in der Annaberger Sitzungsgeschichte zu rechnen sein. Fast fünf Stunden beratschlagten und beschlossen die VolksvertreterInnen u.a. über Teile des Stadtumbauprogramms, über das Münzviertel, Spielplätze, Tierschutz und die Sanierung der Stadtmauer.Stadtrat 1

Es soll schon Sitzungen des Stadtrates gegeben haben, die nicht einmal vom mitternächtlichen Glockenschlag der Rathaus-Uhr beendet werden konnten. Die Besucher am vergangenen Donnerstag hätten nach der öffentliche Sitzung elf Schläge zählen können, - wenn sie da gewesen wären. Die Plätze, von denen aus die Bürgerinnen und Bürger jeweils zu Beginn der Ratssitzungen ihre Anliegen per Mikrofon und in die Kameras des Annaberger Stadtfernsehens sowie den VolksvertreterInnen unmittelbar benennen können, blieben auch diesmal wieder leer. Ob aus Trägheit, Verdrossenheit oder Bedarfslosigkeit – man weiß es nicht warum die Bürgerinnen und Bürger das Angebot der Bürgerfragemöglichkeit nicht annehmen. Hier erhält man zumindest rascher und kompetenter Antworten auf seine Anliegen als z.B. in den sozialen Medien, in denen der jeweilige Kummer für lange Zeit - mitunter tagelang ungelöst - im Kasten bleibt. Aber es wird wohl so sein wie einige Stadträte meinten, dass von der bequemen Variante viel häufiger Gebraucht gemacht wird, die Mammut-Stadtrats-Sitzung auf dem Sofa vor dem Fernseher in voller Länge zu genießen, oder sich in Teilen, zeitversetzt und inaktiv daran zu beteiligen. Da dies offensichtlich nach Aussage von Langzeit-Stadträten die aktuelle Praxis von Bürgernähe seitens der Bürgerschaft gegenüber ihren gewählten Volksvertretern sein dürfte, erübrigt es sich künftig, ausführlich von den Ratssitzung zu berichten, da das aufgezeichnete Live-Erlebnis dadurch nichts übertroffen werden kann.

In Anwesenheit des designierten Oberbürgermeisters Rolf Schmidt (zweite Besucherreihe, ohne Krawatte, öffentliche Amtseinführung erfolgt am 1. Juni um 20 Uhr) eröffnete Bürgermeister Thomas Procksch (mit Krawatte und dunklem Anzug) diese Mammut-Sitzung, bei der die Stadtbebauung im weitesten Sinne einen zentralen Platz einnahm.
So ging es u.a. um den Rückbau (das Verwaltung-Wort für Abriss) von drei Häusern in der Buchholzer Meisterstraße sowie die Erneuerung des dortigen Fußweges (nach Diskussion: 26 dafür, 1 dagegen, 1 enthalten).
Auch das Münzviertel und die Bauvorhaben insbesondere in der Johannisgasse 7 und 17 durch den Investor Firma Scharnagl GmbH standen im Focus der sehr fachkundigen Berichterstattung seitens Frau König. Schließlich sollen dort neben Einheiten für betreutes Wohnen und zusätzlichen Wohnungen auch Garagen und ein lebenswertes Umfeld entstehen (Diskussion, Zustimmung durch 23/24 Stadträte).
Stadtmauer (Andere)

Ausführlich und sehr kompetent stellte Frau König dann auch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der weiteren Stadtmauersanierung bzw. deren Teilerwerb durch die Stadt vor. Obwohl auch diese Vorlage in den jeweiligen Ausschüssen ausführlich beraten worden sein soll, kam es noch einmal zu umfangreichen Diskussionen, die dazu führten, dass der Grundsatzentscheid von Bürgermeister Proksch zur neuerlichen Beratung in den Verwaltungsausschuss zurück überwiesen wurde. Für die kostenlose Übernahme von Teilen der Stadtmauer in das Eigentum der Stadt stimmten dann – nach einer schier endlos scheinenden Diskussion - 24 Stadträte, während sich vier der Stimme enthielten.
Beim Beschluss zur Finanzierung des Tierheims „Neu Amerika“ (Pflichtaufgabe im Rahmen des Tierschutzbundes e.V.) und der diesbezüglichen Vertragsverlängerung um fünf Jahre sowie der Einwohnerumlagenerhöhung von bisher 52 Cent auf nunmehr 70 Cent/Einwohner, hoben alle ihre zustimmenden Hände.
Ausführlich, differenziert und anschaulich wurde die Spielplatzkonzeption von Frau König erläutert und die Zustände an den jeweiligen Standorten beschrieben sowie Lösungen vorgeschlagen. Dass die vorausgegangene Umfrage nicht als repräsentativ gewertet werden kann, wurde von einer Stadträtin kritisch angemerkt. Ein anderer Rat schlug vor, im Vorfeld der jeweils konkreten Umsetzung der Spielplatzgestaltung noch einmal an den Schulen und Kindereinrichtungen sowie unter den Eltern eine etwas aussagekräftiger Umfrage zu starten, um auch die tatsächlichen Bedürfnisse zu erfassen und gezielt umsetzten zu können.Tafel (Andere)
Mit anschaulicher Gründlichkeit wurden die Stadträte gegen 22.30 Uhr mit dem nicht für jeden einfach zu begreifenden Vergaberecht/Vergabepraxis beglückt (kommt als Anlage ans Protokoll), bevor die Runde ihre Fragen und Informationen los werden konnte. Die wichtigste dürfte dabei die gewesen sein, dass die Stadträte von einer Stadträtin dazu aufgefordert wurden, ihrem Beispiel zu folgen und doch einmal die „Annaberger Tafel“ zu besuchen. Dort würde es schon im „Haus so gut riechen, woran man erkennt, dass es dort sehr sauber zugeht“. Ein berechtigtes Lob und ein großes Dankeschön für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tafel schloss sich an, das von den keineswegs übermüdet scheinenden Räten und Rätinnen mit akademischem Klopfen auf die Beratungstische quittiert wurde.

Dennoch dürfte Bürgermeister Thomas Proksch nicht unfroh sein, wenn er die Haupt-Verantwortung der Stadtführung am Montag an den gewählten OB Rolf Schmidt übergeben kann. Die rund 200 Tage Amtierung als Stadtoberhaupt hat Proksch souverän, auf manches verzichtend, fach- und sachkundig, umsichtig und immer bürgernah hinter sich gebracht. Dafür gebührt ihm ein großes Dankeschön von den Annabergern und ihren Volksvertretern!

Der Neue saß diesmal noch auf der Hinterbank, um möglicherweise von dort aus zu beobachten, wie man so eine Ratssitzung mit einem derartigen diskussionsfreudigem Team bis in die Nacht hinein steuert. Vielleicht kamen ihm dabei aber auch schon paar Ideen, wie man manches Thema etwas intensiver vorberatend, damit konzentrierter und letztlich effektiver – nicht zuletzt für die wissensdurstigen Annaberg-TV-Konsumenten – auch kurzweiliger gestalten kann...

red.