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Ein Fall für die Papiermühle
Eine Museumsbroschüre über das Erzgebirge, die wirklich alle Grenzen überschreitet...
Dieser Tage hat der Zweckverband Kulturraum Erzgebirge-Mittelsachsen mit einer Fördersumme von 22.500 EUR aus dem Ziel 3-Hallo Nachbar-Fonds der EU einen „Reisebegleiter durch die Euroregion Erzgebirge“ unter dem Titel „Museen verbinden“ in deutscher und tschechischer Sprache auf 74 Seiten herausgegeben. Die Qualität ist ungenügend, die Vergabe zweifelhaft.
7. März 2012
Der verantwortliche Dipl. Designer Daniel Lorenz, aus dem Berliner Büro „zuckerimkaffee“, meint dazu werbend auf seiner Homepage, dies sei „...keine Museumsbroschüre. Dies wäre zu tief gestapelt.“ Und das, obwohl man im Vorwort immer wieder liest, dass es keine Floskel sei, mit ihr eine oder mehrere Verbindungen zwischen den Museen und den Besuchern derselben herstellen zu wollen und dass diese Broschüre die Museen grenzübergreifend verbinden will. Also wie jetzt: Zu tief, oder doch gleich zu Beginn zu hoch gestapelt?
Was aber dann? Vor einem liegt ein buntes Heftchen, das unter den unzähligen anderen Broschüren, die mit oder ohne fulminanten Fördermittel auf den Markt geworfen werden, nicht weiter auffällt. Höchsten wegen ihres einfallslosen, unprofessionellen Layouts sticht sie negativ hervor. Vorder- und Rückseite sind mit ein paar horizontalen Bildstreifen garniert, die aus jeder x-beliebigen Region als schlechte Ornamentierung dieses Umschlages herhalten könnten. Im Inneren geht das gestalterische Chaos weiter: Wahllos werden Bildchen an Bildchen gereiht oder schülerzeitungshaft (wobei nichts gegen Schülerzeitungen gesagt sein soll!) nebeneinander gestellt. Bildblock reiht sich so an Bildblock und strahlt permanente visuelle Langweile aus, so dass man geneigt ist, diese uninspirierenden und lieblos gestaltet Blätter rasch beiseite zu legen.
Der Dipl. Designer hat aber auch keinen von all den Fehlern ausgelassen, von denen man im ersten Studienjahr bereits erfährt, wie sie zu vermeiden sind: Winzige Schrift-Punkt-Zahl in den Fotos, die selbst ein gesundes Auge nur mit der Lupe zu entziffern in der Lage ist. Aggressive rote (!) Schrift für die tschechische Sprache, wo eine Braun, Grün oder auch nur eine kursive Typographie wesentlich ansprechender gewesen wäre. Die Kleinheit der Schrift beginnt aber bereits auf dem Titel, so als hätte der Grafiker – oder wer diese Peinlichkeit auch immer hergestellt hat – noch nie etwas von Platzharmonie, Seitenaufteilung oder Primär- und Sekundarzeilen gehört.
An den Texten ist zunächst inhaltlich nichts auszusetzen, aber Form ist bekanntlich auch Inhalt. Und diese Form erschlägt den Inhalt, macht ihn kaputt. Und wenn dann noch entscheidende Museen, wie z.B. der Frohnauer Hammer bei Annaberg-Buchholz, als eines der wichtigsten technischen Museen Deutschlands, gänzlich in Wort und Bild (nur mit einer winzigen Lupe angedeutet) fehlt, oder der museale Studienraum des mittlerweile weltbekannten und längst verstorbenen Annaberger Künstlers Carlfriedrich Claus als Wohnung angeben wird, dann kommt zu der laienhaften und kontraproduktiven Gestaltung auch noch eine unverzeihlich schlechte Recherche hinzu.
Bekanntlich hat das Erscheinen dieser Broschüre – nicht nur in Annaberg – unter der Leserschaft beträchtlichen Unmut und Kritik ausgelöst. Man fragt sich, wie so etwas zustande kommt und in welcher Leichtfertigkeit hier Fördermittel verbraten werden? Dabei entstehen Gerüchte, die nur durch eine Prüfung des Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, als diedem Zweckverband vorgesetzte Behörde, zur Prüfung der Vergabemechanismen entkräftet werden können. Aber auch ohne das Prüfungsergebnis abzuwarten, sollten schon jetzt die Fördermittel zurück gegeben und die Museumsbroschüre, die ja nach der tief(hoch)stapelnden Aussage der Macher keine ist, der Papiermühle übergeben werden, - vielleicht einer noch funktionstüchtigen musealen...
red.
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