Februar 2018
Versuch auf Zukunft
Es hat abgemännelt und ausgelichtelt im Haus des Gastes Erzhammer in Annaberg und nun ist wieder Platz für Kontrastprogramme in den Ausstellungsflächen. Das sind „Die Fehde geht weiter“, Jörg Seifert mit seiner ersten Personalausstellung im Musikzimmer und Jan Leichsenring mit Foto-“Augenblicke“ im Treppenhaus.
Jörg Seifert hat quasi ein Doppeljubiläum. Dr. Gabriele Lorenz, Leiterin des Hauses des Gastes „Erzhammer“ brachte die Daten zusammen. 1998 hatte sich unter Federführung von Jörg Seifert der Kunstkeller e.V. in seinem Vaterhaus, Wilischstr.11, am 10. Februar 1998, gegründet und ist seither mit kontinuierlichem Eifer der Präsentation zeitgenössischer bildender Kunst verpflichtet. In vielfältigen Veranstaltungen wurde zudem interdisziplinär Bild und Wort verknüpft, so mit Lesungen der Texte von Carlfriedrich Claus, Ernst Bloch und Bertolt Brecht, der dazumal genau seinen 100. Geburtstag hatte.
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Kein Wunder also, dass sich der suchende, Kunst besessene Seifert auch selbst lyrischer Auseinandersetzung stellte und das weiter tut. Allemal sind seine ironischen und oft auch selbstzweifelnden Texte lesenswert, verraten sie doch Lebenserfahrung aus zwei Welten mit einer auf kritischen Abstand gehaltenen Gegenwart.
Im Musikzimmer sind nun seine gespritzten, getröpfelten, getupften, gemalten und ornamentalen, meist abstrakten Leinwände zu sehen. Warum dies, was sich der Deutung der Betrachter entzieht? Der Kunsthandel ist voll davon und nicht selten, selbst bei großen Namen der Zunft wird es als Trick verstanden, unverständigem Publikum, Geld aus der Tasche zu ziehen. Die zweite Deutung wäre: Wer abstrahiert, kann meist nicht richtig malen und die dritte: man kann, will sich aber interessant machen. Ersteres fällt weg: der Kunsthandel kommt nicht nach Annaberg! Zweites Argument: Seifert könnte, wenn er wollte, ist er doch Kunststudierter, aber er will wohl nicht in den ausgetretenen Alltäglichkeiten Spuren hinterlassen. Also bleibt ihm nur: Interessanter zu werden als ständiger Versuch.
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Allemal sind sein Formen vielfältiger geworden, was man an graphischen Arbeiten in den Vitrinen sieht. Seine Bilder haben Titel, die sein mindestens ironisches Selbstbild unterstreichen und allemal kritische Distanz zu einer immer fremderen Welt signalisiert. Und das mit bissigem Humor! Beide Laudatien, der von Frau Dr. Lorenz und der von Lothar Sachs nahmen darauf Bezug und bestärkten den Kreativen in seinem Wirken. Sein von „fortwährenden Zweifeln“ inspiriertes Wirken verweist auf unsere „visionslose Gegenwart“. Das dürfte aber gerade die Aufgabe von Kunst beschreiben: Die ständige Suche nach dem Sinn unseres Daseins, der Darstellung im Abbild und einem lebenswerten Weltbild. Insofern ist Seifert auf einem guten Weg, der sich nicht in seiner Fehde allein verlieren sollte.
Die von Musik von Schülerinnen umrahmte, gut besuchte Vernissage vieler lange verbundener Freunde und auch Partner aus Tschechien führte zu lebhaftem Gedankenaustausch. Die Ausstellung ist bis 2.4.2018 geöffnet. In Chemnitz sind seine „Böhmischen Dörfer“ in der Galerie „Laterne“ zu sehen. Infos: www.kunstkeller-annaberg.de
Jan Leichsenrings „Augenblicke“ sind Foto-Momente, die mit langen Belichtungszeiten spielen und so poetische Übertreibungen in die Natur zaubern. Flüsse bekommen märchenhafte Dünste, Annaberg-Buchholz das sowieso gegenwärtige Weihnachtsberg-Flair. Drohnen schießen Überblicke, die der Betrachter so nicht hat. Reise-Augenblicke kommen dazu und machen das Treppenhaus des Erzhammer zu einem Ausflug. In den oberen Stockwerken hat der junge Fotograf, der gelernter Tischler ist, schwarz-weiß Augenblicke von heutigen Oldtimer-Rennen festgehalten, die wie aus den zwanziger-dreißiger Jahren zu sein scheinen. Sehnsucht ? Allemal köstliche Reminiszensen. Infos: ponyfotos.blogspot.de
Eveline Figura
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