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THEATER ABC

 

 

Februar 2018


ETHOS - Vom Sinn einer Stiftung in einer sich Sinn entleerenden Zeit

Über das hautnahe Musik- und Theatererlebnis in der Provinz und
der Suche nach Geldmitteln in einer Zeit nach Milliarden zählenden
Wachstumsraten von Konzernen und Staatshaushalten

1807orchesterannaberg (Andere)


ETHOS hatte eingeladen, am Freitag, dem 9. Februar 2018 in den Friedrichssaal des
Erzhammers zu Annaberg. Geboten wurde ein Wiener Abend. Nein, keine Operette und
keine Wiener Lieder, die hier ohnedies niemand richtig vortragen könnt`, sondern Feinstes
der Wiener Klassik: Mozart, Boccherini, Ritter Gluck; er aus der vorklassischen Zeit.
Aber wer ist ETHOS ? Bis auf die kulturell Eingeweihten, die immer weniger zu werden
scheinen, wissen das nicht so viele. Es ist die seit 2007 existierende Erzgebirgische
Theater- und Orchester STIFTUNG, die mit Geldmitteln von Unternehmern und
Privatpersonen das Wirken der Kunstschaffenden unterstützt, mit Veranstaltungen, jetzt
auch außerhalb des Theaters, Kunst und Musikgenuss befördert und damit auch das
Stiftungsvermögen mehrt.

Frau Karin Schubert begrüßte die Gäste im gut besuchten Saal und berichtete über die
Arbeit der Stiftung und deren auf 125.000 Euro gewachsenes Vermögen, das durch das
gegenwärtige Zinsgefüge nicht gerade befördert wird. Immerhin konnten daraus
Anschaffungen von Transportmitteln, Brandschutzmittel oder zuletzt
Orchesterbeleuchtungen getätigt werden, für das der Haushalt des Theaters oder der
Erzgebirgs Philharmonie keine Spielräume hätte. Mit diesem Konzert, einer Benefiz des
Orchesters, wurden wieder einige Euros eingespielt für den genussvollen Gemeinsinn.
Wie mühsam ! Die Besucher des Konzerts hatten allerdings viel davon.

Unter der feinfühligen Leitung seines 1. Kapellmeisters der Erzgebirgs Philharmonie,
Dieter Klug, erklang herrliche Musik, die in der exzellenten Akustik des Friedrich-Saales
des Erzhammers Annaberg unter die Haut ging. Ja in der „Provinz“ erlebt das Publikum
enthusiastische Protagonisten auf Tuchfühlung. Die Musiker spielen unmittelbar vor den
Augen und Ohren des Publikums und nicht in einem perfekten weitläufigen und daher
anonymen Rund der großen Säle mit den fast unbezahlbar gewordenen Preisen der
Großstädte. Unmittelbarkeit des Klangerlebnisses und ja, auch mancher missglückte Ton
oder ein nicht homogenes Piano wird wahrgenommen. Musik lebt nämlich!

Die wunderbare Musik des Abends war: Die Ouvertüre zu „Lucio Silla“, Mozarts Jugendoper
von 1772, die er als 16Jähriger komponierte und sein Temperament und Überschwang in
bereits sehr konzentrierte Form gegossen zeigt. Seine Kleine g-moll Sinfonie mit furiosen
Hörnersätzen und wundervollen Oboensoli hatte regelrecht opernhafte Dramatik und
überraschende Wendungen. Die Interpretation des zweiten Satzes war wohl ein wenig zu
betulich für Mozart ́sche Intensionen, wobei der Vorteil dann im Kontrast aufschien.
Luigi Boccherinis berühmtes Werk, auf den der alberne Text, „Anneliese, komm, wir
woll`n ins Kino gehn“ gedichtet wurde, ist ein Schlager. Der Komponist lebte vor Mozart
und war Hofkapellmeister, blieb jedoch in Madrid wohnen. Sein Werk, v.a. in der
Kammermusik, warte noch heutiger Wiederentdeckung! Überraschend, weil selten zu
hören, war Ritter Willibald Glucks „Don Juan Suite“, aus der Mozart viel dramatische
Anregung geschöpft haben dürfte. Das Orchester war gefordert und in der Lage große
Klänge und überraschende Wendungen zu gestalten.

Die launige Moderation lag einmal mehr bei Intendant Ingolf Huhn, der es amüsant
verstand, Mozarts jugendliche Verrücktheit in den Briefe an Schwester Nannerl oder dem
Bäsle in den Kontext der Werkentstehung zu stellen oder den Don Juan-Stoff von Gluck
zu erklären. Bliebe nur noch zu fragen, ob nicht wieder mehr potente Zeitgenossen das Thema Kultur entdecken befördern könnten. Wie viele Unternehmen, denen es gut geht haben wir und
was wären ein Tausender pro Jahr ?! Das wäre für die Besucher, für das Ensemble und für
ein wirklich richtigeres Verhältnis zu den Schönheiten des Lebens in unserer Kulturstadt
Annaberg-Buchholz.

E. Figura

Wenden Sie sich an die Freunde und Förderer, den Theater-Förderverein im Eduard- von-
Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz:
www.winterstein-theater.de (Foto von ebenda)