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Juli 2019


Welterbe heißt Weltoffenheit

UNESCO-Welkulturerbe Montanregion Erzgebirge / Krušnohoří als Chance für die Zukunft

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Jugendliche Neugier als neue Triebkraft des Erzgebirges. Hier: Markus Röhling-Stollen.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer ist extra zur UNESCO-Tagung ins aserbaidschanische Baku gereist und Sachsen wurde, nach rund 20jähriger Vorbereitungs- und Bewerbungszeit, nicht enttäuscht. Neben dem Wassermanagament-System im bayerischen Augsburg, das noch von den Römern erfunden wurde, wurde am 6. Juli 2019 auch die böhmisch-sächsische Montanregion Erzgebirge / Krušnohoří neu in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Deutschland hält jetzt bei 44 Eintragungen auf der Liste von über 1070Kulturerbestätten und spielt dort in einer Liga mit Frankreich und Spanien. Nur Italien und China haben mehr.

Auf der deutschen Seite des Erzgebirges gehören zur Montanregion Erzgebirge / Krušnohoří 17, auf tschechischer Seite fünf Stätten, die rund 800 Jahre Bergbautraditionen repräsentieren, vom Silberbergbau des Berggeschreis, über die Zinn- und Bleigewinnung bis hin zum Uranbergbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Insgesamt stehen mit dem Welkulturerbe-Projekt 32 Städte und Gemeinden in drei Landkreisen in Verbindung. Das Erbe umfasst nicht nur die unmittelbaren Bergwerksinstallationen, sondern auch Kirchen, Kulturlandschaften, immaterielles Erbe wie Gastronomie und Volkskunst, sowie auch die Brüche durch Strukturwandel und wie die Menschen sich diesen anpassten - oder eben auch unterworfen waren und sind.

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Frohnauer Hammer, in dem das Silber des Erzgebirges zu Münzen geprägt wurde. Reich wurden davon nur wenige damals. Wird das in Zukunft anders?

Politiker, Verantwortliche des Projektes und auch die regionale Presse reagierten mit großer Freude auf die Ernennung, wiesen aber auch daraufhin, dass damit eigentlich erst der Startschuss gegeben ist. "Sachsens zweite Chance" lautete zum Beispiel ein Kommentar. Der Welterbe-Status sichert eine hohe internationale Aufmerksamkeit, das Erzgebirge, bisher touristisch zumindest international fast nur als "Weihnachtsland" wahrgenommen, -wenn überhaupt-, taucht nun auf dem Radar der großen Veranstalter auf, der Zugang zu Fördermitteln wird leichter, hochwertiger Tourismus das ganze Jahr über wird möglich.

Nun kommt es darauf an, das Projekt nicht nur zu promoten und elitären Kreisen zugänglich zu machen, sondern so zu erschließen und zu kommunizieren, dass die Bewohner es als ihr Projekt erkennen können, was letztlich nur passiert, wenn sie davon auch profitieren, durch mehr, neue und bessere Arbeitsplätze und damit einer Bleibe- oder Rückkehrperspektive vor allem für die jungen Leute. Von den vielen Wandlungen, die das Erzgebirge erdulden musste, wäre diese nun vielleicht kommende, eine der guten. Nicht zu vergessen: Das Projekt umfasst zwei Staaten. Das Interesse an den tschechischen Nachbarn sollte dann auch über billiges Essen, Friseure und andere “Freuden” hinausgehen.

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Bergbauszene in der 500 Jahre alten Kanzel der St. Annenkriche in Annaberg-Buchholz Vertrauen auf höhere Mächte oder selber anpacken?

Weltkulturerbe der Menschheit, ist nicht nur eine Auszeichnung für Vergangenes, sondern vor allem eine Verpflichtung zur Weltoffenheit. Diese erlangt man durch Reisen, Bildung und durch Kontakt mit anderen Kulturen, weniger durch Rückzug auf Traditionen, wenn man sie als starres Erbe, als Beharrung definiert. Nur im Perspektivwechsel kann man sich selbst maßstabsgerecht erkennen und da vielleicht auch sehen und mitfühlen, dass in anderen Regionen ähnliche Katastrophen erlebt werden, die einst auch im Erzgebirge wüteten.

Bei den kommenden Wahlen können die Sachsen zeigen, dass sie das zumindest in der Mehrheit verstanden haben, in dem man eben in einer WeltKULTURerbe-Region unmöglich einer nationalistischen, auf Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und völkische Überlegenheit setzende Partei, einer Gruppe Kultur- und Menschenfeinden eine Mehrheit geben kann.

Eine tolle Übersicht über die neue Welterbestätte findet sich auf der Webseite:
www.montanregion-erzgebirge.de

m.s.

Fotos: privat