LESERPOST
ÜBER UNS
IMPRESSUM
WERBEN

Gegründet 1807

www.annaberger.info

Wiedergegründet 2011

    POLITIK   WIRTSCHAFT   KULTUR   LOKALES   HISTORISCHES   STADTFÜHRER    WEIHNACHTEN    GASTRO

 

THEATER ABC

 

 

Juli 2019


The Blues Brothers – return
seit dem 27. Juli 019 auf den Greifensteinen als Remake des Kultfilms von 1980

bb2 (Andere)Die Machart des „Rhythm-and-Blues-Night-Musical“ scheint einzuschlagen, denn die Musik ist der Hauptakteur, - die 70er bis 80er Jahre haben sowohl Rhythmus im Blut als auch Schmalz in den Stimmen. Nach „Heißer Sommer“ sind nun die Amis mit ihrem  Von-ganz-unten-hoch-in-die-Volksseele am Werke und treffen den Jugendgeschmack des älter gewordenen Publikums und auch den der Jungen, die längst wieder nach Melodie und Herz schmachten nach dem ewigem Metal and Hardrock. Das Publikum saß von Beginn im Mitmach-Modus, musste aber lange auf die heißen Nummern warten. Das Ballett hatte viel zu tun und überzeugte schließlich mit Beweglichkeit, Spaß und Synchronität.

Fotos: Dirk Rückschloß / BUR-Werbung

Regisseur Axel Poike hat das Stück frei nach den Filmszenen von 1980 witzig geschrieben und inszeniert. Die Dramaturgie (Silvia Giese) hat die Akzente richtig gesetzt. Aber der Regisseur hat selbstverliebt für den Aufbau der Story wohl zu ausufernd Zeit den Dialogen zwischen Jake und Elwood Blues (eigentlich John Belushi und Dan Aykroyd), den Raum greifenden Gleichschritten über die Riesen-Spielfläche und den Kontakten mit Polizei und Exfreundin eingeräumt. Zum Glück konnte er sich in den Typenzeichnungen auf die spielbereite Komik der Darsteller verlassen.

Jake (Philipp Adam) kommt gerade aus dem Gefängnis, in das ihn krumme Geschäfte gebracht und ihn und seinen langen Bruder Elwood (Marvin Thiede) die gemeinsame Karriere als legendäre Band „Blues Brothers“ gekostet hatte. Im Waisenhaus, indem sie aufwuchsen, hat gerade die Mutter Oberin (Gisa Kümmerling) Steuerprobleme und die selbst abgebrannten Brüder wollen die 5000 Dollar auftreiben, aber schließlich nicht mit krummen Geschäften, sondern indem sie die Band wieder aktivieren. Dafür fahren sie mit einem alten getunten Polizei-Schlitten durch Wald und Bühne, treiben alte Bandmitglieder auf – herrlich verkitscht singend (Olaf Kaden und Moritz Häußler), die nicht so recht an einen neuen Erfolg glauben, tricksen dann noch die Band „Good Ole Boys“ aus. Deren Leadsängerin (wieder Gisa Kümmerling) gelingt eine allen schrägen Ami-Klischés huldigende Typzeichnung- Jeans, Cowboyhut  und Spuck-Kaugummi - aus der Hüfte.

bb3 (Andere)


Um solche Klamotte herum rankt sich nun der erste Teil der Vorstellung. Als unwilliger Agent mit sehenswertem Body in der Sauna, Michael Junge; als beweglicher Sänger und Entertainer, Udo Prucha, der das Publikum witzig mit einbezieht; als übergriffiger Polizist, Dominique Anders. Isa Etienne Flaccus spielt mal wieder extrem, das kann sie nämlich exzellent: eine durch Jakes Liebesentzug sexuell frustierte Jungfräulichkeit mit Kraftausdrücken und Knarre. Echte Höhepunkte  gestalteten Nenad Zanic und Marie-Louise von Gottberg als Besitzer des Country Bunker; er als extrem unverständlich nuschelnder Chef und sie als seine schräg-scharfe Sache. Maurice Daniel Ernst gibt einen auf Extremabzocke gestimmten Musikladenchef und Nenad Zanic, ja schon wieder ! Matt „Guitar“ Murphy. Er ist der schwarz gelockte Pantoffelheld in seiner Murphy-Bar.

Zappeligst freut der sich über die Rückkehr der Blues Brothers und bringt seine Ehehälfte in der Kittelschürze zum Ausflippen. Christine Zart (a.G.) ist  d e r  Blues- und- Rock`n- Roll-Star des Abends. Mit grell akzentuierten Kehllauten und durchaus nicht übertriebener, aber stimmiger Beweglichkeit brachte sie die Bühne und das Publikum erstmals zu Begeisterungschreien. Die Blues Brothers selbst müssen indes in den nächsten Vorstellungen noch zu kompakterer Form auflaufen. Dennoch ist Philipp Adam in seiner Korpulenz als der aktivere Jake schon ein perpetuum mobile und Marvin Thiede als sein langer Elwood-Bruder sein zeitverzögerter Gegenpol. In der Premiere spielte Letzterer die Rolle, wurde aber wegen Erkältung in den Gesangsparts aus dem Off von László Varga gedoobelt. Der hätte mit seiner satten „Elvis“-Stimme durchaus noch kräftiger zulangen können; ihm fehlte vermutlich die körperliche Stimulanz durch das Spiel.

bb4 (Andere)


Fürs Publikum war das aber dadurch ein geretteter Abend bei bestem Wetter. Im zweiten Teil ging’s dann musikalisch und in Show-acts zur Sache. Zentraler Mittelpunkt - die Live-Band unter Leitung von und am Keyboard: Markus Teichler. Klasse-Musiker allesamt: Hubertus Böhm, Trompete, Ronny Wiese, Saxophon, Uwe Stiegler, Posaune, Stefan Groß, Gitarre, Benjamin Richter, Bass, und Drummer Sven Lerchenberger sowie alternierende Zweitbesetzungen. Deren Dynamik und Improvisations-Freude war die Basis des Abends. Stimmlich Adäquates gelang den Backings mit Bridgette Brothers, Marie-Louise von Gottberg mit ihrer Reibeisenstimme, Christine Zart mit ihrem Drive und Maurice Daniel Ernst ebenfalls hervorragend im zweiten Teil.

bb1 (Andere)Das Extraballett in der einfallsreichen Choreographie von Kirsten Hocke hörte wirklich auf die Musik und beförderte die Wirkung der Tanznummern mit Synchronität und Einsatz v.a. bei den Rock´n Roll-Figuren. Den Vogel schoss dabei Moritz Häußler mit seiner Bein-Artistik ab. Dem Dirigat durch Peggy Einfeldt kam dabei zupackende Koordinierung zu. Und die Kleindarsteller waren dabei gar nicht klein, sondern von der Regie gut eingepasste Charaktere. Das alles bewegte sich in einem durch schnellen Wandlungen unterzogenem Grundmodell der Bühne vom Waisenhaus über Kleinetablissements bis zum Showroom (Ausstattung: Tilo Staudte). Nach dem jubelnden Abschlussapplaus, -die Darsteller schon am Waldreturn zur letzten Nummer. Die 80er Jahre waren in Armen und Beinen. Die Zuschauer hatten dabei vielleicht eine Ahnung, warum im Sommer der Vorstellungsbeginn um 21 Uhr in der Kühle der wunderbar ausgeleuchteten Felsenbühne Sinn machte.

Eveline Figura

Weitere Vorstellungen:
10.8.,21 Uhr; 17./23./31.8., 20 Uhr; Tel.: 03733-1407-131;
service@winterstein-theater.de