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Oktober 2019


Im Heute angekommen?

Die römisch katholische Kirche in Annaberg-Buchholz begeht ihr 175. Kirchweihjubiläum mit Festgottesdiensten, Ausstellung und Kulturveranstaltungen. Längst selbstverständlich werden solche Feste auch in der evangelischen St. Annenkirche, gerade mit zum UNESCO-Welterbe gekürt, in ökumenischen Gottesdiensten gemeinsam begangen. Wie nahe und wie fern stehen sich die christlichen Schwestern und Brüder heute wirklich?

Selbstverständlich waren alle Christen, anders- und nichtgläubige Bürger eingeladen worden als St. Annen im Juli 2019 das 500-jährige Kirchweihjubiläum beging, das dereinst der Meissner Bischof Johann von Schleinitz (sein Wappen ist zweimal im Schlingrippengewölbe der Annenkirche vertreten!) im Angesicht des Annaberger Stadtgründers, Georg des Bärtigen, zelebrierte.

stannenkath (Andere)


Die Geistlichen der seit 1539 evangelisch-lutherischen St. Annenkirche und der Pfarrer der römisch-katholischen Gemeinde begingen diese große Jubiläum im Bewusstsein der damaligen katholischen Kirchweihe gemeinsam und auch mit der Freude darüber, dass damals diesem herrlichen Gotteshaus Bilderstürmerei erspart geblieben war. Bis heute erstrahlt der Bau fast in seiner ursprünglichen Raumausstattung, ergänzt durch die „Schöne Tür“ aus dem 1640 aufgelösten Franziskanerkloster und später durch die herrlichen farbigen Kirchenfenster. Der heutige römisch-katholische Seelsorger, Pfarrer Schumann, ließ es sich denn auch nicht nehmen, auf diese wichtigen Gründungssituation zu verweisen und sich mit einem Schmunzeln quasi als Mit-Hausherr zu fühlen.

Erst 1844 wurde dann die staatliche Genehmigung erteilt und vermutlich auch durch die starke evangelische Gemeinde abgenickt, eine römisch-katholische Kirche im bescheideneren klassizistischen Stil, oberhalb ! der mächtigen St. Annenkirche zu bauen. Danach wurde aber immer noch verweigert, Heiligenfiguren in die neben der Tür eingelassen Nischen zu stellen.

Die Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts hatte dann mehr  Menschen, auch katholische Christen, in unsere Stadt gebracht, so dass eine eigene Andachtsstätte nötig wurde. Die Bedeutung der bescheidenen  Kirche wird nicht zuletzt jedoch durch das Altarbild des Dresdner Hofmalers Carl Vogel von Vogelstein unterstrichen, das den Hl. Joseph von Calasanza inmitten von unschuldigen Kindern zeigt.

Das Dresdner Herrscherhaus war unter August dem Starken wegen seiner Ansprüche auf den polnischen Thron zum katholischen Glauben zurück gekehrt und dem Kirchenneubau in Annaberg sicher förderlich. Überhaupt sind Kirchenbauten damals wie heute immer Ausdruck bestimmter sozialer Bedingungen, die letztendlich zur Befriedung beigetragen haben. Der heute auch von  sehr konservativ Denkenden hochverehrte Friedrich II., genannt der Große, hat vor 300 Jahren schon gewusst, dass er nützlichen Einwanderern in sein untervölkertes Reich sogar „Moscheen bauen wolle“!

Kaum ist im Volke jedoch bekannt, wo die wenigen verbliebenen Katholiken zwischen 1539 und 1844 in Annaberg und Umgebung ihre Messen und Gottesdienste ausüben konnten. Auf der homepage der Gemeinde ist zu lesen, dass die Betreuung von Chemnitz und Zwickau aus erfolgte. Aber das macht ja noch keine Gemeinschaft, zumal die Mobilität damals keineswegs so einfach war wie heute. Sicher gab es Andachtsräume, private Kapellen wie später zusätzlich im St. Annenheim.

kathkirche (Andere)


Die Mittel zum Bau der Kirche wurden einst testamentarisch vom Meissnerischen Domdekan und Titularbischof von Pellen bereit gestellt. Die Weihe 1844 erfolgte durch Bischof Franz L. Mauermann auf das Heilige Kreuz und die Gottesmutter Maria. Mehr ging nicht!

Anlässe für gemeinsames Feiern und die Berufung auf die Gemeinsamkeiten im Evangelium, der meisten lithurgischen Abläufe und Kirchenlieder gibt es heute und gerne wird von den Gemeinden davon Gebrauch gemacht. So gibt es auch keine Schwellenängste mehr, wenn mit überragenden Musikerlebnissen wie dem Gastspiel der „Prinzen“, der beeindruckenden “Elias-Aufführung“ durch die Crimmitschauer-, die  Annaberger Kantorei und der Erzgebirgs Philharmonie Aue oder der Dresdener Kapellknaben der Jubiläen gehuldigt wird.

Aber wie steht es heute wirklich mit dem Gemeinleben der „Bruder“-Kirchen? Gibt es offene Gespräche über Sorgen der Gemeindemitglieder?

Gerade müht sich die katholische Bischofskonferenz unter Reinhard Kardinal Marx, um mehr demokratische Mitbestimmung zuzulassen und dabei die konservative Kurie im Vatikan zu besänftigen; -eine Gratwanderung. Der Basis in der katholischen Kirche geht es um nichts weniger als die Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland endlich Geltung zu verschaffen:
Das sind vor allem:

 - Geltung von Recht und Ahndung von Unrecht im gegenseitigen Umgang auch in der
   Kirchgemeinde;
- Gleichberechtigung von Frauen in der kirchlichen Arbeit und im Priesteramt;
- Gleichberechtigung von geschiedenen Lebenspartnern in der Gewährung der Sakramente;
- Gleichberechtigung von gleich- und andersgeschlechtlichen Partnern in Lithurgie und Sakramenten;
- Freiwilligkeit des Zölibats für katholische Priester u.a.

Der üblich gewordene außerordentlich entspannte Umgang der Menschen und die Freundlichkeit der Würdenträger untereinander dürfen nicht über die vielen Baustellen der Kirchen hinwegtäuschen. Die Not von verheimlichten Priesterkindern, die eigentlich heimlichen Segnungen, verschwiegene Übergriffe auf Schutzbefohlene, erzwungene Scheinheiligkeiten sind bis heute nicht nur Angriffe auf den Rechtsstaat, den wir endlich haben, sondern treffen mitten ins Herz des Glaubens und des Evangeliums. Nicht wenige Katholiken sind wegen eifernder Priester nicht mehr in die Kirche gegangen oder wurden vor noch nicht allzu langer Zeit gar verflucht, weil sie ihren Kindern eigene Entscheidungen im Leben gestatteten.

Zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls am 9. November p.a. wird wieder auf die wichtige Rolle der damals offenen Gotteshäuser für den freiheitlichen Wandel zu Recht verwiesen werden. Verbinden wir unsere Glückwünsche zum 175. Kirchweihjubiläum mit der lauten Hoffnung, dass man sich den offenen Problemen nun auch in den katholischen Gemeinden  stellen möge.

Eveline Schicker-Figura

Info: Katholische Pfarrei, Mariengasse 11, 09456 Annaberg-Buchholz, Tel.: 03733/23547
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Nächste Veranstaltungen:

Sonntag, der 6.10.2019: Ökumenischer Festgottesdienst zum 175. Kirchweihjubiläum Pfarrkirche Heilig Kreuz Annaberg-Buchholz in der St. Annenkirche

Donnerstag, der 31.10.2019, 16 Uhr: Konzert der Dresdener Kapellknaben (Knabenchor der Dresdener katholischen Hofkirche) anlässlich des 175. Kirchweihfestes der Pfarrei Hl. Kreuz in der St. Annenkirche

Abb.: Kath. Pfarrei