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Gegründet 1807
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November 2020
Erzgebirge - Ein Risiko?
Nu, hammers geschafft: Wir sind nicht nur Welterbe, sondern auch Corona-Zentrum. Woran mag´s denn liegen, dass die Ansteckungsrate im Spätsommer/Herbst 2020 so in die Höhe schnellte im Erzgebirgskreis?
Annaberg, Rathausplatz, zu Coronazeiten so “belebt” wie immer. Virologisch zumindest vorbildlich. Fotos: Eveline Figura.
Bis zum Sommer waren wir eher unterbelichtet. Soll heißen: In einer komfortablen Situation von einstelligen Ansteckungszahlen mit Covid-19. Ausnahmen bildeten einige Stationen in Altenheimen wie in Zwönitz, wo infizierte Pfleger und sehr alte, pflegebedürftige Bewohner Schlagzeilen machten. Todeszahlen schockierten. Was waren nun Ursachen dafür? Urlaubsreisen von Mitarbeitern, zu viele Besucher und zu viele Ärzte von außen? Man weiß es nicht genau und wenigstens wurden Konsequenzen gezogen und Kontaktsperren ausgesprochen, die weder den zu Besuchenden noch Besuchern wohl taten, aber vielleicht deren Leben retteten.
Durch die lange geringen Infektionszahlen machte sich aber eine Lethargie breit. Es sei ja nicht so schlimm, alles sei durch die Medien multipliziert, die Regierung mache sich wichtig, schränke sogar die verbrieften Freiheitsrechte ein. Sogar von Diktatur ist die Rede und auf dem montäglichen Annaberger Markt sah man dicht bei dicht Demonstranten mit markigen Redner aufscheinen, die alles besser wissen und tatsächlich demonstrativ und provokativ ohne Masken auftraten. Ja, und wo sind denn nun die Ursachen für die gegnwärtig hoch katapultierten Zahlen im Erzgebirgskreis?
Die offenen Grenzen nach Tschechien alleine können´s nicht sein,- gut belüftet wie sie sind. In den Restaurants wurden Hygienregeln eingehalten, das Personal trug Masken. Brachten die Reisewütigen aus dem Sommer Viren mit, gaben die Regel-Unwilligen mit ihren offenen Umarmungen nicht nur ihre Weltanschauung weiter, sondern auch die Viehcher?! Hutzenohmde wurden noch nicht veranstaltet, außer in den Gärten; aber selbst die Weinfeste waren auf Abstand, meistens jedenfalls. Das Theater belüftet die Säle, was höchstens zu Unterkühlungen führte und die Greifensteinsaison bei herrlichem Wetter fand im Freien statt.
Dass wir Erzgebirger sogenannte „Sperrguschen“ sind, ist bekannt, aber nun müssen wir ernsthaft in uns gehen, wenn Weihnachten nicht jeder für sich, allein-, zu Hause sitzen will, die Kirchen schließen müssen und wenn Weihnachtsfeiern, wenn schon, höchst reduziert stattfinden sollen. Weihnachtsmarkt und Bergparade heuer abgesagt in Annaberg und seit dem 4.11.20 soll auch im weitläufigeren Leipzig der Weihnachtsmarkt gestrichen sein.
Vier Wochen 2. Lockdown-light wurde jetzt von der Regierung verhängt und im Parlament/en diskutiert. Werden wir´s aushalten können, nur Spaziergänge im schönen Wald oder durch Schrebergärtensiedlungen, die geradezu boomen?! Was bleibt uns übrig? Wir Deutschen sind trotz großzügigen Finanzhilfen und noch beherrschbaren Krankenzahlen geradezu zu einer Jammernation verkommen. Dreiviertel der Bürger stehen zu den verhängten Maßnahmen, aber die Skeptiker schreien so laut, dass man nur sie zu hören scheint. Demos laufen durch die Städte und bilden neue Ansteckungsorte.
Blick in die Geschichte und Aufklärung tut Not
Wie gut, dass auch bei solchen Naturkatastrophen wie diese Pandemie einem das Geschichtsbewusstsein weiter hilft. Auch denen, die sonst nur Computer-Spiele spielen oder Angst im Netz verbreiten, sei gesagt: Schaut mal unter dem Stichwort „Spanische Grippe“ nach dem Ersten Weltkrieg. An dieser Pandemie starben mehr Menschen als im eigentlichen Kriegsgeschehen 1914-18. Warnungen gab es kaum, war die mediale Welt ja noch nicht entwickelt. Und stand´s in der Zeitung war die Katastrophe schon da. Dazu kam das durch den Krieg total überlastete Gesundheitssystem - auf dem damaligem viel niedrigerem Kenntnisstand!
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Oder wie viele Menschen starben an Seuchen im und nach dem 2. Weltkrieg? Tuberkulose war eine Volkskrankheit, die wie das unvermeidliche Schicksal angenommen werden musste. Die Impfungen brachten schließlich Hilfe bei Kinderlähmung, Pocken, Diphtherie. Diese Krankheiten und die Ängste darum verschwanden sogar.
Und nun gibt es „Impfgegner“ gegen Masernimpfung. Eine Ungeheuerlichkeit unter der missbrauchten Fahne der Freiheit. Sie stören, ja gefährden die Freiheit der Unversehrtheit von Gesundheit und Wohlergehen! Alte Krankheiten kehren zurück und treffen heute gottseidank auf Antibiothika bei den Ärzten. Die Aufklärung in den Schulen muss verstärkt werden. Gesundheitsbewusstsein genauso wie das Lernen über gesunde Ernährung oder/und das Krebsgeschwür im Sozialen: Rassismus, Antisemitismus oder Intoleranz. Auch hier geht’s nicht ohne Geschichtsbewusstsein: Verbrechen der Vergangenheit waren massenhaft nur möglich mit frechen Lügen, die auf die Unwissenheit des Volkes trafen!
Viel wird jetzt über die „wirtschaftlichen Folgen“ der Pandemie gesprochen. Im Stadtsäckel, auch der Erzgebirgsgemeinden, von Annaberg, werden wichtig Gewerbeeinnahmen wegbrechen. Hoffen wir, dass nicht wieder zuerst an der Kultur gespart wird, z.B. an der Kostenbeteiligung der Stadt fürs Theater, denn auch hier wird iunterhaltend aufgeklärt! Und die Freude am Wort dabei, Genuss von Musik, am Gemeinschaftserlebnis ist wichtig für die seelische Gesundheit. Wer das nicht kennt, genießen gelernt hat, schaut häufig nur noch ins Glas oder betäubt sich schließlich mit Gras und Schlimmerem.
„Kultur ist nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts!“ Wer das gesagt hat, wusste wovon er sprach: Karl Valentin, ein Genie des Volkshumors, der Resonierer über den ganz normalen Wahnsinn des einfachen Mannes. Sein „Blödsinnreden“ offenbarte Wahrheit. Er starb an seinen ungeheizten Garderoben im kalten Winter 1948, an einer Lungenentzündung. Aber Auftritte - trotz alledem!
Eveline Figura
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