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Gegründet 1807
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Februar 2020
Prächtige Musik - lustvoll gespielt
Im traurigen Monat Februar, im gottverlassenen Aue, versöhnte „Klassik am Nachmittag“ die Menschen mit ihrer manchmal ziemlich tristen Welt. Vier Komponisten aus dem Barock und der Wiener Klassik, - vor, neben und nach Mozart -, ließ das Kammerochester der Erzgebirgs Philharmonie Aue unter ihrem ersten Kapellmeister Dieter Klug im Kulturhaus Aue erblühen.
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Zu Unrecht vergessenen Werke großer Komponisten der damaligen vielen Fürstenhöfe -zwischen Mannheim und Wien- wurden aus der Versenkung geholt und mit Verve gespielt; welch ein Reichtum an Können und Genuss lauert wohl noch im Verborgenen?!
Weiß Gott!, im Februar, bei Sturmwarnung, einer trostlos verlassenen Auer Innenstadt (nicht ein Café war um 14 Uhr geöffnet), abendlicher Premiere im Annaberger Theater und nicht einem plakatierten Hinweis zum 15 Uhr-Konzert oder dem Programm des Kulturhauses, welches vom geschlossenen Rathaus verstellt ist. Im seinem Charme der 70er Jahre war das Kulturhaus jedoch sehr gut gefüllt. Hier gab´s dann auch den Kaffee oder das Glas Sekt, was zum Konzertbesuch gehört und Gespräche zwischen Menschen befördert, die sich meist nur hier immer wieder begegnen. Sie bekamen Musik zu hören, die heute allen zugänglich ist, früher nur der Hofgesellschaft oder den Ausführenden bekannt und zum Genuss gereichte.
Aber diese Musik ist eben nicht alltäglich zugängig, weil so viel komponiert wurde, ebenso viel vergessen, abgelegt oder von den Giganten wie Haydn, Mozart, und gerade- Beethoven- überlagert wurde. Dieter Klug, der Dirigent des Nachmittags, ließ die Besucher durch eine sehr informative Moderation an der Hebung aus dem Internet, Werk-Entstehung und biografischen Werdegang der Komponisten Teil haben. Seine eigenen Begeisterung konnte man nachvollziehen und dann an der sehr gut studierten Klangentfaltung des Orchesters auch hören.
Zunächst begannen 17 Musiker, Streicher und Cembalo, die Sinfonie in B von Franz Xaver Richter (1709-1789, Abb. rechts) zu spielen. Der Komponist -auch Frantisek X. Richter- aus Mähren, war Sänger, Hofkompositeur und schließlich in Straßburg tätig. Er gilt als ein wichtiger Vertreter der Mannheimer Schule wie die anderen Komponisten des Nachtmittags auch. Die Klänge verraten es, -kein Wunder das Mozart einst so lange dort verweilte und : -nicht Kapellmeister wurde. Selbstbewusst aufspielende Streicher, voran die 1. Geigerin mit kraftvollen Solopassagen, -von dort aus wurde ja früher das Orchester geleitet ! Auf- und gegenläufige Elemente, polyphone Spannungsbögen, anspruchsvolle Tempi und Vielfalt im Ausdruck. Am Mannheimer Hof lag die Schmiede der modernen Sinfonie. Man konnte deren Entwicklung im Konzert ein Stück weit mitverfolgen.
Johann Stamitz, tschechisch: Jan Stamic (1717-1757, Bild rechts) aus Böhmen, war ab 1750 in Mannheim Hofinstrumentaldirektor. Zu seiner Sinfonie in Es mit bereits 4 Sätzen gesellten sich zu den Streichern, Oboen und Hörner. Opulenz im Klang, wechselnde Begleitfunktionen, souveräne Motivverarbeitung. Sein junges Schaffen war reich gesegnet. Spätestens beim dritten Komponisten ging die feine Dramaturgie des Konzertes auf. Michael Haydn (1737-1806, Bruder des großen Josephs und des ebenfalls bekannten Johann Evangelist Haydn, war nun wie o.g. Richter ein echter Zeitgenosse Mozarts im doppelten Sinne.
Sowohl seiner von diesem geschätzer reichen Werke wegen und wegen dessen Aufenthalt und schließlich Bleiben am fürsterzbischhöflichen Hof in Salzburg bis zum Tode. Beigesetzt auf dem dortigen Petersfriedhof in der Nähe von Mozarts Schwester Nannerl und Leopold Mozart. Während das Mozart-Genie sich von Coloredos Schuhriegelei befreite, wirkte Michael Haydn mit einem höchsten Qualitätsanspruch auch in die Kirchenmusik mit unzähligen Messen und Deutsche Hochämtern hinein. Wenige wissen, dass Salzburg damals nicht zum Österreichischen Herrschaftsgebiet, sondern genau genommen zu München-Freysing gehörte, und es nicht falsch ist, Mozart deshalb auch als Deutschen zu bezeichnen
Haydns Sinfonie 32 in D erklang als zweisätzige und zeigte doch Glanz und Einfallsreichtum. Trompeten, Fagott und Flöte kam dazu und im Presto zwitscherte und tirilierte die Natur recht künstlerisch ihr Lied. Ganz ohne Zweifel war dann Ignaz Pleyels (1757-1831, Bild rechts) Sinfonie in C, op. 66B154, auch der Höhepunkt des Nachmittags. Seine viersätzige Sinfonie ist in der Mode der Zeit kompakt und zu den späteren, romantischen Werken dieser Art relativ kurz. Die Konvention der Höfe forderte im „11. Gebot“: Du sollst Dein Publikum nicht langweilen und das Essen wird kalt! Pleyel war nicht nur exzellenter Tonsetzer und hatte die Zeitgenossen und Vorgänger gründlich gekannt, sondern auch ein umtriebiger Geschäftsmann und Konzertgestalter, der schließlich in Paris starb. Der Sale Pleyel ist bis heute einer der bekannten und schönsten Spielstätten dort, daneben hatte er eine Klavierfabrik und einen Musikverlag gegründet, um Urheberrecht durchzusetzen.
Einst von reichem ungarischen Mäzen, dem Grafen Erdödy gefördert wie Joseph Haydn von den Eszterházys, hatte er sich zum Kreis der Wiener Klassik emanzipiert. Sein Musik ward geschätzt von Wien, London bis Paris und Berlin. Grandiose Auftaktakkorde, theatralische Klangentfaltung, vielseitige solistische Meisterschaft wie z.B. die der Flöte, tänzerische Leichtigkeit, verarbeitete Volksmusik wie der des Ländlers sind auch Ausdruck eines souveränen bürgerlichen Selbstbewusstseins. Die Musiker unter Dieter Klugs sorgsamen Dirigat waren mit Überzeugung und künstlerischem Einsatz bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe zur Freude des begeisterten Publikums.
Schade, dass die seit 14 Jahren dreimal pro Spielzeit laufende Reihe „Klassik am Nachmittag“ nicht auch im Annaberg-Buchholz zu hören ist. Dort gäbe es dann auch das eine oder andere Café davor und danach.
Eveline Figura
Nächstes, VI. Philharmonische Konzert: 22.2., 19.30 Uhr in Aue, 24.2., 19.30 Uhr in Annaberg-B. „Kino für die Ohren, Filmusikklassiker“ mit Werken von Elgar, Korngold, Mahler, Mozart, Brahms, Morricone, Rimskij-Korsakow u.a. Am Pult der Erzgebirgischen Phiharmonie Aue: GMD Naoshi Takahashi, Solistin: Lucie Bartholomäi, Violine
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