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November 2022



Freiberg: Mit psychiatrischer Hilfe

„Die Lustigen Weiber von Windsor“ in der Nervenklinik.

Eine solche möchte Sergio Raonic Lukovic in seiner ersten Inszenierung als Intendant des Mittelsächsischen Theaters mit Otto Nicolais komisch-phantastischer Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ seinem Publikum geben. Da wird über Eifersucht, Emanzipation, Selbstbewusstsein sowie Umgang mit Niederlagen nachgedacht. Dies ist nicht immer schlüssig und somit streitbar.  Der große Schlussbeifall galt so in erster Linie der Mittelsächsischen Philharmonie unter Attilio Tomasello, den Hauptprotagonisten und natürlich den Mitgliedern der Bürgerchöre aus Döbeln und Freiberg.

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Frank Bless als Sir Falstaff. Fotos: © Janine Haupt

Ein erstes szenisches Problem ergibt sich bei der Ouvertüre. Die Projektion zum gehörnten Falstaff hätte auch auf sem Bühnenvorhang ihren Platz gefunden. So wird der knarrende „Eiserne“ bemüht. Ein Glück, dass die Mittelsächsische Philharmonie mit ihrem wunderbaren Ausbalancieren der Farben von Nicolais Musik dies wieder ausgleicht. Warum während derselben Falstaff überwiegend zum Stillstehen verdammt ist und andere Akteure schwer erklärbar agieren, ist ebenfalls rätselhaft.

Stephan Prattes hat die Bühne zur psychiatrischen Klinik mit riesigen sterilen Tüchern verwandelt. Eine wahre Materialschlacht! Dies wird auf Dauer ermüdend und löst sich erst zum Mondchor wohltuend auf. In besagter Klinik wirkt Junker Spärlich, der so den Doktortitel erwirbt. Dies bringt auch aktuelle Bezüge zur Geltung. Frank Unger reizt dabei seine Professionalität voll aus uns gibt seinem „Affen“ Zucker.

In der berühmten Trinkszene „Als Büblein…“ kommen – wohl einmalig – keine Kanne bzw. diverse Trinkgefäße zum Einsatz. So kann man sich voll auf den variablen, profunden Bass des Frank Blees konzentrieren. Die szenisch ab und an dienlichen Gräben im Bühnenbild bremsen leider gelegentlich den Spielfluss des Urkomödianten Blees.

Gut gelungen und somit fast zu einem Ruhepool der Inszenierung werdend kommt der Dialog und das Duett „Wie freu ich mich…“ zwischen Falstaff und Herrn Fluth daher. Erfreulich dabei auch der klangschöne, kräftige Bariton von Beomseok Choi.

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Das einzige echte Liebespaar der Handlung – Anna und Fenton – zeigt Liebendes kaum, ist auch rein figürlich benachteiligt. Warum muß Fenton über die Bühne „tapsen“, seine Schuhe ausziehen, die Schnürsenkel Annas lösen. Zudem reagiert Anna kaum begeistert, als Ihr Geliebter sein Hemd „lüftet“. Viel an lyrischem Schmelz verströmen weder Kirsten Scott noch Inkyo Park. Der noch junge Tenor hat zweifellos gute Stimmgrundlagen, die er aber noch unsicher einsetzt.

Sei`s drum, die Symphatie des Publikums ist ihnen sicher. Alle anderen Akteure bringen sich rollengerecht ein. Rein musikalisch betrachtet werden sowohl Lindsay Funchal (auch szenisch als Frau Fluth!), Frank Blees und Beomseok Choi dem gewohnten guten Niveau des Mittelsächsischen Theaters gerecht.

Wie bereits erwähnt, ändert die Waldszene samt Mondchor das Geschehen und wird zum Höhepunkt der Inszenierung. Dies beginnt mit dem Hereintragen der leuchtenden Mondkugel und dem Wirken weiterer Lichteffekte im Design von Anja Sekulic.

Richtungsweisend und genial, dass Lukovic – wohl erstmalig – den Stadtsingechor Döbeln und den Stadtchor Freiberg ins Bühnengeschehen einbezieht.

So werden die wahren Bürger Mittelsachsens zu Bürgern des englischen Windsor!

Frieder Krause

Weitere Vorstellungen 2022:
Mi., 16.11., 19.00 Uhr, Theater Freiberg
Sa., 26.11., 19.30 Uhr, Theater Döbeln
Fr., 09.12., 19.30 Uhr, Theater Freiberg
Mo., 26.12., 19.00 Uhr, Thester Döbeln
Mi., 28.12., 19.30 Uhr, Theater Freiberg

Mittelsächsisches Theater