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Februar 2023



Kabale und Liebe - Am Theater Annaberg

Große Schauspielkunst bekommt man derzeit am Eduard-von-Winterstein-Theater in Annaberg-Buchholz geboten. In Schillers "Kabale und Liebe" bleibt Raum für die Vorstellungskraft des Zuschauers.

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Lady Milford (Gisa Kümmerling) erfährt von den verkauften Soldaten. Fotos: Dirk Rückschloß / Pixore Photography

Wann ist eine Schauspielaufführung eigentlich gelungen? Für mich persönlich, wenn ich zwanzig Minuten nach Beginn die Altertümlichkeit der Sprache nicht mehr bemerke. Wenn ich mir problemlos vorstellen kann, mit Luise und Ferdinand zwei heutige, schwer verliebte Jugendliche vor mit zu haben.

So erlebte ich auch die Premiere von Kabale und Liebe im Februar 2023 in Annaberg-Buchholz. Mit Nadja Schimonsky als Luise und Benedict Friederich als Ferdinand sah ich zwei beeindruckenden, absolut gleichwertigen Darstellern zu und war angetan. Die guten Eindrücke setzten sich dann reichlich fort. Vladislav Weis gab einen nosferatuhaften, stets  berechnenden, beherrschten und - lächelnden Wurm. Bei jedem Wort von diesem überlief es einem kalt.

Marie-Louise von Gottberg als Vater Miller und war ganz Realist und Vernunft. Das der Vater von einer Frau gespielt wurde, fiel nicht ins Gewicht. Im Laufe des Abends übersah man es ganz. Die Rolle der Mutter ist klein und undankbar, aber Anna Bittner vermochte glaubhaft die Rolle als naiv-dumme, und trotzdem liebende Person greifbar zu gestalten. Die Lady Milford wurde von Gisa Kümmerling facettenreich und wandelbar gespielt.

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Wurm (Vladislav Weis, oben) und Präsident Walter (Daniel Minetti).

Daniel Minetti war im Vorfeld groß angekündigt worden. Und ja, sein Spiel ist äußerst beeindruckend, von starker Präsenz und reicher Erfahrung geprägt. Sein Präsident ist so selbstverständlich überheblich und so überzeugt davon, dass Regeln und Gesetze nicht für ihn gelten – es graust einem beim Zuschauen. Das Grauen wächst dann noch beträchtlich, wenn man sich daran erinnert, dass es Zeiten gab, in denen eben nicht alle Personen vor dem Gesetz gleich waren.

Das erstaunlichste an der Aufführung war, dass hier wirklich sieben Schauspieler gleichwertig auf einem durchgängig hohen Niveau agierten. Das erlebt man selten. Oft freut man sich schon, wenn pro Abend ein oder zwei Darsteller zu solcher Höhe finden. Hier waren es sieben und keiner wollte hinter dem andern zurück stehen. Eine solche Aufführung ist ein Geschenk und kleine Probleme, etwa vereinzelt mit der Aussprache, fallen bei dieser Gesamtleistung überhaupt nicht ins Gewicht.

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Luise (Nadja Schimonsky) und Ferdinand (Benedict Friederich).

Ein großes Lob geht auch an das Inszenierungsteam mit dem Regisseur Jan Holtappels, der Ausstatterin Linda Hofmann und der Dramaturgin Silvia Giese. Laut Pressematerial ist Herr Holtappels gelernter Tierpfleger und studierter Schauspieler. Man kann nur hoffen, dass er nicht erneut in einen völlig anderen Beruf wechselt, denn dann ginge dem Theater etwas verloren. Es ist wahrhaftig nicht jeder Regisseur in der Lage, die Schauspieler zu solch einer Leistung zu bringen und beim Publikum den Eindruck zu hinterlassen, das Stück sei erst kürzlich geschrieben worden.

In seiner Arbeit ist kein Tasten und Suchen. Eine Lichteinstellung oder eine Toneinspielung und der Rahmen für Szene und Aussage ist gesetzt. Man erkennt klare und sehr durchdachte Vorstellungen, welche den Kern des Werkes hervorheben und die Genialität eines Herrn Schiller bewusst machen. Bühnenbild und Kostüme (Linda Hofmann) deuten die Entstehungszeit des Werkes an, lassen aber viel Raum für die Vorstellungskraft des Zuschauers und sind damit ebenfalls sehr gelungen.

Es war eine grandiose Premiere und ich habe mich gefreut, dabei sein zu dürfen. Daher ist dies der seltene Fall einer wirklich vorbehaltslosen Besuchsempfehlung.

Eva Blaschke

https://www.winterstein-theater.de/

Weitere Vorstellungen 2022/23
So 26.02.2319.30 Uhr
So 05.03.2315.00 Uhr
Fr 10.03.2319.30 Uhr
So 12.03.2319.30 Uhr
Mo 13.03.2310.00 Uhr
Sa 25.03.2319.30 Uhr
Fr 21.04.2310.30 Uhr