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Gegründet 1807
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März 2023
Ende einer Ära - Annabergs Kantor Matthias Süß geht
Der langjährige Kantor von St. Annen und Kirchenmusikdirektor des Kirchenbezirks Annaberg-Buchholz, Matthias Süß, verlässt Ende März Orgelbank und Dirigentenstab. Er hat Spuren hinterlassen.
 19 Jahre hat der 1957 in Aue geborene Matthias Süß seinen Platz als Organist, als Chorleiter der Kantorei und des Jugendchores, der Kurrende und des Collegium musicums vorbildlich, mit Akribie, unbequem in manchen Forderungen und stets mit hörbarer Freude in Szene gesetzt. Am 31. März 2023 endet nun sein der Musik gewidmetes Arbeitsleben. Das der Musik mit Sicherheit nicht.
Schon die einfache Aufzählung der unter seinen Händen wirkenden Sängern und Musikern zeugt vom qualitativen und quantitativen Maß an Arbeit, Vorbereitung, Programmgestaltung und Aufführungspraxis, dabei noch gar nicht erwähnt die vielen Gastorchester, wie am meisten die Erzgebirgische Philharmonie Aue, die bei großen Oratorien oft mitwirkte. Von administrativen Aufgaben als „KMD“ ganz zu schweigen. Dazu finden die meisten Veranstaltungen, Gottesdienste, Feste naturgemäß an Wochenenden, zu Feiertagen statt.
Kantor Matthias Süß an der Orgel der St. Annenkirche. Foto: Rolf Rehm
Wenn andere feiern und genießen, muss ein Kantor, was soviel wie „Vorsänger“ bedeutet, auch stets vorn stehen und arbeiten. Im evangelischen Glauben ist das der vorgezeichnete Weg ins Himmelreich, im humanistischen Verständnis, das Glück auf Erden. Matthias Süß, Sohn aus einem methodistischen Pfarrhaus, beschritt den klassischen Weg früh geförderter Bürgerkinder und begann mit Singen in Familie und Gemeinde, mit Sieben am Klavier. Von 1967 bis 1975 war er Mitglied im Dresdner Kreuzchor unter Rudolf Mauersberger und Martin Flämig. Für einen Zehnjährigen ein Traumstart mit harten Bandagen: Schule, Proben, Auftritte und ein Leben im Internat.
In der reichen Kirchenmusiktradition Sachsens und des Erzgebirges (Rudolf und Erhard Mauersberger, seines Zeichens Thomaskantor in Leipzig, stammten aus Mauersberg, nahe bei Annaberg.) konnte die Leidenschaft zur Musik und in diesem Falle zur Kirchenmusik gedeihen. Besonders Rudolf Mauersberger, der auch komponierte, sagte man Strenge in seiner Liebe zu „seinen Jungs“ nach. Bei Prof. Herbert Collum nahm er Orgelunterricht und studierte bis 1981 in Leipzig Kirchenmusik, sozusagen in der Aura Johann Sebastian Bachs. Alles Persönlichkeiten, die bis heute im Bewusstsein nachklingen.
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Kantor Matthias Süß hinterlässt musikalische Spuren. Foto: Rolf Rehm
Süß´ erste Kantorenstelle war in Chemnitz, aber darüber hinaus gastierte er in vielen Gotteshäusern auch mit Solokonzerten, an die man sich gerne erinnert. Die Berufung nach Annaberg erfolgt schließlich 2004 nach überzeugendem Vorspiel aus 17 weiteren Kandidaten. Es folgte eine nun lange Zeit des Reifens in der Hauptstadt des Erzgebirges mit seiner reichen bergmännischen und festlichen Traditionen. Eigentlich ein Ort sich heimisch zu fühlen und angekommen zu sein mit Versper-Orgel-Konzerten am Samstag, die Reihen von Sommerkonzerten mit Gästen und stimmungsgetragenen Adventsmusiken. Um die mit langwierigen Proben verbundenen großen Oratorien errang sich Kantor Süß Meriten.
In besonderer Erinnerung blieben solche wie das Requiem von Mozart, die Johannes- und Matthäus-Passionen von Johann Sebastian Bach, natürlich in Kontinuität dessen Weihnachtsoratorium, der Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy u.a., zuletzt noch Brahms´ Deutsches Requiem als Friedensbotschaft anlässlich des in Europa brennenden Krieges. Allesamt Höhepunkte im reichen Kulturleben der Stadt und in der einmalig schönen spätgotischen Hallenkirche St. Annen, nunmehr Weltkulturerbe der Montanregion Erzgebirge.
In den wöchentlichen Gottediensten, bei Trauungen und auch Beerdigungen wurde ausgesuchtes Programm gegeben und an der Orgel als Begleitinstrument zum Gesang der Gemeinde unterstrichen Vorspiele und Abklänge das verkündete Wort , frei nach Luther: Das Wort trifft den Geist und die Musik geht ins Herz. Als Orgelsolist in Konzerten, aber auch in Finals von Festgottesdiensten ging der eher verhalten agierende Matthias Süß an der in seiner Zeit aufwendig restaurierten Walcker-Orgel temperamentvoll aus sich heraus und lotete Instrumenten- und Raumklang zur Gestaltung aus.
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Konzert in der Annaberger St. Annenkirche unter Leitung von Matthias Süß. Foto: Rolf Rehm
Bachs barocke Meisterwerke, seine Toccaten, englische und französische Romantik, aber auch moderne Kompositionen begeisterten Gemeinde wie Publikum. In Rundfunk-und Fernsehübertragungen sowie in bemerkenswerten CD-Einspielungen wurde Kantor und Kantorei über das Erzgebirge hinaus gehört. Die Kantorei durfte sich, ich meine 2013, zu ihrem 100 jährigem Bestehen über die vom Bundespräsidenten gestiftete Zelter-Medaille freuen.
Gelegentlich, zu selten, traten zwar auch Künstler vom Annaberger Eduard-von-Winterstein als Solisten auf. Doch kaum verbanden sich die Kirchenensembles mit weltlichen Veranstaltungen. Vielen der nicht kirchlich gebundenen Menschen, immerhin die Mehrheit inzwischen, erschloss sich die Schönheit, Innigkeit und auch die Kraft dieser Kunst daher nur, wenn sie in die Kirchenkonzerte gingen. Künftig sollte die Kirche vielleicht auch über ihre Schwelle treten und in die Welt gehen. Und sei es "nur" der Musik wegen.
Dem scheidenden Kantor Matthias Süß, seiner aktiven Ehefrau Sylvia und auch seiner Familie sei Glück, Gesundheit im wohlverdienten Ruhestand gewünscht. Mag ihm zu viel von dieser Ruhe baldmöglichst in den Schoß seiner guten Taten als Gast zu uns zurückführen.
Am 18.März 2023, 17 Uhr, gestaltet Kantor Matthias Süß sein Abschlusskonzert mit Werken von J.S.Bach, Reger, Langlais, und Mendelssohn Bartholdy, wie einst zu seinem Vorspiel anlässlich seiner Bewerbung. Am Sonntag Lätare, 19.3.2023, wird Kantor Süß im Gottesdienst offiziell verabschiedet.
Seine Nachfolge tritt KMD Ulrich Meier aus Auerbach im Vogtland im September 2023 an. Bis dahin übernimmt Enrico Langer aus Ehrenfriedersdorf.
Eveline Schicker-Figura
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