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Januar 2025





Gastronomie in Annaberg: Nicht viel los in der Hauptstadt des Erzgebirges

Das Erzgebirge ist für alte traditionelle Küche und moderne Gastronomie bekannt, aber in den letzten Jahren verschwanden viele Gasthäuser, auch Hotels, Tanzsäle, besonders aber die kleinen gemütlichen Kneipen in der Versenkung

 
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Der Frohnauer Hammer im Winter. Foto: Stadt Annaberg-Buchholz

Es muss - erst Recht als Stadt im Welterbe-Gebiet - also das Anliegen der Räte und Gemeinden sein, Gastgeber im besten Wortsinn zu sein und auch das Gastgewerbe zu fördern. Dort, wo die Städte gar Eigentümer alter Anwesen sind, mag das auch gelingen. Das sind in der Regel die Ratskeller in den Zentren, Berggasthöfe, Mühlen, Bauden. Aber nach der politischen Wende gingen auch viele Tanzsäle ein, weil viele lieber in Auslandsreisen investierten. Damit war nicht nur die Feierkultur am Sterben, sondern auch eine Fülle von Kontaktmöglichkeiten für junge Leute fehlen heute. Geschweige, dass Gesellschaftstänze gepflegt und genossen werden können. Dort aber, wo die historischen Welterbestätten an Anziehungskraft verlieren, weil man nicht in der Nähe einkehren kann, muss Alarm geschlagen werden. Denn so gerne man zwischdendurch mal einen Döner oder Pizzas verzehrt, so unpassend ist die Überhandnahme am falschen Ort;  geht es doch um eine Einheit von Historie, Brauchtum und passender Küche.

Das war zum Beispiel. über Jahrhunderte im ehemaligen Hammerherrenhaus in Frohnau bei Annaberg-Buchholz der Fall. Gegenüber der über 400 Jahre alte original erhaltene Eisenhammer, der Frohnauer Hammer, der weit über die Grenzen Sachsens bekannt ist. In der ebenfalls historisch erhaltenen Gaststube mit Saal wurde gut gegessen und gefeiert. Geschmeckt hats auch. In dr Hammerschänk, sogar ein Lied gibt’s über die, alle fünf Jahre ein Hammerfest, ein kleines Museum und Fachwerkhäuser mit Holzwerkstätten bieten den Besuchern seit langem viel. Ende 2024 aber hat der langjährige Hammer-Wirt, Stephan Feller seinen Familienbetrieb aufgeben. Sein Sohn ist der Koch und hat Qualität geliefert, auch wenn nicht jeder bei den neben den Erzgebirgsgerichten angebotenen Steaks oder ErzgeBURGERN Begeisterung empfand. Die junge Generation hats angesprochen und geschmeckt hat allemal. Zu den rückläufigen Besucherzahlen (mit Ausnahme der Advents- und Weihnachtszeit!) führte allerdings nicht nur hier, dass viele Faktoren wie Energiekosten, Bierpreise, die gestiegene Mehrwertsteuer und hohe Lebensmittelpreise, die so verteuerten Angebote viele Stammkunden ab, insbesondere Rentner abstießen.

Immerhin betreibt Stephan Feller das Sportlerheim in Sehma/Cranzahl weiter. Aber was kommt nach ihm im Frohnauer Herrenhaus? Zu den städtisch geförderten Restaurants in Annaberg-Buchholz gehört immer noch der attraktive Ratskeller mit erzgebirgischer Küche, aber auch das traditionelle Erzgebirgsessen „Neinerlaa“ (Neunerlei) ist heuer nahezu doppelt so teuer wie einst, als Karl-Heinz Buschmann, „Buschi“ das Lokal bewirtschaftete. Und wir erlebten dort auch, dass alternativ zu Pommes frittes für die Bratkartoffeln 4 Euro Aufschlag verlangt wurden.

Der dritte große städtische Betrieb ist der Berggasthof und Hotel Pöhlberg unter der langjährigen Leitung von Gaston Deckert, ebenfalls ein Familienbetrieb. Der herrliche Biergarten zur warmen Zeit und die Aussicht tragen zur Beliebtheit bei. Auch wurde kürzlich in eine Grillhütte investiert. Zudem finden in einem Saal mit farbigen Holzleuchtern gerne Familienfeste und Veranstaltungen statt; die Gaststube selbst ist mit den Spinnen-Leuchtern eine Augenweide. Küche und Service sind gut, Manchmal leidet die Geschmacksqualität etwas unter dem Ansturm oder letztmaligen Abschmecken?

Aber auch die „freien“ Gastronomen tragen zum Image der Region bei wie die Gaststätte mit Pension „Zum Türmer“ am Unteren Kirchplatz , geraderüber zum ErzgebirgsMuseum. Kürzlich konnten sich die Besucher des Theaterballs von der guten Küche beim Catering überzeugen. Herr Weißer betreut auch die Aufführungen des „Jedermann“ (Hugo von Hoffmannstal ) vor seinem Haus mit Speiß und Trank. Und wer gar die paar Kilometer nach Tannenberg nicht scheut, der findet Mitten im Tann den Waldgasthof und Hotel „Am Sauwald“ mit vielfältiger Saison-Küche und bester Betreuung. Auch ein Familienbetrieb und deshalb kommt auch der Wirt vorbei oder seine Söhne, weltgewandt und gut ausgebildet.

Was weniger gut ankommt, aber dem Besucherverhalten geschuldet scheint, sind die reduzierten Öffnungszeiten im Stadtzentrum. Vorrangig in den Abendstunden ist geöffnet. Was beim beliebten PaperlaPub als Bierbar gerechtfertigt ist, gefällt beim Griechen neben der Bergkirche weniger. Aber auch im Gebirge haben Fastfood-Gewohnheiten zugenommen. Es sind Wechselwirkungen von Angebot und Nachfrage, die Stabilität gefährden. Und trotzdem gibt es immer wieder Lichtblicke. So wurde aus dem Waldhaus, bis letztes Jahr als gepflegter Imbiss im kleinen Tierpark am Fuße des Pöhlbergs geführt, ein beachtliches Speiserestaurant im Grünen, unter alten Bäumen. Der Chef des Landhauses hat es in Händen und offensichtlich gut im Griff.

Buchholz hat viel gastronomische Ausstrahlung verloren mit dem Schließen der „Dummen Sau“. Nun gibt’s nur noch den „Blutigen Knochen“. Das allseits beliebte „Waldschlösschen“-Hotel hat schon vor Jahrzehnten seinen großen Ruf verloren. Zu instabil die Küche, trotz aufgemotzter Ausstattung. Es liegt halt doch weiter außerhalb der Verkehrsstränge und der sanierte Park mit Teich und ehmals Freilichtbühne wird zu wenig genutzt. Das „Forsthaus“, Richtung Neu-Amerika, sei deshalb zur Ehrenrettung wärmstens empfohlen, weil schmackhafte Küche und guter Service. Und auch wenige Kilometer im kleinen Schlettau gibt’s im gotischen Schloss Feines zu essen. Aber was braucht der Erzgebirger Gastronomie in der Stube. Er hat ja einen der schönsten Weihnachtsmärkte vor der Tür, - zumindest einen Monat im Jahr.

Einen spannenden Überblick über die historischen Wirtshäuser und Kneipen Annabergs, aber auch über die existierenden (wenn auch auch stetig weniger) gibt es hier von Gotthard B. Schicker, dem Autor der “Gutguschn”, der “Erb-Gerichte” und Gründer dieser Seite.

Eveline Figura