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Ritter Köselitz

Vor 190 Jahren, am 18. Oktober 1822, wurde der Vater des Malers Rudolf Köselitz und des Komponisten und Adlatus Nietzsches, Heinrich Köselitz (alias Peter Gast), der Vizebürgermeister, Stadtrat, Ritter, Freimaurer und Ehrenbürger seiner Geburtsstadt, GUSTAV HERMANN KÖSELITZ  in Annaberg, Töpfermarkt 1-2 (heute Köselitzplatz), geboren. Bei den Fotos handelt es sich um Erstveröffentlichungen.

Er entstammt einer alten sächsischen und sächsisch-anhaltinischen Familie, deren Wurzeln bis an den Hof von Zerbst zurück reichen. Jenem Adelshause, aus dem die spätere Katharina die Große von Russland hervorging und an deren Zerbster Schloss ein Urahn von Gustav Hermann, Gottfried Reinhold Köselitz (um 1690 im polnischen Köselitz geboren), ab 1734 als Wirklicher Hof- und Regierungsrat tätig war. Die Eltern unseres Jubilars waren Julius Carl Köselitz (19. April 1782 in Annaberg - 28. Oktober 1846 Annaberg) verh. (31.7.1808) und Johanna Theresia Gnaspe (26.12.1787 in Annaberg – 28.1.1860) Gustav Hermann Köselitz 2-001 (Andere)

Sein Vater war Kauf- und Handelsmann sowie Kammermeister und Freimaurer in Annaberg. Er gründete am 10. Februar 1821 die 1. Spar- und Leibkasse gemeinsam mit Friedrich August Dietrich - auch Dietrich´sche Sparkasse Annaberg genannt. Und er stiftete 1823 der Stadt eine gewerblich orientierte Sonntagsschule, aus der sich die Gewerbeschule entwickelte. Er war Mitgründer des Annaberger Gewerbevereins und der Museumsgesellschaft. Am 30. Juli 1841 übernahm er von Johann August Conrad die Leitung des 1807 gegründeten Annaberger Wochenblattes, das nach seinem Tod von seinem Schwiegersohn, dem Bürgerschullehrer Karl Ludwig Schreiber, übernommen wurde.20150713_105407 (Andere)

Der spätere Ehrenbürger von Annaberg, Hermann Köselitz, wuchs in einem mittelständigem Intellektuellenhaushalt auf, in dem u.a. auch Kunst und Literatur von nicht geringer Bedeutung waren. Nach dem Matura und dem Besuch der Gewerbeschule in Chemnitz ging er nach Wien, wo er in der Färberei (Blaufärberei und Seidenfärberei) von Alfred Corra eine Ausbildung absolvierte. Anschließend arbeitete er in Deutschland, Frankreich und der Schweiz und ließ sich 1844 als Seidenfärbereibesitzer (Töpferplatz/heute Köselitzplatz Häuser 1 und 2) in Annaberg nieder. In Wien lernte er auch seine spätere Frau, Karoline geb. Grimmer (29. Oktober 1819 in Horskau, aufgewachsen in Wien; - 14. März 1900 in Annaberg) kennen, die Tochter eines Schneidermeisters aus Währing bei Wien, der dort auch Kirchner war, und die er am 3. November 1845 in Annaberg heiratete. Ab den 1860ern ist er als Stadtverordneter und von 1871 an als Stadtrat von Annaberg nachweisbar. Ab 1880 hatte er das Amt des besoldeten Stadtrichters inne und war in dieser Funktion auch stellvertretender Bürgermeister. Gustav Hermann Köselitz engagierte sich politisch in der Deutschen Fortschrittspartei (1861 gegr. links-liberale Partei, die in Opposition zu Bismarck stand und später in die Deutsche Freisinnigen Partei aufging). Im Auftrag dieser Partei war er auch mehrere Jahre Abgeordneter des Sächsischen Landtags. Von 1879 bis 1885 vertrat Hermann Köselitz dort den 19. städtischen Wahlkreis in der II. Kammer. 1892 wurde sein Wirken mit der Ernennung zum Ehrenbürger von Annaberg gewürdigt. Er war Ritter des Albrechtsordens und Freimaurer der Annaberger Johannisloge „Zum treuen Bruderherzen“. Dass Köselitz links-liberale Auffassungen vertreten haben dürfte, geht aus einem Brief vom 1. April 1931 vom Sohn Rudolf Köselitz an Friedrich Götz, dem Beinahe-Schwiegersohn (er war mit der Tochter Von Peter Gast, Corina, verlobt, sie starb aber mit 19 Jahren) von Peter Gast, hervor: „Peters, Pseudonym Elfried von Taura, Schriftsteller und Dichter, weilte als politischer Flüchtling verborgen kurze Zeit im Elternhaus“. Grab von Hermann und Caroline Köselitz-003 (Andere)
Es handelt sich dabei um August Peters (1817 Taura - 1864 Leipzig), dem Ehemann der Frauenrechtlerin Luise Otto-Peters, der als Führer badischer Aufständischer gefangen und zunächst zum Tode verurteilt, aber 1856 begnadigt wurde. Er blieb zeitlebens seinen sozial-liberalen Auffassungen treu.
Es ist anzunehmen, dass Peters Vater in der Blaufärberei von Hermann Köselitz arbeitete.
Am 31. Dezember 1897 ging Gustav Hermann Köselitz in den Ruhestand und gründet am 18. Oktober 1898 (an seinem 76. Geburtstag und mit Stadtratsbeschluss) die „Stadtrat-Köselitz-Stiftung“, die vom Annaberger Stadtrat verwaltet wurde (Stiftungszweck: Jährliche Zuwendung für sechs nachweislich unbescholtene und bedürftige Bürger).
Der Rat der Stadt begründet diese Stiftung mit 1.000 Mark, Köselitz gab 3.000 Mark hinzu, weiter Einzahlungen von anderen Bürgern führen 1899 zu einem Stiftungskapital von 8.000 Mark.



Aus der Ehe des Gustav Hermann Köselitz mit Karoline geb. Grimmer gingen elf Kinder hervor, deren Namen und Biographien noch Forschungsgegenstand sind. Derzeit wissen wir von drei männlichen Nachfahren: Theodor, Heinrich und Rudolf. Eine seiner Töchter, Auguste Pauline, heiratete Carl Ludwig Schreiber aus Annaberg, sodass die Nachfahren des Schreibwarenhandels Clemens Schreiber auch mit Köselitz verwandt sind. Die Nachfahren von Theodor sind in Zwickau ansässig. Dort hin übernahm er Teile der väterlichen Blaufärberei, später produzierte er Kartonagen. Die Nachfahren von Rudolf, dem Maler, leben in München, wo er mit seiner Frau Marie zwei Töchter, Hanna und Doris, hatte. Die Tochter aus Heinrichs (Peter Gast) Ehe mit Elise Wagner, Corina, starb mit 19 Jahren, so dass hier keine Nachfahren existieren. Über die Nachfahren der anderen sieben Töchter ist bisher nichts bekannt.
Gustav Hermann Köselitz starb am 2. Oktober 1910 und wurde am 5. Oktober um 15 Uhr auf dem Alten Friedhof zu Annaberg beerdigt. Auch seine Grabstätte (die er mit seiner Frau Caroline teilt), wie auch die von Peter und Carina Gast, sowie unzähliger anderer Persönlichkeiten der Stadt, sind der willkürlichen Umgestaltung des Gottesackers ab dem Jahre 1981 zum Opfer gefallen.

G. B. S.


Zu den Fotos: Sie wurden dem Autor von der bei München lebenden Urenkelin des Malers Rudolf Köselitz (Sohn von Hermann Köselitz), Frau Hildegard Mpalampanis, geb. Poebing, sowie vom Erzgebirgsmuseum Annaberg zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um Erstveröffentlichungen, da sowohl vom Grabmal (1910) als auch von Hermann Köselitz (um 1875) sowie von der Familie von Rudolf Köselitz bisher keine Fotos bekannt waren (außer Stadtrat-Kollektivporträt im Erzgebirgsmuseum).
Die Nachfahrin hat dem Autor auch zahlreiche, bisher unbekannte
und als verschollen geglaubte Dokumente, Brief und weitere Fotos der
Familie Köselitz zu Forschungszwecken und zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.