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Viel Applaus für Peter-Gast-Abend
Werke dreier sächsischer Liedkomponisten vereinten sich unter sachkundiger und meisterlicher Interpretation zum Konzertmittwoch im Haus des Gastes „Erzhammer“. Die Uraufführungen zahlreicher Lieder des Annabergers Peter Gast waren die eigentliche Perlen des Abend neben den selten gesungenen Liedern von Friedrich Nietzsche und den berühmten des Großmeisters Richard Wagner.
Der große Saal des Erzhammers in Annaberg war am Mittwoch, dem 28. Oktober 2015 in stimmungsvolles Licht getaucht, um selten oder noch nicht gehörte Kunstlieder erklingen zu lassen. Engagierte Künstler des Eduard von Winterstein-Theaters, die in der Reihe „Konzertmittwoch im Erzhammer“ kürzlich ihre „Schubertiade“ vorstellten, traten nun an, um überwiegend bisher noch nicht aufgeführtes Liedgut des Annabergers Komponisten Peter Gast (Heinrich Köselitz) zu gestalten. Die Sopranistin Bettina Grothkopf, der Bassist László Varga, der 1. Kapellmeister der Erzgebirgischen Philharmonie Dieter Klug am Flügel – nach einem intensiven Probenprozess - und der Kulturwissenschaftler Prof. Gotthard B. Schicker, der den Abend kenntnisreich moderierte, sind seit längerer Zeit diesem heimischen Komponisten, Schriftsteller, Freund und Mitarbeiters Friedrich Nietzsche verpflichtet, und das nicht nur, weil sie ihn bereits mit der Inszenierung seiner Oper „Der Löwe von Venedig“ am Annaberger Theater schätzen lernen durften. Aus dem reichen Schaffen seiner mehr als 60 Lieder erklangen 15, die meisten zum ersten Mal in Deutschland.
Peter Gast mit Frau Elise und Tochter Carina 1906 auf dem Pöhlberg.
So sang Bettina Grothkopf mit ihrem geschmeidigen, jugendlich-dramatischen Sopran u.a. die Lieder „Begegnung“ und „Nachtlied“, „Er hat mich grüßen lassen“, „Meeresleuchte“ und “Thorenlied” sowie „Magyarisch“. Die meist sehr konzentrierten Klanggemälde inspirierten die Sängerin zu differenziertester Nuancierung, zu feinen Pianissimi in der Höhe, wunderbaren Melodiebögen und auch temperamentvoller Kraft, worunter einige der wenig geläufigen Texte von Anna Klie, Friedrich Hebbel u.a. in der Verständlichkeit manchmal etwas litten. Die wunderbaren polyphonen, nicht einfach zu spielenden Begleitungen Peter Gasts wurden eindrucksvoll-einfühlend von Dieter Klug am Flügel interpretiert, und so gelang jedes Lied zu einem eigenständigem Kunstwerk. László Varga modulierte seinen Bass in baritonale Höhen, differenzierte mit viel Gestaltungswillen u.a. in den Liedern „Erwartung“, „Glückliches Geheimnis”, „Arabisch“, „Klage“ und besonders eindrucksvoll in „Trotzdem“ - dem Lebensmotto des Peter Gast - sowie mit der genussvollen Sicherheit des bereits früher Gesungenen der „Zecherbibliothek“ und “Lacryme Christi“, - jenem Lied, das den Rotwein besingt, den Peter Gast in Venedig genoss, aber in Annaberg offensichtlich vermisste. Letzteres dokumentieren neben anderen Peter Gasts dem Lebens zugewandtes Kunstverständnis. Den meisten der zahlreich erschienen Gäste unbekannt waren wohl auch die zwei Lieder von Friedrich Nietzsche mit Texten des ungarischen Revolutionsdichters Sándor Petőfi, dessen in ungarischer Muttersprache von László Varga extra vorgetragenen Gedicht dem Abend eine zusätzliche Farbe und südliches Flair verlieh. Insbesondere die Komposition „Unendlich“ war dem bekannten Philosophen Nietzsche in dessen jungen Jahren gefühlsstark gelungen und sorgte für eine musikalische Überraschung. Einen weiteren künstlerischen Höhepunkt stellten die drei (von fünf) berühmten „Wesendonck-Lieder“ Richard Wagners dar, die Bettina Grothkopf sehr ausdifferenziert und meisterlich sang. Gleichzeitig wurde offenbar, dass Peter Gasts noch weiter zu entdeckendes und aufzuführendes Liedschaffen sich qualitativ und ausdrucksstark neben dem Großmeister behaupten konnte, der in diesen Liedern überaus melancholisch daneben stand. Am Ende erklang nach über 60 Jahren wieder einmal das dramatische Lied „Lethe“ von Peter Gast (Foto: 1910 in Annaberg) in seiner Heimatstadt auf ein Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer. László Varga gestaltete dieses Epos der Vergänglichkeit als Gasts Vermächtnis an das Leben mit viel Empathie und sicherer Höhe. Gotthard B. Schicker, der dem Werke von Peter Gast und der Familie Köselitz seit Jahren mit zahlreichen Publikationen und Veranstaltungen verpflichtet ist, füllte den Abend mit informativen Erläuterungen zu Zeit, Werk, Orten und stellte die Verbindungen der Künstler auch mit Zitaten zu berühmten Zeitgenossen her, die durch Peter Gast auch auf Annaberg aufmerksam wurden. Das ausgewählte, anspruchsvolle und kunstinteressierte Publikum dankte den Künstlern mit herzlichem und langen Applaus und verließ diesen besonderen Abend in der Hoffnung, dass damit ein weiterer produktiver Schritt im Hinblick auf eine für Annaberg - und weit darüber hinaus - nachhaltige Köselitz-Rezeption erfolgt ist. Wiederholungen dieses besonderen Konzertabends an den Wirkungsstätten unseres Peter Gast sind unbedingt zu empfehlen. Erfahren konnte man jetzt schon, dass sich die Leitung des Annaberger Theaters mit dem Gedanken der Welturaufführung einer noch nie gespielten Peter-Gast-Oper trägt: “Scherz, List und Rache” hat er 1881 auf Goethes Singspiel-Text komponiert und nur in einer handschriftlichen Partitur - ohne ausgeschriebene Orchester- und Gesangsstimmen - hinterlassen.
E. F.
Die nächsten Konzerte in der Reihe „Konzertmittwoch im Erzhammer“ jeweils 19.30 Uhr im Großen Saal:
18. November 2015 – Mozart trifft Russland mit dem Saxonia Piano Trio 10. Februar 2016 – Böhmische Meister / Streichquartett der Erzgebirgischen Philharmonie 9. März 2016 – Beethoven – Prokowjew – Fauré 6. April 2016 – B-A-C-H / Goldbergvariationen mit Streichtrio der Robert Schumann Philharmonie
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