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Frech und bodenständig

Zum 20. Jubiläum der „Alten Brauerei“ trauten sich Urgesteine des ehemaligen Kabaretts, das vor 15 Jahren auf die Bretter trat, als „Vier sind ein Volk“ erfolgreich vors zahlreich erschienene und begeisterte Publikum – unter dem sich sogar drei Stadträte befanden.

Endlich hat Annaberg wieder ein echtes politisches Kabarett! Was das Theater mit seine „Profis“ nicht hin bekommt, war vor ausverkauftem Hause am Freitag, dem 11.3. 2016, zum 20. Jubiläum des Sozi-kulturellen Zentrums
„Alte Brauerei“ e.V.
, zu bestaunen, zu hören und zustimmend zu beklatschen.
Kabarett 1 (Andere)


Alexander Igor Zimmermann hielt mit seinen „alten Herren“ Hof und gleich ein Seminar mit jungen Gästen zum übergreifenden Thema „Miriquidensis vulgaris“, also dem Zustand und Verhalten des gemeinen Erzgebirgers ab.
Mit vielen aktuellen Texten am Beginn zu Pe- und Erzgida, drastischen Szenen und Konfrontationen eines IS-Deppen (
Johannes Bergmann aus Rathmannsdorf) mit hier integrierter Kopftuch-Frau (Elisabeth Gehlert) und dem Moderator, einer überaus gelungenen Prof. Bernhard Grzimek- Persiflage (Peter Oehme) zum gemeinen hieschen Stark-Dialekt und gewürzt mit Extremakrobatik seiner beiden Mitspieler (Madeleine Tost und Marco Oertel). Sie förderten permanente Lachsalven sowie asthmatisches Dauerfeixen heraus. Komisch, dass vielen diese Satire mit ihren hahnebüchenden Übertreibungen wie die Realität unserer Montags-Marschierer vorkam. Widerspiegelten sie doch deren Vokalexkremente mit enorm viel Ähnlichkeiten zu den „Rettern des Abendlandes“.
Auf diverse Schippen wurden vom jetzt in Augsburg lebenden Marco Oertel auch die Bayern in Politik, Geschichte und Gegenwart genommen, wobei herauskam, dass dieses Volk doch von überall herstammt und die dort einst verbliebenen „zweitausend syrischen Bogenschützen“ sogar zur Blutauffrischung beigetragen haben dürften.
Katrin Holtz und ihr George Frenyó, beide zur Zeit in Ungarn lebend, trugen zur Aufklärung unserer verrückten Umstände mit Geschichten um Zaun- und Mauerbau sowie liebenswert klarer Kopfarbeit bei.
Igor Zimmermann moderierte indes unentwegt und pointiert die Szene und besang mit mehr oder weniger stimmigen - aber stimmlich beachtlich - englischen Gesangstiteln soziale Befindlichkeiten. Kabarett 3 (Andere)
Nach der Pause gab das Haus Frauke Petry (hervorragend Madeleine Tost) mit den unwahrscheinlichen Zitaten aus deren AfD-Parteiprogramm eine Stimme für das fassungslose, mitunter darüber noch uniformierte Publikum.
Zum multinationalen Abend trug - heftig beklatscht, nein: bejubelten(!) - Peter Oehme mit seinem von Georg Kreisler kreierten, hier gekonnt interpretierten Song tschechischer Namen aus dem Telefonbuch bei.
Und so steigerte sich der Abend mit zeitlosen, weil nicht zu toppenden Kabaretteinlagen von Dieter Hildebrandt, Georg Schramm und den exzentrischen Double-Parodien von Zimmermann als Kohl, Kretschmann, Oettinger und Honecker mit Zugabendynamik.
Das hatte schon alles überzeugende Nähe zu Berufskabarettisten, die in dieser Woche en suite am selben Orte zu sehen sind. Die Dreierband aus Saxophon/Klarientte/Keyboard vom böhmischen Kollegen Miro Hour und seinen beiden Begleitern, Jan Irmscher am Schlagzeug und Olaf Martin an der Gitarre, hatten in Rhythmik und Meldodieauswahl großartig zur Stimmung des Abends beigetragen.
Bleibt zu hoffen, dass das Programm hier und am anderen Orte noch einem größeren Publikum offeriert werden kann und eine Kontinuität für weitere Programme damit eingeleitet wurde.

Dem Annaberger Publikum sei die Vielzahl und Vielfalt der
Programmangebote, insbesondere im April, der eigentlichen Festwoche zum 20 jährigen Jubiläum der „Alten Brauerei“, ans Herz gelegt.
Dem Geschäftsführer des Sozio-kulturellen Zentrums, Sven Lippman, und all den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei Dank und Gratulation ausgesprochen.
Die soziale und kulturelle Bedeutung unserer „Alten Brauerei“ für Annaberg und Umgebung, für Junge und Betagte, für Einheimische und Fremde kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Man kann sich nur wünschen, dass diese freche, freundliche, bodenständige und mit gutem Service ausgestattete Kultur-Oase immer die gehörige und notwendige Portion Aufmerksamkeit der Verantwortlichen und Geldgeber erfährt, weil so eine Einrichtung, gerade in gegenwärtigen Zeiten, ziemlich alternativ los ist...

Eveline Figura