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Glückauf-Operette
Der niederösterreichische „Obersteiger“ von Carl Zeller bewegt nicht nur eine überdimensionale erzgebirgische Pyramide und das Bergmusikcorps „Frisch Glück“ auf der Annaberger Bühne, sondern auch das Premieren-Publikum mit eingängigen Melodien und einer farbenfrohen Inszenierung.
Wer an das Theater ausschließlich hohe intellektuelle Ansprüche stellt, der wird in der Inszenierung vom „Obersteiger“, der am hiesigen Theater unter der Regie vom Intendanten Dr. Ingolf Huhn am vergangenen Sonntag seine Wiederbelebung nach 55 Jahren feiern konnte, nicht unbedingt Erfüllung finden. Da das Theater aber auch noch eine beruhigende und ablenkende Unterhaltungsfunktion hat, die in solchen Zeiten wie den unseren wieder dankend angenommen wird, dem dürfte diese Glückauf-Operette zu heftigem Beifall animieren. Den gab es dann auch zur Premiere am vergangenen Sonntag für eine charmante Inszenierung, die liebevoll mit bekannten Erzgebirgs-Klischees und lustigen Regie-Einfällen spielt. Selten wurde ein etwas üppig geratenes Bühnenbild gleich zu Beginn derart beklatscht, wie das mit der großen Pyramide und den darauf platzierten Pyramidenfiguren, bestehend aus farbenfroh gewandeten Chor-Klöppel-Damen und Chor-Knappen-Herren nebst Extrachor, der Fall war. Ein erstes Bravo also schon mal der Ausstattung, die in den bewährten Händen von Tilo Staudte lag. Der Chor (Leitung Uwe Hanke) war es dann auch, der mit voluminösem Schöngesang und bewegten, tänzerischen Szenen (Choreographie Sigrun Kressmann), augen- und ohrenfreundliches Musik-Theater bot.
Mit Dieter Klug stand ein hörbarer Spezialist am Pult und bot mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue schwungvolle Tempi mit einem sicheren Stilgefühl für das Genre sowie mit der Fähigkeit, komplizierte Übergänge z.B. im Finale sicher zu gestalten und dabei das große Ensemble im Einklang zwischen Bühne und Orchestergraben zu halten. Erschwert wurde die Aufgabe noch, dass auch die Musikanten vom Bergmusicorps „Frisch Glück“ Annaberg-Buchholz/Frohnau mit in den musikalischen Ablauf integriert werden musste, was – sehr zur Freude des begeisterten Publikums – dem 1. Kapellmeister Dieter Klug glänzend gelang.
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Gelungen war auch die Besetzung der Rolle des Bergdirektors Zwack mit dem wiederholten Publikumsliebling Leander de Marel, der mit trefflichem Witz und gespielter Vornehmheit, mit durchaus noch anhörbarer Stimme und verständlichen Dialogpassagen mit viel Applaus bedacht wurde, obwohl man sich den einen oder anderen eingebauten Gag noch etwas markanter gewünscht hätte. Unter den Damen ragte stimmlich, darstellerisch und figürlich Bettina Grothkopf als Comtesse Fichtenau heraus, die gleich zu Beginn mit einem Lied aufwarten musste, das einer Opernarie im Schwierigkeitsgrad in nichts nachsteht und von ihr souverän interpretiert wurde. Ebenso überzeugte in Ton und Geste Madelaine Vogt als Spitzenklöpplerin Nelly, insbesondere mit dem bekannten Lied „Muster, wie meine...“, die sie charmant und stimmlich elegant anpries. Bettina Corthy-Hildebrandt sang und spielte Elfriede, die Frau des Bergdirektors Zwack, die er auch schon mal „El-Shalom“ nannte, mit angenehmer Stimmkultur und liebestoller Komik. Insgesamt wäre aber dennoch eine bessere Textverständlichkeit in den Gesangsnummern der Damen wiederholt anzumahnen. Den Obersteiger Martin sang (die Sprechstimme rutscht mitunter zu weit in den „Knödelbereich“) unser bewährter Haus-Tenor Frank Unger mit gewohnter Strahlkraft in den Höhen und mit angenehmen Tempre u.a. das bekannte Lied, das schon fast alle Tenöre – gern auch in Englisch – gesungen haben: „Sei nicht bös...“. Böse konnte man auch den beiden „Prodekanen“ nicht sein, die der Komponist Zeller hier offensichtlich als Anleihen aus seinem „Vogelhändler“ nun als Tschida (Adjunkt, gespielt von Michael Junge) und Dusel (Materialverwalter, gespielt von Matthias Stephan Hildebrandt) mit herüber in seinen „Obersteiger“ genommen hat. Das komische Paar garnierte die Handlung köstlich. Junge war sprachlich und auch durch seine kräftigen Töne gut verständlich, und Hildebrandt lag diese Rolle hörbar besser, als die des Wirts Strobel, die er im 1. Akt verkörpern musste. Die Besetzung der Rolle des Majoratsherren Fürst Roderich mit dem Gast-Tenor Martin Rieck aus Dresden erwies sich über den Abend sowohl stimmlich als auch darstellerisch als nicht ergiebig.
Alles in allem war es ein amüsanter, bunter, unbeschwerter Glückauf-Abend mit einer Menge spaßiger und lokal kolorierten Regie-Einfällen, der sicherlich sein zahlreiches Publikum haben wird.
Das Wunderbare an unserem Theater ist aber, dass es Vielen etwas bringt, und so dürfte es zukünftig auch wieder Manchem etwas bringen...
Nächste Vorstellungen:
16.3./20.3.(15 Uhr)/26.3./15.4./1.5. (19 Uhr)/7.5. - sonst jeweils 19.30 Uhr
red.
Fotos: Dirk Rückschloß/Theater
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