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Schlettauer Gasthaus-Überraschung

Es gibt sie noch, die alten, echt erzgebirgischen Gasthäuser. Man findet sie kaum noch in den Zentren der größeren Städte. Eher am Rande. Oben auf den Bergen oder zwischen den Tälern. Schlettau bildet da mit seiner alten „Bierquelle“ eine wohltuende Ausnahme.

Hier kann man, allerdings auch in einer Nebengasse, noch ein richtiges Gasthaus im alten Stil entdecken.
Orange-rot ziert das über 275 Jahre alte Ackerbürger-Haus die Kirchgasse. „Bierquelle“ steht über den einladenden Fenstern geschrieben. Und eine solche war es vermutlich schon seit dem frühen 17. Jahrhundert.
Schließlich ist es das Geburtshaus eines später bekannten Sohnes eines Schlettauer Bierbrauers: Dem Ehepaar Paul und Maria Döhmel wurde hier am 1. April 1643 der Sohn Christian geboren, der sich dann als Komponist, Organist, Kantor und Hofkapellmeister in Jena latinisiert Christianus Demelius nannte. Er starb am 1. November 1711 in Nordhausen. So blieb ihm die Ansicht des vernichteten Vaterhauses erspart, das beim großen Stadtbrand 1731 ein Opfer der Flammen wurde. Kurz danach ist es in seiner heutigen Gestalt von Christian Friedrich Hinkel errichtet worden, der sich in einem schönen Schlussstein mit seinen Initialien über dem Torbogen verewigt hat.
Von 1832 bis 1938 übernahm dann die Familie Beyer das Gasthaus und nannte es „Bayer´s Bierquelle“. Seitdem ist die alte „Bierquelle“ im Besitz der Familie Bonitz. Der Vater vom jetzigen Wirt Günter hat hier bis 1960 nicht nur Bier ausgeschenkt, sondern auch Landwirtschaft am Haus betrieben, somit ist die Tradition dieses Ackerbürger-Hauses relativ lange bewahrt worden.
Danach wurde es bis 1993 als Wohnhaus genutzt. Dort, wo man heute gemütlich sein Bier trinken, Skat spielen und gut bürgerliche, dazu noch preisgünstig (wo gibt es diesen gastlichen Dreiklang noch?!) die wohlschmeckende Küche von Frau Renate genießen kann, hatten die Wirtsleute einst ihre “Gute Stube”. Man sitzt heute quasi im Wohnzimmer der Familie Bonitz und fühlt sich dort auch recht zuhause.
Hier wird noch so gekocht, dass Erinnerungen an die einst schmackhafte, weil unverfälschte Erzgebirgs-Küche wach werden.
Keine gestylten Sensationen kommen auf die gut bestückten Teller, dafür aber solide Hausfrauenkost. Die meisten Speisen liegen unter 10.- Euro. Und wer Appetit nur mal auf eine Bockwurst hat, der findet hier auch noch die auf der Karte, derweil sie in den meisten anderen Lokalen von dort verbannt wurde. “Man verdient ja nichts mit Speisen unter 10.- Euro”, klagte neulich ein Gastwirt in der Hauptstadt des Erzgebirges. Damit mag er recht haben. Aber man gewinnt damit vielleicht etwas, was langfristig kostbar ist: Gäste! - Die können hier in der „Bierquelle“ auch im anheimelnden Biergarten den Tag in den Abend hinein ausklingen lassen. Und wer danach den Zündschlüssel nicht mehr ins Schloss stecken darf oder vergeblich nach einem Taxi Ausschau hält, der bekommt vom Wirt einen oder zwei Zimmerschlüssel. Schließlich stehen für die Gäste acht Betten in drei rustikalen Zimmern zur Verfügung. Und wenn man dann in die Stille der Schlettauer Nacht entschlummert, hört man nicht nur die Glockenschläge von der bekannten Kirche mit dem eingemauerten Mönchsgesicht, sondern vielleicht auch paar Klänge aus dem Liederbuch des alten Demelius, die sich irgendwo in den alten Mauern der „Bierquelle“ verfangen haben...

red.

Gasthaus und Pension "Bierquelle"
Kirchgasse 16
09487 Schlettau
mandyschieck@t-online.de
Tel.: 03733-66673