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Angelas „letzte Raas“

Nach einem reichen Leben wurde die Heimatdichterin Angela Thiel aus Satzung im Kreise ihrer Familie, vieler Wegbegleiter und Freunde auf dem heimatlichen Friedhof zur letzten Ruhe geleitet.

Auf dem am Ortseingang gelegen Friedhof der „höchstgelegenen evangelischen Gemeinde Deutschlands“
(Satzung) wurde die Heimatdichterin Angela Thiel am Freitag, dem 12. Mai 2017 zu ihrer verdienten letzten Ruhe begleitet. Umgeben von den Gräbern ihrer Mutter, der noch vielen Erzgebirgern bekannten Volkssängerin und -dichterin Luise Pinc, und zweier Schwestern, mit denen sie zusammen das Gesangsquartett „Das Kleeblatt“ bildete, hat sie jetzt ihren Platz in der vertrauten und geliebten heimatlichen Erde gefunden.
Bis Weihnachten wohnte sie noch autonom in ihrem „Haisel in Satzing“, heizte es mit selbst gehacktem Holz aus dem nachbarlichen Wald, der ihr Beschützer und Freund war.
Dann ließ die Kraft nach und sie bezog ein schönes Zimmer mit Wald-Blick im Seniorenheim am Sonnenhang in Schönfeld, wo sie sich über zu wenig Arbeit beklagte...
Ihr letzter Wunsch war an die Familie, noch einmal nach Satzung, nach Hause zu dürfen.
Thiel 4 (Andere)


Bis fast zuletzt hat sie noch ihre Gedanken in Reime, meist in Mundart, gebracht. Einer davon fand den Weg auch in die Worte, die ihr auf ihrem letzten Gang (ihrer “letzten Raas”) gegeben wurden, zusammen mit erzgebirgischen Liedern, wie das von Anton Günther „Bild`dr nischt ei, bist ner e Mensch, kaast wedder nischt sei...“!  Wenige Worte treffen wohl besser das Selbstverständnis dieser mutigen Frau, die den Lebensfaden auch in schweren Zeiten nie verlor (Annaberger Wochenblatt besuchte die Dichterin und berichtete 2013 –
hier).
Sie lebte fleißig und bescheiden und half anderen durch ihre Volkskunst mit Nachdenklichkeit und Optimismus. Noch mit 85 Jahren war sie in einem lebhaften Heimatabend in Satzung zu erleben, an den sich viele auch wegen des Mutterwitzes von Angela Thiel lebhaft erinnern.  
Die Abschiedsfeier am 12. Mai 2017 (Todestag 8. Mai), kurz vor ihrem 95. Geburtstag am 31. Mai, in der vollbesetzten Halle hatte bei aller Trauer für Sohn Bernd und seine Familie den Charakter der Würdigung einer Frau, die ihr Glück in den eigenen Händen gestaltet hatte und dafür auch Liebe und Anerkennung von den Mitmenschen erfuhr.
Viele der Abschiednehmenden kamen von der Gemeinde Satzung und Umgebung, Nachbarn und Freunde aus Nah und Fern sowie Mitglieder des Erzgebirgsvereins und VolksmusikerInnen. Einige besuchten sie bis in ihre letzten Stunden.
Hinterlassen hat Angela Thiel hunderte handgeschriebene Blätter mit Texten und Gedichten für Herz, Verstand und voller Heimatliebe, die sie bis zu letzt fast täglich verfasst hatte. Es ist anzunehmen und zu hoffen, dass dieser umfangreiche Nachlass zu unserer aller Verwendung kenntnisreich aufbereitet wird, damit sie im Bewusstsein ihrer Kinder, Enkel, Urenkel genauso weiterleben kann wie im öffentlichen Gedenken der Meschen des Erzgebirges.

Eveline Figura

Fotos: Sammlung Knauth (1), AW (2)

De letzte Raas

Zur letzten Raas, do braucht mer feiThiel - Beerdigung am 12.5.2017 (Andere)
kenn Ausweis un kenn Pass.
Ich bie in huchen Alter nei,
miech dodrmiet befass.

Wie schie wärds sei, mer kimmt zur Ruh
nooch äll dann lange Labn.
Viel log su älls of unnern Wag,
wus net när Sonn hot gabn.

Gar manche denken voller Angst
an dare letzte Stund.
Iech bie bereit, un finds normal,
zun Fürchten is ka Grund.

War iech dä älle wiedersahe,
die vür mir mussten giehe?
Mir wärn doch nochert wieder zamm.
Ach Gott - wie wär dos schie!

Angela Thiel   (1922 -2017)

Dieses letzte Gedicht von Angela Thiel wurde von Monika Knauth am offen Grab der Verstorbenen gesprochen.
Monika und Reiner Knauth haben bereits mehrere Gedichte von ihr veröffentlicht.