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THEATER ABC

 

 

 
Träumereien vom Fliegen

Mit der Premiere von „Peter Pan“ versuchte das Annaberger Theater einen musikalischen und darstellerischen Beitrag wider die Vergesslichkeit des Kindseins im Erwachsenenalter zu leisten. Die als Familien-Stück ausgewiesene Inszenierung berührte oder beflügelte die Phantasie des Publikums allerdings nur an wenigen Stellen.
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Möglicherweise ist es ungewöhnlich, wenn in einer Premieren-Kritik zuerst die Ausstattung lobend erwähnt wird. Denn die war es, die dem Musical vom „Peter Pan“ am vergangenen Sonntag den notwendigen Raum und die Farben gab, in denen sich die Phantasie der Darsteller und des Publikums hätte entfalten können. Der den Annabergern als langjähriger Ausstattungsleiter gut bekannte und immer wieder gern gesehene Wolfgang Clausnitzer (als Gast) hat ein luftiges, funktionales und phantastisches Bühnenbild gezaubert, in dem er farbenfreudig ausgestattete Darsteller im märchenhaften Nimmerland agieren ließ. Die Geschichte des Flugs von Wendy (Kerstin Maus/Gast), John (Paul Körner/Gast), Michael (Paul Wiehe/Gast) und dem ewigen Kind Peter Pan (Marcel-Philip Kraml/Gast) zur Traum-Insel der ewigen Jugend, wurde von der Erzgebirgischen Philharmonie Aue unter der auch musical-bewährten Leitung ihres 1. Kapellmeisters Dieter Klug begleitet. Wer Konstantin Wecker als lyrischen, aufmüpfigen, aggressiven und meist politischen Liedermacher kennt und schätzt, dürfte von seiner Musik für dieses Stück möglicherweise überrascht, wenn nicht gar enttäuscht sein. Hier, wie in zahlreichen anderen Musicalversionen aus seiner Feder, bedient er zunehmend die landläufigen und kommerzialisierten Klischee-Erwartungen sowohl in der Melodien-Einfalt als auch im rhythmischen Duktus, der allerdings vom Orchester exzellent – insbesondere vom umfangreichen Schlagwerk - interpretiert wurde. Bei einer besseren Tonaussteuerung wären die Texte vom Erzähler, der auch das Krokodil gab, (Michael Junge/Gast) - zumindest beim Entree des Abends – verständlicher über die Rampe gekommen. Peter_Pan-8597 (Andere)

Eine meisterliche Leistung, sowohl in darstellerischer als auch stimmlicher Hinsicht, lieferte Madelaine Vogt als Fee Tinkerbell. Äußerst beweglich, anmutig tänzerisch, nahezu artistisch wirbelte sie in ihrem Flügelkostüm über die Bühne, nachdem sie der Versenkung entstieg, am Haken über die Szene flog oder die bösen Piraten mit der Bratpfanne malträtierte – und dazu auch noch sehr hörbare Töne von sich gab, die vom Kücken-Quitschen bis fast zur Opernarie reichten.
Eine Menge Ideen also, die die Regisseurin Birgit Eckenweber (Gast) nicht nur in diese Figur einbrachte. Auch Captain Hook (László Varga) durfte in einem knallroten Kapitäns-Kostüm und mit seiner Haken-Hand das Publikum auf Ungarisch begrüßen und seinen Bass u.a. beim Shanty im Kreise der übrigen Piraten wohltönend zum Klingen bringen.
Als witziger, stimmlicher und darstellerischer Kontrast dann die Charakterstudie von Matthias Stephan Hildebrandt als einäugiger Ganove Smee, quasi die rechte Hand vom Piraten-Captain. Auch Kerstin Maus (Wendy Darling) war als Gegenspielerin der Fee musical-stimmlich (wie immer!) und darstellerisch gut besetzt. Leander de Marel war gleich mit drei Rollen agil und in bewährter komödiantischer Weise beschäftigt (Indianerhäuptling, Pirat 1, Stimme aus dem Off), was vermutlich das Engagement noch weiterer Gäste nicht erforderlich machte und somit das knappe Budget des Theaters nicht zusätzlich belastet. Nichts gegen Gäste, dort wo wichtige Partien oder Rollen von Ensemblemitgliedern nicht besetzt werden können. Peter_Pan-8955 (Andere)
Wenn dies für das Stück „Peter Pan“ zutraf, dann hätte man sich vielleicht vorab für ein aus eigenen Kräften besetzbareres anderes Stück entscheiden sollen. Aber möglicherweise wollte man die eigenen Kräfte in der letzten Haus-Inszenierung der Spielzeit für die anstrengenden Greifensteinaufgaben und die darauf folgende Jubiläums-Saison (125. Spielzeit) vernünftigerweise nur schonen.
Die Choregraphie (Sigrun Kressmann/Gast) wäre noch zu erwähnen:
Sie sprang diesmal lediglich in einigen Szenen ins Publikum über, das Finale kam stereotyp im Sinne von „Bildet schöne Gruppen“ seitens Extra-Ballett und Haus-Chor, verstärkt durch die Gäste von Coruso e.V. und Extra-Chor (Chor-Leitung: Uwe Hanke) daher. Da hatten wir in den zurückliegenden Jahren schon wesentlich aufregendere und nachhaltigere Regie- und Choreographie-Einfälle in vorhergehenden Inszenierungen (wie u.a. My fair Lady, Lollipop oder im Kleinen Muck) erleben dürfen. Peter_Pan-8713 (Andere)

Vielleicht liegt es aber auch am eklektizistischen Stück selbst, dass es nicht so richtig los gehen will mit dem phantastischen Traum vom Fliegen in die ewige Jugend, bei allen anerkennenswerten darstellerischen und sängerischen Bemühungen des österreichischen Hauptdarstellers Marcel-Philip Kraml. Es war ein Versuch, dem Erich Kästner irgendwie in seiner Auffassung bestärken zu wollen, dass „nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ein Mensch ist“.
Ein kleiner Beitrag wider die Vergesslichkeit des Kindseins war die als Familien-Stück ausgewiesene Inszenierung dann vielleicht schon.
Aber die Phantasie berührt, gar beflügelt hat sie nur an wenigen Stellen.


Nur gut, dass am Ende des Abends die obligatorische Musical-Vorhang-Verbeugungsmusik zum rhythmischen Mitklatschen erklungen ist, ansonsten wären die Träumereien vom Fliegen möglicherweise im erzgebirgischen Nimmerland geräuschfreier gelandet...

red.

Fotos: Rückschloss/Theater

Nächste Vorstellungen: 26.4., 19.30 Uhr; 30.4., 15.00 Uhr; 6.5., 19.30 Uhr; 14.5., 19.00 Uhr

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