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 Töpferstadt Annaberg

Die Töpferzunft prägte über viele Jahrhunderte die Stadtgeschichte Annabergs. Anlässlich des Europäischen Töpferfestes wäre es sinnvoll gewesen, im Erzgebirgsmuseum auf diese Tradition mit eigenen Schaustücken und Leihgaben in einer Sonderausstellung hinzuweisen. Statt dessen ist dort Keramik aus dem thüringischen Bürgel zu sehen...
Siehe Ergänzung am Ende des Beitrages:
“Alte obererzgebirgische Töpferarbeit” aus Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 14/3.4.1927


In der Herstellung und Gestaltung von Steinzeug schufen die Annaberger Meister einst Werke von bedeutendem Rang. Neuere Forschungen (z.B. Beatrix Adler: Early Stoneware Steins from the Les Paul Collection - A Survey of All German Stoneware Centers from 1500 to 1850, München 2005) haben ergeben, dass Annaberg vom 16. bis 19. Jahrhundert eine maßgebliche Rolle in der Produktion hochqualitativer Steinzeugwaren spielte. Bereits wenige Jahrzehnte nach der 1496 erfolgten Stadtgründung wurde 1533 eine Töpferinnung in St. Annaberg gegründet und die Innungsartikel durch den Stadtrat bestätigt. Zur Hochzeit der Annaberger Töpferei waren mehr als 50 Meister in der Stadt tätig.Annaberg Keramik 1
Ein Problem für die Produktion waren von Anbeginn die relativ geringen Tonvorkommen, die zwar qualitativ hochwertiges Rohmaterial lieferten, jedoch nicht sehr ergiebig waren. Der Ton wurde dabei unterhalb der Basaltsäulen des Pöhlberges in ca. 800 Metern Höhe sowie rund um Wiesa gewonnen. An kaum einem anderen Ort Deutschlands baute man Vorkommen in dieser Höhenlage ab. Die Gewinnung der Tonerde gestaltete sich relativ schwierig. Die Flöze besaßen nur eine geringe Mächtigkeit und eine sehr schmale Formen. Aufgrund dessen galt es, aus dem wenigen Material einen möglichst hohen Erlös zu erzielen. In der Folge kam es in Annaberg zu keiner Massenproduktion, sondern es entstanden wenige, aber künstlerisch hochwertige Erzeugnisse.

Meist wurden Kannen, Krüge und Becher hergestellt, die anfangs meist niedrig und zylindrisch, später kugel- und eiförmig gestaltet waren. Daneben stellte man sogenannte Schraubkruken (Krüge mit Schraubverschluß) her und produzierte auch kleinere Mengen an Butterformen. Aufgrund ihrer kunstvollen Gestaltung wurden die Stücke von ihren Besitzern hoch geschätzt, so dass auch heute noch eine Anzahl dieser historischen Sachzeugnisse erhalten ist und in Museen in ganz Deutschland und im Ausland gezeigt werden, bei Keramik-Sammlern weltweit begehrt sind und auf Auktionen Höchstsummen erzielen.Annaberger Humpen

So findet sich im Kunstgewerbemuseum Dresden-Pillnitz ein mit Blumen und Ranken reich verzierter Annaberger Krug, der um das Jahr 1569 entstand. Im Kestner-Museum in Hannover steht ebenfalls Annaberger Steinzeug. Im Auktionshaus Bergmann in Erlangen wird ein Annaberger Walzenkrug von 1701 (von Johann Jahn) für 3.500 Euro angeboten.
Das Germanische Museum Nürnberg besitzt ein weiteres Stück und das Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz kann mit einem Prunkfass aus dem Jahre 1687 aufwarten, das der in Annaberg ansässige Künstler Christoph Niesl schuf. Buntglasierte Reliefs und Ornamente in Form von Blumen, Blättern und Ranken zieren dieses kostbare Stück. Annaberger Doppelhenkeltopf
Eine regionaltypische Besonderheit bildet der Posamentenkrug aus dem 18. Jahrhundert. Hier zeigt sich in der ornamentalen Gestaltung die Verbindung zu einem bedeutsamen Annaberger Industriezweig, die der Posamentierer: Vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart prägte dieses traditionsreiche Handwerk ebenfalls die Stadtgeschichte. Am Ausgang des 19. Jahrhunderts war die Posamentenproduktion weltweit derart bedeutsam, dass von 1879 bis 1908 ein USA-Konsulat seinen Sitz in Annaberg auf der Buchholzer Straße unterhielt (heute Soziokulturelles Zentrum und Szenetreff “Neues Konsulat”). Es koordinierte den Export entsprechender Erzeugnisse.
Die blaugraue Keramik dieses Posamentierkrugs zeigt in überaus feingeschnittener Weise Quasten, Borten und Schnüre in den Annaberger Stadtfarben blau und gelb.

In seinem Standardwerk "Steinzeug vom 15. bis 19. Jahrhundert - von Bürgel bis Muskau" vermerkt Joseph Horschik zum Annaberger Steinzeug: „Das knappe und mühsam gewonnene Rohmaterial zwang zu sparsamer Verwendung, so entstand die Kunsttöpferei. Unter den Annaberger Töpferwerk findet man weder schmucklose, große Vorrats­gefäße noch einfaches Gebrauchsgut. Die Meister formten kleine und mittelgroße Stücke, deren reicher und sorgfältig ausgeführter Dekor höhere Preise rechtfertigte..."
Neben den Gefäßen weisen meisterhaft gestaltete Öfen auf die Kunstfertigkeit der Annaberger Töpfer hin. Das Erzgebirgsmuseum Annaberg- Buchholz besitzt Reste des ältesten Ofens, der 1604 in der Annaberger Superintendentur aufgestellt wurde. Seine großen schwarz­braunen Kacheln sind mit mächtigen Fächermuscheln und ovalem Blattkranz verziert, die Ecken mit Engelsköpfchen geschmückt. Gewundene Ecksäulen und früchtegeschmückte Simse zeugen von der hohen Kunstfertigkeit der Annaberger Meister. Ein komplett erhaltener, blau und weiß glasierter Ofen findet sich im Handwerksraum des Hauses. Und im Herrenhaus des Frohnauer Hammers kann noch heute ein reich mit Reliefs verzierter Ofen aus dem Jahre 1720 in Augenschein genommen werden, vor dem man am Stammtische auf der Ofenbank Platz nehmen kann.
Annaberger Schraubkruke Kestner-Museum Hannover
Ab 1660 mussten die Annaberger Töpfer mit den Fayencen-Manufakturen konkurrieren, was zu einer gewissen Vereinfachung der Gefäße führte. Zu­nächst verschwanden Palmblatt-Verzierungen, später wurde das Schmuckrelief auf der Ansichtsseite nicht mehr umrahmt und nur wenig farblich verziert. Schließlich zeigten die Erzeugnisse nur noch ein Schuppenmuster, bis lediglich noch eine Rille als Verzierung übrig blieb. Um das Jahr 1836 gab es nach den "Chronologischen Nachrichten der Stadt Annaberg" noch drei Töpfer in der Stadt. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kam die Töpferei in Annaberg, nicht zuletzt im Zuge des Anschlusses der Region an das Schienennetz und den Einkauf billigerer Massenware, zum Erliegen. Heute wird Keramik auf erzgebirgischen Töpferhöfen und -werkstätten hergestellt und in Kunstwarengeschäften oder auf Töpfermärkten – auch als Gebrauchskeramik - angeboten.
Es würde sich lohnen, einmal eine umfassende Schau des alten Annaberger Töpferhandwerkes zu organisieren, um vielleicht auch dadurch Anregungen für die Gestaltung neuer Töpferwaren zu vermitteln und somit an eine uralte Tradition dieser Töpferstadt Annaberg anzuknüpfen.

Red./F.

Programm des 5. Europäischen Töpferfestes
in Annaberg-Buchholz vom 2.8. bis 4.8.2013

Die Sonder-Ausstellung “Bürgel-Keramik des 20. Jahrhunderts”
ist vom 2. August bis 3. November 2013 im Erzgebirgsmuseum zu sehen.

 

Alte obererzgebirgische Töpferarbeit

Von L. Bartsch in Flöha.

Aus: Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 14/3.4.1927

Beim Ausschachten der von Buchholz aus nach Schlettau zu gelegenen Sandgrube wurden vor Jahren Erzeugnisse des Töpfergewerbes zu Tage gefördert, wie unsere Abbildungen zeigen. Nach dem Urteil des Herrn Dr. Georg Bierbaum, Leiters der Landesstelle für Vorgeschichte zu Dresden, handelt es sich bei dem Funde um sogen. Wölbtöpfe bez. sogen. Schüsselkacheln, wie sie aus den 14. Jahrhundert bekannt geworden sind. Unsere Abbildungen zeigen mithin keine Gefäße, wie vom Laien wohl angenommen werden könnte, sondern Ofenkacheln von hohem Alter. Nach Mitteilung des Herrn Leiters der Landesstelle für Vorgeschichte in Dresden wurden derartige Ofenkacheln so eingemauert, daß die Flammen in den Hohlraum hineinschlagen konnten. Der Name Wölbtopf wird von Dr. Bierbaum darauf zurückgeführt, daß man mit solchen Kacheln Gewölbe baute, wie sie, auf dem Lande wenigstens, - von anderem Material natürlich ausgeführt, - bei Backöfen und dergl. noch heute vorkommen. Stammen die ausgegrabenen Wölbtöpfe (Foto) aus der Zeit vor 1500, so dürfen wir wohl mit Bestimmtheit in ihnen Schlettauer Töpferarbeit erblicken.toepferware

Nach 1500 blühte die Herstellung von Töpferwaren, von Ofenkacheln und tönernen Ofentafeln, von "Treib- oder Testscherben", das sind Schalen, deren man sich beim Schmelzen des Silbers in den Schmelzhütten zu Annaberg und Buchholz bediente, auch in Annaberg. Für das Kurfürstenhaus in Buchholz, das 1524 abbrannte, und mit dessen Errichtung im Sommer 1507 begonnen wurde, bezog man von "Claues Topper vf St. Annaperg" nach Ausweis der erhaltenen Buchholzer Zehntrechnung 1509, Lucie-1510, Reminiscere zu einem Ofen 4 ½ Schock "verglaste" Kacheln und 33 Stück "Tafeln, auch verglast". Der Preis hierfür, wie für 14 Tonrohre zur Esse und für das Setzen des Ofens betrug 1 Schock 26 ½ Groschen, wobei ein Schock glasierte Kacheln mit 9 Grosch. und eine glasierte Tafel mit 6 Pfg. (½ Grosch.) berechnet wurde. "Testscherben", die Ausgaben für solche bilden einen ständigen Posten unter den Ausgaben für die "Brunkammer" in Buchholz, entnahm man 1510 beispielsweise von "Jorg, topffer" - 2 Schock kosteten xix (19 Groschen), 1520 desgl. von Mathes, topffer, ein Schock für 15 Groschen.

Unter Schlettauer Töpfern lernen wir im 16. Jahrh. "Meyster Wolf, Töpfer" kennen. 1544 lieferte er für den Buchholzer Münzhof Kacheln und verrichtete hier Töpferarbeit. Wolf erfreute sich besten Ansehens auch in der Schlettauer Bürgerschaft. 1540 wurde durch Spalatin, dem Gehilfen Luthers beim äußeren Aufbau der lutherischen Kirche, eine Feststellung darüber vorgenommen, wo evangelischen Geistlichen bez. ev. Gemeinden von katholisch verbliebenen Herren oder deren Untertanen Gebührnisse an Zinsen, Renten, Gülten, an Dezem u. a. vorenthalten worden seien, die zu katholischer Zeit gereicht worden waren. Auch im Amte Grünhain hatten in den Kirchengemeinden darüber Erhebungen zu erfolgen, und zwar geschah dies durch den Amtmann George Trutzschler, der zu diesem Zwecke Pfarrer, Altaristen, Verwalter der gemeinen Kasten*), dazu Ortsrichter, Geschworene und Kirchväter vor sich beschied. Aus Schlettau erscheinen bei dieser Gelegenheit außer dem Pfarrer "Ern Thomas Fleck" die "Verwalter der Kirche und Stiftungen", und zwar neben Steffen Schuster, Christoph Florer, Adam Schlepper als solcher auch Wolf Thopffer. - Einen Ausgabeposten in Höhe von 1 Schock 16 Groschen für "Kachelen" aus der "Sleytte" enthält übrigens auch schon die durch den Bergvogt Fabian Leb aufgestellte Buchholzer Zehntrechnung von Luc. 1507 bis Remin. 1508