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Osterbräuche im alten Erzgebirge

Von der schmackhaften Neinkreiter-Supp und dem Osterzopp, dem harmlosen „Osterficken“ sowie dem schweigsamen OsterwasserholenOstern 2 (Andere)

So reich an Bräuchen und Verhaltensregeln, wie sie zur Weihnachtszeit für das Erzgebirge überliefert oder auch noch im Gebrauch sind, ist unsere Gegend in der Osterzeit nicht. Das Eierverstecken und -suchen, das Osterwasserholen oder die Mär vom Osterhasen, der die Eier bringt, haben wir mit anderen deutschen Landen ziemlich gemeinsam. Auch bei den wenigen erhaltenen typischen Erzgebirgs-Bräuchen ist die Herkunft meist nicht ausschließlich bei uns hier oben nachzuweisen, wie übrigens bei zahlreichen Bräuchen in der Weihnachtszeit ebenfalls. Und dennoch haben sich im Laufe der Jahrhunderte einige Rituale, Bräuche und Verhaltensmuster – meist auf dem Lande – erhalten und werden dort auch heute noch praktiziert:

Der Gründonnerstag, an dem eigentlich die grünen Zweige zu sehen sein sollten, ist der Tag, an dem viel Grünes auf den Tisch kommt: Grünes Gemüse, Zweige mit erstem Grün (in der Stube gezogen) und die Neinkreiter-Supp, die aus neun Kräutern besteht. Ursprünglich hieß sie “Griendonnerschtag-Supp”. Da aber am Gründonnerstag im Erzgebirge die grünen Kräuter meist noch mit Schnee bedeckt sind, hat man sie später zubereitet und dann zur Neunkräutersuppe umgetauft. Heutzutage kann man aber im Supermarkt auch am Gründonnerstag die entsprechenden Kräuter für diese wohlschmeckende und gesunde Suppe erhalten. Ihre Zusammensetzung ist von Dorf zu Dorf unterschiedlich und hängt auch vom jeweiligen Vorrat an Kräutern ab (frisch, getrocknet oder aus der Kühltruhe – die Grundsubstanz ist eine kräftige Brühe aus einem Suppenhahn). Aber neune sollten es unbedingt sein, sonst geschieht ein Unglück in der Familie.
Entweder zum Frühstück ißt man gekochte Eier, oder aber dann zum Mittagessen, das ebenfalls aus Eiern, Kartoffelsalat und Rapunzeln (Feldsalat) besteht. In manchen Gegenden werden auch schon am Gründonnerstag die Eier versteckt. Ein rotes sollte immer dabei sein, da die Farbe rot die Fruchtbarkeit symbolisiert, genau so wie der Hase, der sie bringt. Der Liebsten wird am Ostermorgen ein rot gefärbtes Ei überreicht, während sie ihn mit Osterwasser bespritzt (ein Brauch, der auch in slavischen Gegenden und in Ungarn üblich ist und um 1930 noch in Breitenrunn und Geyer nachweisbar war)..
Ostern 4 (Andere)
Rute, rute Eier raus
oder ich peitsch de Maadle aus,
wenn se kaane Maadle haben,
peitsch mer Ihne salberscht aus!

Das Backen eines Osterzopps gehört auch heute noch in einigen Familien zum Ritual: Ein Hefeteig wird aus 500g Mehl, 100g guter Butter, 40g Zucker, 5 Eßlöffel Zuckerrübensirup, einer Tasse warmer Milch, ein Ei, 40g Hefe, Priese Salz und etwas Nelkenpulver (Rosinen können sein, müssen aber nicht) hergestellt. Gehen lassen, dann drei gleich starke Rollen formen, die zu einem Zopf geflochten werden. Das Gebildebrot auf einem mit Butterbrotpapier ausgelegtem Backblech geben, weiter 15 Minuten gehen lassen und dann bei 180°C für etwa eine halbe Stunde in den Ofen. Der Osterzopf wird dann mit guter Butter oder Marmelade gegessen – und vielerorts auch eigediddscht.
In manchen Gegenden werden auch Osterbrötchen oder Osterbrot mit Anis und Fenchel gebacken.

Ein echt erzgebirgisches Oster-Menü ist hier zu finden (Sende-Nummer 71).

Osterwasser holen findet noch recht häufig im ländlichen Erzgebirge statt: Junge Mädchen (wenn noch möglich Jungfrauen) schöpfen am Ostermorgen aus einem nahen Brunnen oder einer Quelle frisches Wasser, dass sie schweigend ins Haus tragen muss. Die zweite Kanne, die sie danach schöpft, ist für das Vieh im Stall bestimmt. Diesem „heiligen“ Wasser werden überirdische Kräfte nachgesagt. Jener heidnische Brauch ist von der katholischen Kirche übernommen worden und der findet sich in der Osterwasser-Weihe, wie auch in der Feuerweihe in der Osternacht wieder.Ostern 5 (Andere)

Vom Auspfeffern wird in alten Büchern berichtet.
Ein Fruchtbarkeitsbrauch, der sich seit dem 15. bis in das 19. Jahrhundert im Erzgebirge erhalten haben soll. Man spricht auch vom „Osterficken“, wobei es sich bei der „Ficke“ um eine alte Vokabel für die Peitsche handelt, mit der die jungen Burschen ihre Mädchen am Ostermorgen (mit zarten Schlägen) aus dem Bett peitschten („fickten“). Sie schlichen sich dazu in ihr Schlafgemach, zogen die Bettdecke am unteren Ende hoch und schlugen – meist mit Wachholderzweigen – auf die nackten Fußsolen. Enttäuscht waren die Mädchen, bei denen sich kein „Schläger“ einstellte. Im Anschluss war es Sitte, dass die Burschen ihre Mädchen mit Kaffee und Osterkuchen verwöhnten.
Am zweiten Feiertag rächten sich dann die Mädchen und wiederholten das „Auspfeffern“ (wie es im 19. Jhd. genannte wurde) an ihren Burschen.
Dabei bedeutet das Schlagen mit der Rute eigentlich auch das Schlagen mit der Lebensrute, wie im alten Rom dieser Brauch schon gepflegt wurde und dort lumpercis oder die Lumpercialien hieß. Man nahm an, dass sich die der Rute inne wohnenden Naturkräfte auf den Menschen, aber auch auf die geschlagenen Tiere übertragen würden.

Beim Auspfeffern wurde folgendes Lied gesungen, das vermutlich auch in Mundart erklang:

Ich pfeffer einen schönen Herrn,
Ich weiß, er hat das Pfeffern gern,
Ich pfeffer ihn aus Herzensgrund,
Gott erhalt den schönen Herrn gesund.

Aus dem „Osterficken“ ist auch der Brauch des „Frühjahrsficken“ hervorgegangen, der bis Pfingsten gepflegt wurde und sich auch auf die weiblichen Tiere erstreckte. Das Berühren oder Schlagen mit der Rute sollte die Fruchtbarkeit fördern. Man glaubte auch, dass damit der Milchertrag erhöht werden könne (in Sehma und Geyer bis etwa 1935 nachweisbar).
Von diesem Brauch führt dann auch ein direkter Weg zum Pfingstmaien, zur Pfingstbirke oder zum Maibaum. Aber das ist dann schon wieder eine etwas andere Geschichte...

 

g.b.s.