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Januar 2022



Annaberg 2021: Ein kleiner Jahresrückblick

Was passierte in Annaberg-Buchholz 2021 außerhalb von Absagen, Corona-Chaos und Dauermeckerei?

2021 hammer titel (Andere)
Der Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz, Rolf Schmidt, war stolz und mit ihm die meisten im Stadtrat, dass 2021 das CAMPUS-Projekt mit der TU Chemnitz zwischen Bahnhof Süd und Unterer Bahnhof endlich in die Bauphase tritt und auch für die Bürger der Stadt sichtbare Form annimmt, wie Renovierung und Sanierung des Gebäudes des Unteren Bahnhofs. Seit Jahrzehnten ein Schandfleck für Stadt und Bürger. Denn schließlich ist es ein erster Eindruck für Besucher, die umweltfreundlich mit der Bahn anreisen. Kein Busverkehr und kaum mal ein Taxi vor Ort, obwohl der Aufstieg in die Stadt ein steiler Kraftakt ist.

Der Hammer steht noch...

Es handelt sich beim Projekt CAMPUS um Versuchsstrecken zur Erprobung führerlosen Fahrens von Schienenfahrzeugen sammt der komplizierten Steuerungs- und Wartungstechnik mit Studenten und Lehrkräften. Im Bahnhofsgebäude sollen zudem Gewerbeflächen entstehen. Vielleicht wäre Platz für ein kleines Café, das Wartenden ein warmes Eckchen böte. (Der alte Bahnhof hatte zu DDR-Zeiten übrigens eine richtige Gaststätte mit guter Hausmannskost, wo unser Klaanes Getu oft einkehrte.)

Dann wars schon aus mit guten Nachrichten: Die nächste haute das Stadtoberhaupt und den Rat förmlich um. Empörung! Die Staatsregierung in Dresden strich die Hälfte des künftigen ERZ-Finanzamtes mit einem Budget von ca. 20 Mio Euro und schlussendlich ungefähr 400 Mitarbeitern, die unserer schrumpfenden Kleinstadt (z.Zt. 20.000 Einwohner) Auftrieb bescheren sollte. Archäologische Grabungen an der Klosterruine waren abgeschlossen, doch es blieb nur die Fertigstellung der alten Königlichen Post als Finanzamt für den Mittelstand und das bisherige Domizil Magazingasse.

Von der Sanierung der ehemaligen EOS als Ausbildungstätte für Pflegekräfte hört man auch nichts mehr und das alte Jugendstil-Stadtbad dämmert ungenutzt im Winterschlaf. Nach Corona ein Traumobjekt als Saunalandschaft in der Innenstadt. „Nur“ Investoren fehlen.

Annaberg war 2021 vermutlich eine der innerstädtischen Baustellen-Weltmeister, obwohl wenige Jahre vorher schon mal alles aufgegraben war im Zentrum. Immerhin haben wir nun eine schön gestaltete Fußgängerzone in der Buchholzer Straße, wo auch Gehbehinderte keine Angst mehr haben müssen in Pflasterlöcher zu stürzen und fein gemachte Damen mit Stöckelschuhen ins Theater klappern dürfen ohne umzuknicken.

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Theaterfest Annaberg-Buchholz 2021

Denn der erste Eindruck von unserer Altstadt, die Welterbe ist, soll überzeugend sein. Ob Besucher (mit-oder ohne Stöckelschuhen) aber das Theater finden, wenn es endlich nach dem 14. Januar 2022 wieder öffnen darf, ist fraglich. Die Glasschauaufsteller auch für den Theaterspielplan und Fotos von Annaberg stehen auf dem Markt - in Marienberg. Annaberg leistet sich einen Miniholzkasten neben der Löwenapotheke, den man erst finden muss. Für die kleinen Wegweiser am Markt sollte man die Lesebrille dabei haben. Gleichfalls fehlen Werbeflächen im Zentrum für die Welterbestätten Montanregion Erzgebirge. Die Ruhephasen für die Kulturmitarbeiter der Stadt in den Coronazeiten waren wohl wirklich solche.

Mag das Theater wieder regelmäßig spielen. Es ist auch unter der neuen Leitung des Intendanten Moritz Gogg und dem neuen Oberspielleiter der Erzgebirgsphilharmonie Jens Georg Bachmann unser Schmuckkastl, unsere „Spieluhr“ und Kreativzentrum. Die Künstler haben geprobt und viele Projekte bis zur Generalprobe getrieben, danach war Schluss mit lustig. Abgesehen von der erfolgreichen
Saison auf den Greifensteinen. Die Krone aller Zwangspausen brachte Ruhe, die für die Stimmen der Sänger, die der Schauspieler und der Perfektion der Musiker mehr als kontraproduktiv war. Von deren Berufsplanung oder Stimmung gar nicht zu reden. Freuen wir uns nun auf die verspätete Musiktheater-Premiere von Humperdinks „Hänsel und Gretel“ am 14.1., 19.30 Uhr und Orson Wells „Mobby Dick“ vom Schaupielensemble am 15. Januar. (service@erzgebirgische.theater; Tel.: 03733-1407-131)

Und vergesst nicht, die Theatertreppe zu sanieren. Sie ist eine Leistung engagierten Bürgertums im 19. Jahrhundert.

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2021 verstarb der Annaberger Holzbildhauer Dietmar Lang (2.v.r.)

Der Erzhammer, genannt „Haus des Gastes“, ist bei Klöppel- und Schnitzertagen, vielleicht noch zur großen Volkskunstschau im Januar das Kulturzentrum. Man ruht sich dort mit der Dauerschau „Manufaktur der Träume“ aus, deren Reize längst vom Depot in Gelenau überstrahlt wird. Wie diese Sammlung ist sie auch der Wella-Erbin, Erika Pohl-Ströher zu danken. Immerhin war im Sonderausstellungsraum der Manufaktur 2021 die Puppensammlung der Königin Juliana der Niederlande zu bewundern. Zuvor war der russische Holzbildhauer Leonty Usov mit seiner exzellenten Technik und seinen phantasiereichen Plastiken zu Gast. Dank Dietmar Lang, dem verdienstvollen und weitgereisten Holzbildhauer aus Frohnau, kam dieser Kontakt zustande. Ehre seinem Andenken: Er verstarb im Oktober 2021 plötzlich mit 73 Jahren. In der Kommunikation der bildenden Künstler wird er besonders fehlen.

Aus diesem Grunde ist es dringend notwendig, im Zentrum der Stadt mehr für diese Gruppe freier Kunstschaffender zu tun. Der Kunstkeller e.V. in der Wilischstraße unter Leitung von Jörg Seifert hat sich zwar mit zwei bis drei Ausstellungen pro Jahr zeitgenössischen Schaffens von Künstlern aus Annaberg-Buchholz und dem Erzgebirge gewidmet. Die Resonanz war vielleicht wegen der Lage und Öffnungsmodalitäten zu gering. Es gilt, dass die Kunst den Menschen nahe gebracht werden muss; das gilt auch räumlich. Das Musikzimmer im Erzhammer wurde als Corona-Testzentrum genutzt, so finden seit zwei Jahren keine Kunstausstellungen mehr dort und im Zentrum statt.

Auch der Kontakt von den Kulturbeauftragten der Stadt zu den bildenden Künstlern ist eher zufällig. So tun sich „Künstler“ bis ins Rathaus hervor, deren Kompetenz nicht bewiesen ist. Andere haben Lebenswerke im Keller, die es zu heben gilt. Das aber setzt Interesse, ja Liebe zur Kunst bei den Köpfen der Stadt voraus.

Das Erzgebirgsmusem muss und darf gelobt werden. Mit gut gemachten temporären Ausstellungen von z.B. moderner Keramik zum Internationalen Töpfermarkt, Spitzen aus Böhmen zu den Klöppeltagen, Wiederentdeckungen von alten und jungen Künstlern zu Stadtansichten. Mit den kompetenten Führungen durch das im Hof des Hauses befindliche Bergwerk ist das Museum lebendig und mit seinen wertvollen Dauerausstellungen gegenüber der großen spätgotischen St. Annenkirche Teil des Welterbes. Verdienstvoll und unermüdlich war dabei Wolfgang Blaschke als Leiter der Städtischen Museen, der inzwischen als Leiter des Stadtarchivs weiter wirkt.

Die Annenkirche ist als stets „offene Kirche“ Andachtsort, Museum und einmaliges Wunderwerk der Kunst. Scheuen Sie als Besucher nicht die wenigen Euro Eintrittsgeld. Allein der Bergaltar mit seinem Rückenbild von Hans Hesse ist so überzeugend wahrhaftig, dass „die gemalten Schindeln förmlich nach Holz riechen“. Bei einer Führung erfahren sie Stadtgeschichte pur. Gleichzeitig ist die Kirche ein Musikzentrum der Stadt. Auch wenn die Kantorei z.Zt. noch stumm bleibt, spielt  Kantor Matthias Süß im Gottesdienst und samstags, 17 Uhr, auf der herrlichen Walker-Orgel.

2021 hammer linde (Andere)2021 fand nach 2020 wieder keine KÄT statt. Das Volksfest wäre 2020 500 Jahre alt geworden und ist eines der Hauptfeste des Jahres, die der ganzen Familie 14 Tage nach Pfingsten Spaß und Lebensfreude beschert. Ebenso fiel zweimal der berühmte Annaberger Weihnachtsmarkt aus, der unter dem Titel „Die ganze Stadt ein Weihnachtsberg“ in ganz Deutschland bekannt ist.

Kreative Umgestaltung der gefällten Hammerlinde.

Zum vierten Advent findet normalerweise die größte Bergparade der Bergbrüderschaften mit mehr als 1200 Beteiligten und mindestens 6 Bergkapellen statt. Auch das war nicht und das trifft richtig ins Herz. Soll erwähnt werden, dass 2020 ein einzelner Jörg Heinecke mit seinem Habit angetan und seinem Akkordeon allein durch die Stadt flanierte. Als aufrechtes Fanal. 2021 waren es eine lange Reihe von Bergmusikanten, die an das erinnert, was sonst zur Pracht und Selbstverständlichkeit unseres Brauchtums gehört. Ebenfalls fand ein kleiner Weihnachts-Autokorso durch die Stadt Gefallen, weihnachtlich geputzte Gefährte!

Am Frohnauer Hammer, dem alten Eisenhammer, wo auch die silbernen Schreckenberger geprägt wurden, fiel 2019 die über dreihundert Jahre alte Hammerlinde, deren morsche Äste die Durchfahrtsstraße im Tal gefährdete. Daraus werden nun kleine Leuchter, Bildwerke geschnitzt und auch Triebe gezüchtet, die in der Zukunft eine Neupflanzung ermöglichen. Früher war diese Linde eine Musik- und Tanzlinde zu den alle fünf Jahre stattfindende Hammer-Festen. Inzwischen gibt es ein Holzbildwerk vor dem Hammerwerk, was Geschichte zeigt und von Frohnauer Künstlern wie Ronny Tschierske gestaltet wurde. Zur Geschichte gehörte hier der erste Silberfund im 14. Jahrhundert, die Einführung der Reformation nach dem Tode Herzog Georgs 1539, die Eigengeschichte des Hammerwerks.

Ausfallen musste auch fabulix, das alle zwei Jahre stattfindende Internationale Märchenfilmfestival mit vielen Ehrengästen, Filmvorführungen und -premieren. Schade für die Kinder.

Und was leider nicht ausfällt, sind die
unangemeldeten Montagstreffs und Spaziergänge von Impf-, Staats- und Demokratiegegnern auf dem Markt. In einer Disco wurde ein Polizist krankenhausreif geschlagen und in einem Galerie-Restaurant am Markt trötete der Besitzer seine Regelverweigerungen frech in die MDR-Kamera. Landrats- und Ordnungskräfte blieben defensiv.
Diese Leute töten das positive Image von Stadt, Landschaft und Bundesland und machen mit Gekreische kaputt, was Enthusiasten für die Region jahrzehntelang aufgebaut haben. Welch ein Schaden! Meist sind das Leute, die nach der Wende ökonomisch und mental abgehängt wurden und sich selbst nicht zu helfen wussten. Sie verweigern sich demokratischem Mittun, denn das ist aufreibend, ist anstrengend.

Das sind solche, die auch Theater und Konzerte nicht vermissen, denn dort hörten sie von Toleranz à la Nathan dem Weisen oder die Aufführungen des Evangelischen Gymnasiums über das Frauenorchester in Auschwitz und das Lachen über unsere Schwächen. Die das am meisten brauchen sind nicht anwesend. Umso mehr genießen die Demokraten die Übereinstimmung und gegenseitige Versicherung ihrer mehrheitlichen Existenz.

Ein gesundes neues Jahr 2022!

Man sacht, was jeder wissen kaa:
Das Neigaar fing am Afang aa.
Un giet nu weiter Tach fer Tach.
Dr Winter versetzt uns manch´n Schlach.

De Tschechn lassen Schneeschuh fahrn.
Doch hier kommt kaaner damit klar,
weil Beamte machen Regeln,
die gehn fei lieber in Starnberg segeln.

Dos Virus steigt noch immer huch,
und zu viel Leit wolln mit ´m Fluch
mitreden oder endlich  schimpfen.
De Gusch soll´n se haltn un lieber sich impf´n.

Denn, „weil mer Erzgebirger sei“,
is uns dr Nachbar net anerlei.
Ner z´amme sin mer frei.
A, wenn sette noch lauter schrei,

die sonst nischt zu sang ham.
Frieher standen se stramm.
Un itze ham se de Freiheit gepachtet,
dos giet aber ner, wenn man de anneren achtet!

Nu mährt ner net rum,
hackt Holz, damit´s im Ufen summ.
Sucht eich was ze tue fern Kopp
un was Guts fern Topp.

Dann werd´ de Walt widder grad,
annersrum wärs´s fei schad.
Das macht unnern Gebersch e schlacht´n Namen.
Amen.

Text und Fotos: Eveline Figura